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García Lorcas Prosaschriften als Schlüsseltexte zu seinem lyrischen und dramatischen Werk.Weltbekannt ist Federico García Lorca durch seine Theaterstücke und seine Lyrik geworden. Aber Prosa? Auch wenn es sich nur bei einem kleinen Teil um genuin literarische Texte handelt, sind Lorcas Vorträge, Ansprachen und Interviews oft durch einen ausgesprochen poetischen Charakter der Sprache gekennzeichnet. Diese Texte eröffnen uns Zugänge zum Verständnis seines dramatischen und lyrischen Werkes.Wertvolle Informationen über sein Leben liefert darüber hinaus Lorcas Korrespondenz: In Briefen schrieb er…mehr

Produktbeschreibung
García Lorcas Prosaschriften als Schlüsseltexte zu seinem lyrischen und dramatischen Werk.Weltbekannt ist Federico García Lorca durch seine Theaterstücke und seine Lyrik geworden. Aber Prosa? Auch wenn es sich nur bei einem kleinen Teil um genuin literarische Texte handelt, sind Lorcas Vorträge, Ansprachen und Interviews oft durch einen ausgesprochen poetischen Charakter der Sprache gekennzeichnet. Diese Texte eröffnen uns Zugänge zum Verständnis seines dramatischen und lyrischen Werkes.Wertvolle Informationen über sein Leben liefert darüber hinaus Lorcas Korrespondenz: In Briefen schrieb er gern über seine Projekte und erbat Beiträge für seine ehrgeizige, aber kurzlebige Literaturzeitschrift »Gallo«. Seinen Freunden schickte er Manuskripte - oft in Versionen, die von den publizierten Fassungen abweichen -, und erwähnte auch zahlreiche nie veröffentlichte, vielleicht verschollene oder gar nie geschriebene Texte.In diesem Sinne steht die in diesem Band enthaltene Auswahl aus Lorcas Prosaschriften im Dienst seiner Lyrik und seines Theaters und rundet die Neuauflage von Lorcas Werken in Enrique Becks Übersetzung ab.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Federico García Lorca, geb. 1898 in Fuente Vaqueros (Granada), ist der bedeutendste spanische Lyriker und Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Er wurde kurz nach Ausbruch des Bürgerkrieges 1936 von Franco-Anhängern erschossen und hinterließ ein Werk von faszinierender Vielseitigkeit.

Marco Kunz, geb. 1964, studierte Iberoromanische und Französische Philologie an der Universität Basel. Von 2005 bis 2009 war er Professor für romanistische Literaturwissenschaft/Hispanistik in Bamberg, seit Herbst 2009 ist er Inhaber des Lehrstuhls für spanische Literatur an der Universität Lausanne. Veröffentlichungen v.a. zur spanischen und lateinamerikanischen Gegenwartsliteratur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ralph Hammerthaler ärgert sich ausgiebig über diesen dritten Band der Lorca-Ausgabe im Wallstein, die jeden Ehrgeiz vermissen lasse und einfach nur die den entsprechenden Band der Insel-Ausgabe von 1982 nachdrucke, wenn auch in ansprechender Aufmachung. Grundlage dieser Ausgabe sind die Übersetzungen von Lorcas altem Kampfgefährten Enrique Beck, die seit Jahren heftige Kritik auf sich zieht. Vorsorglich hat sich Hammerthaler also sein eigenen Urteil abgesichert: "Sie gelten als altbacken, schwülstig und schlummerliedhaft verkitscht, und zum Teil sind sie es auch." Sehr klar aber vermisst der rezesnent Anmerkungen, Erläuterungen und einen Verweis auf die vertrackte Editionsgeschichte und Rechtelage. Positives kann Hammerthaler dann aber über die Texte selbst sagen, die Vorträge (etwa über die Schwermut spanischer Wiegenlieder) oder die Briefe an Dali haben ihn völlig in den Bann gezogen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.12.2013

Django und der Duende
Der Wallstein Verlag legt in seiner Werkausgabe die Prosa von Federico García Lorca
in der umstrittenen Übersetzung von Enrique Beck vor
VON RALPH HAMMERTHALER
In der Huerta de San Vicente in Granada, wo Federico García Lorca mit der Familie gewohnt hat, befindet sich heute ein Museum. Dort vertreiben sie auch eine Kollektion seiner Werke, nach der Huerta benannt, kleine, schmale Bücher, die einem leicht den Kopf verdrehen, so schön sind sie, und so gut liegen sie in der Hand. Nr. 19 heißt „Conferencias“, also Vorträge. Das Foto auf dem Umschlag, nicht größer als eine Briefmarke, zeigt Lorca im Smoking, beim Reden vor einer festlichen Gesellschaft. Das Gesicht konzentriert, hat er die Arme ausgebreitet, wie einer, der sich an die Welt wendet, indem er sie gleichzeitig hereinlässt. Ein gutes Dutzend solche Vorträge hat Lorca gehalten, manche mehrmals, auch in Lateinamerika; ein paar davon fand er so gut, dass er damit auf Tour ging.
  Jahrelang hatte er Klavierunterricht, er sang, und er studierte die Musik der Zigeuner. Mit dem Komponisten Manuel de Falla war er befreundet. Viel nachgedacht hat er über das spanische Wiegenlied, über dessen Schwermut. „Nach einiger Zeit hatte ich den Eindruck, dass Spanien seine allertraurigsten Melodien und seine melancholischsten Texte dazu benutzt, den ersten Schlaf seiner Kinder dunkel zu halten.“ Gesungen wird zum Beispiel das Lied von der Ehebrecherin oder das Lied vom geheimnisvollen Mann vor der Tür. Finster, Baby, finster. Mit den Ammen und Hausmädchen, hat Lorca beobachtet, werden die Lieder in die bürgerlichen Häuser getragen. In diesen Liedern wiegt sich also das ganze Volk. Wörtlich übersetzt, heißt der Vortrag nüchtern „Spanische Wiegenlieder“, woraus Enrique Beck „Die Kinder-Schlummerlieder“ macht. Ehrlich gesagt, das hört sich zu putzig an.
   Lorcas „Prosa“ legt der Wallstein Verlag nun als dritten nachgedruckten Band der Insel-Werkausgabe von 1982 vor. Ein wenig mehr Ehrgeiz wäre schön gewesen. Denn damit haben wir wieder nur, wenn auch in ansprechender Aufmachung, die seit Langem umstrittenen Beck-Übersetzungen. Sie gelten als altbacken, schwülstig und schlummerliedhaft verkitscht, und zum Teil sind sie es auch. Außerdem ist, seit Beck seine Arbeit machte, vieles von Lorca aufgetaucht, das in der Auswahl natürlich fehlt. Im „Gedichte“-Band waren nur 203 von den rund 500 Titeln der spanischen Gesamtausgabe enthalten. In einem Gutachten schreibt der Romanist Harald Weinrich: „Wer Lorca bisher nur in der Beckschen Übersetzung kennengelernt hat, kennt diesen Autor noch nicht.“ Und Hans Magnus Enzensberger, Übersetzer von Lorcas Stück „Bernarda Albas Haus“, spottet, die Beck-Übersetzung habe Lorca zu „einer Art Zigeunerbaron in Granada“ gemacht.
  Von all den Querelen erfährt man nichts im Nachwort von Marco Kunz. Nichts davon, dass Suhrkamp in einem damals juristisch kühnen Schritt einige von Lorcas Stücken neu übersetzen ließ. Vielleicht darf man auch nichts davon erfahren, weil Kunz die neuen alten Bände „Stücke“ und „Prosa“ im Auftrag der Basler Heinrich Enrique Beck-Stiftung herausgibt. Trotz vieler nützlicher Hinweise – Diskurs wird anders buchstabiert.
  Enrique Becks Coup war, dass er, angeblich vermittelt durch Thomas Mann und Georg Kaiser, von Lorcas Familie die Rechte für alle deutschen Übersetzungen bekam. Diese Django-Aktion fügte sich gut in sein bisheriges Leben, denn der gebürtige Kölner schloss sich früh dem antifaschistischen Widerstand an, um später nach Spanien zu emigrieren. Als Trotzkist verdächtigt, wurde er während des Bürgerkriegs ins Gefängnis gesteckt; dort fand er Zeit, Lorca zu lesen. Und er wurde ein manischer Leser, so wie er später ein manischer Übersetzer wurde, dieselben Texte immer wieder von vorn übersetzend, Lorcas Romanzen siebzehnmal. Das Manische hätte Lorca nicht so gefallen: „Man muss die Vision der Idee ruhen lassen, damit sie sich klärt. Ich glaube nicht, dass ein großer Künstler im fiebrigen Zustand arbeitet.“
  Erst hatte Beck Mühe, einen Verlag zu finden. Lorca – wer? Und hatte er endlich einen für die Romanzen, so wurde der von der Polizei dichtgemacht, weil als Passfälscher-Zentrale der KP enttarnt. Nach dem Krieg dauerte es nicht lange, bis Lorca in Deutschland, in Österreich und der Schweiz berühmt wurde. Von da an war Beck ein gemachter Mann. Er starb 1974, seine Rechte gingen auf die Stiftung über. Dann aber fing der Streit um seine Lorca-Übersetzungen erst richtig an. „Der Dichter und sein Henker?“ fragt der Schweizer Hispanist Ernst Rudin in seiner Habilitationsschrift. Aber das Urteil fällt dann doch gelassener aus, als es der reißerische Titel vermuten lässt. Für seine Zeit habe Beck nicht das Schlechteste geleistet. So sehr man sich eine Neuübersetzung auch wünschen mag, so wenig kommt man um eine Binsenweisheit herum: Den wahren Lorca wird es im Deutschen nie geben.
  Während Wallstein die Unzulänglichkeiten in der Übersetzung bei den ersten beiden Bänden noch auszubügeln sucht, „Die Gedichte“ mit Fußnoten, „Stücke“ in einer „Neufassung“, lässt der Verlag beim dritten Band alle Zweifel fahren und begnügt sich mit Enrique Beck pur. Dabei sind hier nicht nur ein paar der wichtigsten Vorträge und Essays versammelt, etwa Lorcas „Theorie und Spiel des Dämons“, sondern auch Prosagedichte; noch dazu Gedichte, die lang und breit zitiert werden. Außerdem wird Lorcas Plaudern, egal ob in Briefen oder Interviews, anscheinend unterschätzt. Denn dieses Plaudern stellte er lässig über jeden Vortrag, bei dem die Leute eh nur einnicken.
  Gerade den Briefen hätten ein paar Anmerkungen gutgetan. Es sind nur Lorcas Briefe, überwiegend an Dichter; die Antworten fehlen, also keine Korrespondenz. Wenn er ein Foto beilegt, kann man das Foto nicht anschauen. Wenn er eine Zeichnung beilegt, steht da nur „Zeichnung“. Doch obwohl dieser Band viel besser gemacht sein könnte, verliert man sich schnell in Lorcas Welt, in seiner Lust auf Austausch, mit ausgebreiteten Armen. Schreib mir!, fordert er, oder verhalten drohend: Dass du mir ja schreibst! Ana María Dalí, die Schwester von Salvador, wird wortreich umgarnt, aber im Stillen ist auch der Bruder gemeint: „Grüß Deinen Bruder, das Dummchen (Du weißt ja?).“ Salvador Dalí ist eine von Lorcas unerfüllten Lieben, das heißt, höchstens zweimal erfüllt, wenn man einem Dalí-Interview glauben darf, in dem er, indiskret und verschämt zugleich, ja eben auch: plaudert.
  In den Interviews mit auffallend devoten Journalisten, die alle von Lorcas Lachen schwärmen, von seiner „einnehmenden, unübertrefflichen, andalusischen Herzlichkeit“, geht es mehr und mehr ums Theater, auch um Lorcas Studententheater in Madrid, „La Barraca“. Erstaunt erblickt ein Journalist den Dichter in Klamotten eines Proletariers: „Er sieht aus wie ein Mechaniker, ein Chauffeur, ein Arbeiter aus der Werkstatt in seinem dunkelblauen Anzug aus einfachem Stoff.“ Lorca wollte anspruchsvolles Theater fürs Volk, er war eine Art Volkskommunist, neben allem anderen. Enrique Beck hielt ihn für einen Anarchisten. Das ist bestimmt am wenigsten verkehrt. Aber wenn Anarchist, dann einer mit allen bürgerlichen Vorzügen.
  Von vielen belächelt, weil dem romantischen Geniebegriff verhaftet, ist „Theorie und Spiel des Dämons“ der stärkste Text in diesem Band. Mehr lässt sich auch heute kaum sagen über den Unterschied von gefallsüchtigem Kunstwollen und der harten Präzisionsarbeit, dunkel wie ein spanisches Wiegenlied. „Sei es wegen einer Idee, eines Tones, eines Ausdrucks – immer kämpft der Dämon am Rand des Abgrunds einen offenen Kampf mit dem Schöpferischen.“ „Dämon“ ist im Deutschen missverständlich, und auch die wörtliche Übersetzung „Kobold“ oder „Poltergeist“ hilft nicht weiter. Lorcas „Duende“ sollte Duende heißen, egal wo auf der Welt. Mit dem Duende als Komplizen, einer schwarzen, kämpferischen Muse, sei der Künstler in der Lage, sich den Schrecken des Lebens zu stellen. Über kurz oder lang wird sich ein Verlag dazu aufschwingen, Lorcas Gesamtwerk neu oder erstmals ins Deutsche übersetzen zu lassen. Damit wir endlich aufhören, uns die Haare zu raufen, warum der bedeutendste spanische Dichter des 20. Jahrhunderts hier nur mit Einschränkungen zu haben ist. Die Zeit dafür ist längst gekommen: Seit dem Jahr 2006 sind die Rechte frei.
  Sein letztes Interview gab Lorca der Madrider Zeitung El Sol, am 10. Juni 1936. Die letzten Zeilen klingen wie eine düstere Ahnung: „Sag den Blumen, sie sollen nicht zu sehr mit ihrer Schönheit prunken. Denn sonst würde man sie fesseln und dazu verurteilen, auf den verrotteten Leibern der Toten zu leben.“ Am 19. August 1936 wurde Lorca von Francos Schergen erschossen. 
Seit Enrqiue Becks Übersetzung
ist viel von Lorca aufgetaucht
Das Plaudern Lorcas hatte es in
sich – hier wird es unterschätzt
Federico García Lorca (1898–1936)
Foto: picture-alliance / obs
    
    
    
    
  
Federico García Lorca: Prosa. Aus dem Spanischen von Enrique Beck. Wallstein Verlag, Göttingen 2013. 512 Seiten, 34 Euro.
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