»Es ist die Eigentümlichkeit der gegenwärtigen geistigen Lage, daß die wissenschaftliche Theorie weiter geht als der 'gesunde Menschen verstand'«, resümiert Whitehead in Wissenschaft und moderne Welt (1925), die Zerstörung eines von Selbstverständlichkeiten geprägten Weltbildes. Die Reaktionen der Schulphilosophie auf die neu erschlossenen Domänen der ihr gegenüber unverhofft mündig gewordenen Naturwissenschaften verrieten allzuoft die heillose Verwirrung eines gewagten Blicks in die Wunderwelt hinter dem Spiegel des gesunden Menschenverstandes. Auf irritierende Weise ergaben sich…mehr
»Es ist die Eigentümlichkeit der gegenwärtigen geistigen Lage, daß die wissenschaftliche Theorie weiter geht als der 'gesunde Menschen verstand'«, resümiert Whitehead in Wissenschaft und moderne Welt (1925), die Zerstörung eines von Selbstverständlichkeiten geprägten Weltbildes. Die Reaktionen der Schulphilosophie auf die neu erschlossenen Domänen der ihr gegenüber unverhofft mündig gewordenen Naturwissenschaften verrieten allzuoft die heillose Verwirrung eines gewagten Blicks in die Wunderwelt hinter dem Spiegel des gesunden Menschenverstandes. Auf irritierende Weise ergaben sich konkurrierende, aus der aufklärerischen Disziplinierung der Einzelwissenschaften ausscherende Dimensionen der Erfahrung, verloren durch traditionelle Konvention legitimierte Kompromisse - etwa zwischen Vorstellungsvermögen und sinnlicher Konkretheit - ihre Geltung, wurden Erfahrung und Erkenntnis gleichermaßen abstrakt und komplex. Whiteheads spekulatives Denkmodell, das der Relativitäts- und Quantentheorie Rechnung trägt, ohne sie nur in philosophische Terminologie zu übersetzen, reagiert nicht im Sinne einer Rückzugsstrategie auf die Krise von Erfahrung und Erkenntnis, Subjekt und Objekt. Es ist vielmehr als ein kühner Vorstoß zu lesen, der in seiner konsequenten Absage an jede Form des metaphysischen Dualismus die Widersprüche der »modernen Welt«, die sich dem Denken und der Erfahrung stellen, in Kategorien nicht aufzulösen sondern aufzuheben sucht.
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Autorenporträt
Whitehead, Alfred North§1861 geboren am 15. Februar in Ramsgate/Kent als Sohn des Privatschulleiters und Pastors Alfred Whitehead und der Maria Sarah Whitehead, geb. Buckmaster. 1875 Eintritt in das Internat Sherborne in Dorsetshire, England, das Whitehead für seine Ausbildung in den klassischen Sprachen lobt. 1880 Eintritt ins Trinity College, Cambridge zum Studium der Mathematik. 1884 B. A. im Trinity College, Ernennung zum Fellow und zum Dozenten für angewandte Mathematik. 1890 Heirat mit Evelyn Willoughby Wade. 1891 Geburt des Sohnes Thomas North. 1893 Geburt der Tochter Jessie Marie. 1898 A Treatise on Universal Algebra. Geburt des Sohnes Eric Alfred. 1900 Zusammen mit Bertrand Russell Besuch des Ersten Intemationalen Kongresses für Philosophie in Paris. Bekanntschaft mit Peano. 1903 Whitehead gibt die Pläne für einen zweiten Band des Treatise on Universal Algebra auf, ebenso wie Russell seinen Plan einer Fortsetzung der Principles ofMathematics. Whitehead und Russell entscheiden sich zur Zusammenarbeit. Wahl zum Fellow der Royal Society (F.R.S.). Senior Lecturer für angewandte Mathematik. 1905 D. Sc. des Trinity College. 1910 Principia Mathematica, Bd. I (Bd. 11 1912, Bd. 111 1913, der vierte wird fallengelassen). Niederlegung der Dozentur am Trinity College, Umzug nach London. 1911 Dozent für angewandte Mathematik am University College, London, später Professor für angewandte Mathematik am Imperial College of Science and Technology, London. 1914 Besuch des ersten Kongresses für Mathematische Philosophie in Paris. Vortrag über die relationale Theorie des Raumes. 1919 Senator (seit 1921 Dekan) der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität London. Principles of Natural Knowledge, Tarner Lecturer; diese Vorlesungen erscheinen 1920 unter dem Titel The Concept of Nature. D. Sc. der Universität Manchester. 1922 The Principles of Relativity with Applications to PhysicalScience. 1924 Niederlegung der Londoner Professur und Annahme eines Rufes auf einen Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Harvard in Cambridge, Massachusetts. 1925 Lowell Lecturer, Science and the Modern World. 1926 Lowell Lecturer, Religion in the Making. 1927 Barbour-Page Lecturer der Universität Virginia, Symbolism. Its Meaning and Effect. 1927/28 Gifford Lecturer an der Universität Edinburgh. Die Vorlesungen erscheinen unter dem Titel Process and Reality. An Essay in Cosmology im darauffolgenden Jahr. 1929 Louis Clark Vanuxem Lecturer der Universität Princeton, The Function of Reason. 1929/30 Mary Flexner Lecturer am Bryn Mawr College. Diese Vorlesungen werden zusammen mit anderen, die Whitehead am Dortmouth College und als Davis Lecturer in Columbia gehalten hat, 1933 unter dem Titel The Adventures of Ideas veröffentlicht. 1931 Fellow der British Academy (F.B.A.). 1933 Vorlesungen an der Universität Ch
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