Erich Prunc (1941), Kärntner Slowene, Slawist und Übersetzungswissenschaftler, betreibt in seinem frühen, bislang ohne Nachfolger gebliebenen Gedichtband Still-Leben (1965) eine lustvoll-radikale dichterische Dekonstruktion der zentralen Kärntner slowenischen Mythen: des Königs Matthias, der als Personifizierung historischer Erwartungen Recht und Gerechtigkeit wiederherstellen soll, der Saligen Frauen, die, in den Karawanken wohnend, die Sehnsucht nach Harmonie und Poesie repräsentieren, und der idealisierten Frauengestalt der Rosentaler Bauerntochter Miklova Zala, die vom Inbegriff des Bösen, den Türken, entführt, heil in das dörfliche Idyll zurückgekehrt sein soll. In den Zyklopen schließlich thematisiert er anhand konkreter Ereignisse die Gewalt der Einäugigen, die ihr imaginäres Territorium vor den Schiffen des weltgewandten Odysseus verteidigen. Mit ihren expressionistisch grellen Tönen, gebändigt durch einen disziplinierten Formwillen, sind Pruncs scharfsinnig-sinnliche Gedichte in Fabjan Hafner s Übersetzung auch nach vier Jahrzehnten schmerzlich-schön wie am ersten Tag ihrer ekstatischen Niederschrift. Gelesen vor dem heutigen Kontext, festigen sie das bittere Gefühl, dass in Kärnten die Zeit - allen Versuchen der Dekonstruktion und der ideologischen Abrüstung zum Trotz - seit der Entstehung der Gedichte im Jahre 1964 stillgestanden ist.
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