Am 16. Juli 1942 gegen 5:30 Uhr drang französische Polizei in die Wohnung der Federmans in Montrouge ein, um die jüdische Familie festzunehmen. Raymond Federmans Mutter schubste ihren 14jährigen Sohn mit einem Bündel Kleider in eine Abstellkammer. Sie sagte"Chut"("Pssst !") und schloß die Tür. Federman sollte sie, seinen Vater und seine beiden Schwestern nie wiedersehen, sie wurden deportiert und in Auschwitz ermordet. Federman blieb über 24 Stunden in dieser dunklen Kammer, bevor er sich aus dem Haus stahl und in einem Güterzug nach Süden floh. Raymond Federman hat in vielen seiner Bücher…mehr
Am 16. Juli 1942 gegen 5:30 Uhr drang französische Polizei in die Wohnung der Federmans in Montrouge ein, um die jüdische Familie festzunehmen. Raymond Federmans Mutter schubste ihren 14jährigen Sohn mit einem Bündel Kleider in eine Abstellkammer. Sie sagte"Chut"("Pssst !") und schloß die Tür. Federman sollte sie, seinen Vater und seine beiden Schwestern nie wiedersehen, sie wurden deportiert und in Auschwitz ermordet. Federman blieb über 24 Stunden in dieser dunklen Kammer, bevor er sich aus dem Haus stahl und in einem Güterzug nach Süden floh. Raymond Federman hat in vielen seiner Bücher über diese Tragödie geschrieben, jedoch immer betont, daß er kaum Erinnerungen an die Zeit davor habe."Pssst !"nun ist das Buch seiner Kindheit, in dem er aus den Bruchstücken seiner Erinnerungen ein Puzzle zusammenfügt, das zu einem leicht verwischten, gleichwohl plastischen Bild wird. Immer wieder schweift er dabei ab, konfrontiert sich als Erzähler mit sich selbst, springt in der Zeit, und doch läßt er die Magie einer jeden Kindheit erstehen. Seine Kindheit aber endet, als er die Abstellkammer verläßt, ab diesem Zeitpunkt muß er für sich selbst sorgen. Das Stundenprotokoll seiner Flucht aus dem Haus bis zum Übertritt in die unbesetzte Zone Frankreichs ist das Protokoll eines Erwachsenwerdens im Zeitraffer."Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu verstehen, was mir meine Mutter mit diesem Pssst ! sagen wollte. Sie wollte mir sagen: Wenn du nichts sagst. Wenn du ruhig bleibst. Still. Pssst ! Dann wirst du überleben."
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Autorenporträt
Raymond Federman, geb. am 15.5.1928 in Montrouge nahe Paris, emigrierte 1947 in die USA, studierte Literatur und nahm am Koreakrieg teil. Sein literarisches Werk, französisch und englisch geschrieben, ist sehr umfangreich und wurde zu großen Teilen ins Deutsche übersetzt.Andrea Spingler, geboren 1949 in Oldenburg, ist seit 1980 als freie Übersetzerin tätig. Sie hat unter anderem Werke von Marguerite Duras, Alain Robbe-Grillet, Patrick Modiano, Jean-Paul Sarte, André Gide ins Deutsche übertragen. 2007 wurde sie mit dem Eugen-Helmlé-Preis für herausragende deutsch-französische Übersetzungen ausgezeichnet.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Für Martina Meister ist Raymond Federmans jüngstes Buch sein "persönlichstes, eindringlichstes und vielleicht schönstes" Werk. Das Titelwort bezieht sich auf jene "Urszene" seines Lebens, in der seine Mutter ihn 1942 in eine Abstellkammer der Pariser Wohnung schob und so vor der Ermordung bewahrte, während sie, sein Vater und seine beiden Schwestern nach Auschwitz deportiert und dort vergast wurden, erklärt die Rezensentin. Federman setze nun in diesem Band, in dem er seine Kindheit und das Familienleben heraufbeschwört, seinen Eltern und seinen Schwestern ein bewegendes Denkmal, so Meister. Während er in seinen früheren Büchern die Leerstelle seiner ermordeten Familie immer in der Chiffre "X-X-X-X" gefasst habe, lasse er sie nun hier noch einmal auftreten und nehme sie ohne Beschönigungen oder Sentimentalitäten in den Blick. In eindringlichem Ton, der keine Entlastung im "Lachen" oder in formalen Spielereien sucht, hält Federman seine Kindheitserinnerungen und seine Rettung fest, und er rechnet auch "schonungslos" mit Familienmitgliedern ab, die nichts für das Überleben von ihm und den seinen getan haben, lässt Meister wissen.