Wie Große von Kleinen lernen können
Wenn drei große Kerle sich ganz sicher sind, wie man einen Vogel fangen kann, dann stört ein kleiner Kerl dabei nur. Er hat gefälligst still zu sein. Aber ihr kleiner Kumpel vereitelt ihren Plan immer wieder. Schließlich zeigt er den Großen, dass man das alles auch ganz anders machen kann. Und schafft es, ganz viele Vögel anzulocken. Hätten sie nur mal miteinander geredet. Da können die Großen von dem Kleinen noch sehr viel lernen.
Eine spannende und außergewöhnlich illustrierte Bilderbuchgeschichte vom Schöpfer von 'Kleine Eule ganz allein'
Wenn drei große Kerle sich ganz sicher sind, wie man einen Vogel fangen kann, dann stört ein kleiner Kerl dabei nur. Er hat gefälligst still zu sein. Aber ihr kleiner Kumpel vereitelt ihren Plan immer wieder. Schließlich zeigt er den Großen, dass man das alles auch ganz anders machen kann. Und schafft es, ganz viele Vögel anzulocken. Hätten sie nur mal miteinander geredet. Da können die Großen von dem Kleinen noch sehr viel lernen.
Eine spannende und außergewöhnlich illustrierte Bilderbuchgeschichte vom Schöpfer von 'Kleine Eule ganz allein'
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.04.2015Hallo Vögelchen, möchtest du etwas Brot?
Eine Jägertruppe unterwegs, doch der Kleinste hat in diesem Bilderbuch die besten Ideen
Auf leisen Sohlen schleichen sie durch den nachtblauen Wald – drei Große und ein Kleiner. „Seht mal! Ein Vogel.“ Die Mission ist klar: den schönen, farbenprächtigen Vogel fangen. Die drei Großen haben ihre Schmetterlingsnetze dabei, der Kleine hingegen eine ganz andere Idee. Eine, die Mal für Mal durch ein harsches „Pssst. Wir haben einen Plan“ unterbunden wird. Denn die Großen üben sich im Anpirschen, bringen sich und ihre Netze ebenso mühsam wie kunstvoll in Position – „Erster fertig, zweiter fertig, dritter fertig“ –, um auf der nächsten Doppelseite kläglich zu scheitern: In letzter Sekunde flattert der Vogel davon, die Netze fischen ins Leere und die Jäger purzeln in bester Slapstick-Manier durcheinander. Nach dem dritten missglückten Versuch ist dann doch der Kleine an der Reihe: „Hallo Vögelchen, möchtest du etwas Brot?“, fragt er ganz freundlich, und der Vogel gesellt sich zu ihm. Und dann kommt da noch ein zweiter, ein dritter und ganz viele. Inmitten der bunten Vogelschar steht er da, der Kleine, friedlich und zufrieden. Die Großen hingegen bringen sich erneut in Position. Doch, oh weh, die Vögel sind in der Überzahl und jagen die Jäger zurück in den nachtblauen Wald. Bis: „Seht mal! Ein Eichhörnchen.“
In kräftige Blautöne getauchte Scherenschnitte erzählen die Geschichte der drei Großen und des Kleinen als eine Art Bilderbuch-Pantomime. Mit Ausnahme der wenigen knappen Dialoge beziehungsweise Ausrufe, die sich unaufdringlich in die flächigen, bühnenhaften Bilder einfügen, bleiben die Bilder ganz ohne Text. Brillant reduziert und mit umwerfend scharfsinnigem Witz inszeniert Chris Haughton seine Truppe, die in ihrer Orgelpfeifenanordnung an die Dalton-Brüder bei Lucky Luke erinnert. Mimik und Gestik der Figuren und Tiere sprechen für sich. Ebenso wie die Tatsache, dass nur Vögel und Eichhörnchen in prächtigen Farben strahlen, während Kulisse und Jägertruppe ausschließlich in Blau, Magenta und Schwarz daherkommen.
Auch in seinem dritten Bilderbuch beweist der irische Künstler, wie viel in einer auf das Wesentliche konzentrierten, visuellen Erzählung stecken kann: Spannungsaufbau und -auflösung sowie das clever gesetzte Ende, das die lustvoll komische Jagd abermals antizipiert, überzeugen ebenso wie die unaufdringliche, beinahe philosophische Botschaft, die er dem Kleinen mit auf den Weg gibt. (ab 2 Jahre)
MARLENE ZÖHRER
Chris Haughton : Pssst! Wir haben einen Vogel. Aus dem Englischen von Stephanie Menge. Sauerländer 2015. 36 Seiten, 14,99 Euro.
Illustration aus Chris Haughton: Pssst! Wir haben einen Vogel.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Eine Jägertruppe unterwegs, doch der Kleinste hat in diesem Bilderbuch die besten Ideen
Auf leisen Sohlen schleichen sie durch den nachtblauen Wald – drei Große und ein Kleiner. „Seht mal! Ein Vogel.“ Die Mission ist klar: den schönen, farbenprächtigen Vogel fangen. Die drei Großen haben ihre Schmetterlingsnetze dabei, der Kleine hingegen eine ganz andere Idee. Eine, die Mal für Mal durch ein harsches „Pssst. Wir haben einen Plan“ unterbunden wird. Denn die Großen üben sich im Anpirschen, bringen sich und ihre Netze ebenso mühsam wie kunstvoll in Position – „Erster fertig, zweiter fertig, dritter fertig“ –, um auf der nächsten Doppelseite kläglich zu scheitern: In letzter Sekunde flattert der Vogel davon, die Netze fischen ins Leere und die Jäger purzeln in bester Slapstick-Manier durcheinander. Nach dem dritten missglückten Versuch ist dann doch der Kleine an der Reihe: „Hallo Vögelchen, möchtest du etwas Brot?“, fragt er ganz freundlich, und der Vogel gesellt sich zu ihm. Und dann kommt da noch ein zweiter, ein dritter und ganz viele. Inmitten der bunten Vogelschar steht er da, der Kleine, friedlich und zufrieden. Die Großen hingegen bringen sich erneut in Position. Doch, oh weh, die Vögel sind in der Überzahl und jagen die Jäger zurück in den nachtblauen Wald. Bis: „Seht mal! Ein Eichhörnchen.“
In kräftige Blautöne getauchte Scherenschnitte erzählen die Geschichte der drei Großen und des Kleinen als eine Art Bilderbuch-Pantomime. Mit Ausnahme der wenigen knappen Dialoge beziehungsweise Ausrufe, die sich unaufdringlich in die flächigen, bühnenhaften Bilder einfügen, bleiben die Bilder ganz ohne Text. Brillant reduziert und mit umwerfend scharfsinnigem Witz inszeniert Chris Haughton seine Truppe, die in ihrer Orgelpfeifenanordnung an die Dalton-Brüder bei Lucky Luke erinnert. Mimik und Gestik der Figuren und Tiere sprechen für sich. Ebenso wie die Tatsache, dass nur Vögel und Eichhörnchen in prächtigen Farben strahlen, während Kulisse und Jägertruppe ausschließlich in Blau, Magenta und Schwarz daherkommen.
Auch in seinem dritten Bilderbuch beweist der irische Künstler, wie viel in einer auf das Wesentliche konzentrierten, visuellen Erzählung stecken kann: Spannungsaufbau und -auflösung sowie das clever gesetzte Ende, das die lustvoll komische Jagd abermals antizipiert, überzeugen ebenso wie die unaufdringliche, beinahe philosophische Botschaft, die er dem Kleinen mit auf den Weg gibt. (ab 2 Jahre)
MARLENE ZÖHRER
Chris Haughton : Pssst! Wir haben einen Vogel. Aus dem Englischen von Stephanie Menge. Sauerländer 2015. 36 Seiten, 14,99 Euro.
Illustration aus Chris Haughton: Pssst! Wir haben einen Vogel.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2015Hundert Worte über die Möglichkeit, einen Vogel zu fangen
Der in London lebende Ire Chris Haughton ist ein vielgelobter Mann. Er ist Designer und Illustrator und für sein eigentlich noch gar nicht besonders umfangreiches Werk bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet worden. Das gilt auch für sein jüngstes Bilderbuch, sein drittes insgesamt, das in mehreren Ländern sowohl mit Kinderbuch- als auch mit Designpreisen bedacht wurde, ganz so, als ließen sich diese Genres bei ihm problemlos voneinander trennen.
In "Pssst! Wir haben einen Vogel" ist das gewiss nicht der Fall. Die feine, von Stephanie Menge besorgte deutsche Übersetzung des Buches besteht zwar aus gerade einmal zweiunddreißig Seiten, auf denen nicht mehr als etwa einhundert Wörter stehen - die aber sind mit Bedacht gesetzt. Denn in der Geschichte der vier seltsam vermummten Gestalten, die zu nachtblauer Stunde durch das Unterholz ziehen, um einen Vogel zu fangen, fungieren die wenigen Worte als eine Art Raumaufteiler. Vermutlich ließe sich die Geschichte nämlich genauso gut verstehen, wenn Chris Haughton ganz auf Worte verzichtet hätte. Mehr als "Erster fertig, zweiter fertig, dritter fertig . . .", häufig "Pssst . . ." und manchmal "Hallo Vögelchen" wird ohnehin kaum gesagt. Allerdings wäre dem Autor mit den Worten ein wichtiges strukturierendes Element verlorengegangen. Eines, das den Bildern der auf Bäume kletternden und auf einem Floss treibenden Jäger einen je eigenen Rhythmus verleiht und sie in Bewegung versetzt: Hier dienen die Zeichnungen nämlich nicht zur Illustration des Textes, vielmehr trägt der Text immer wieder zur Gliederung der Bilder bei, was dem ganzen Buch zuweilen den Eindruck eines großen Comics verleiht. Und was, nebenbei bemerkt, eben mit dazu beiträgt, dass man sich über die vielen Auszeichnungen wundert, die nie auf diese Vielschichtigkeit, sondern stets nur auf einzelne Teile des Buches zu zielen scheinen.
Ein weiterer wichtiger Teil ist übrigens die Farbe. Haughton hält seine Bilder über weite Strecken in Blau und Schwarz, und zwar sowohl, was den waldreichen Hintergrund angeht, als auch, was die Silhouetten seiner pantomimisch agierenden Figuren betrifft. Einzig der Vogel, den es zu fangen gilt, leuchtet in Magenta und knallendem Rot, ganz am Ende sehen wir einige seiner Artgenossen sogar in gelben Federkleidern. Intensive, einfache Farben also, die Haugthon abermals nutzt, um Akzente zu setzen: In der dunklen Umgebung schillert der Vogel und lenkt die Aufmerksamkeit auf sich. Auf den zweiten Blick offenbart er dann eine bemerkenswerte Siegesgewissheit - ist er doch der Einzige, der es sich leisten kann, fast die gesamte Jagd zu verschlafen. Erst als der kleinste der vier, in ihrer unterschiedlichen Größe an die Daltonbrüder erinnernden Jäger mit einer List an ihn herantritt, öffnet er wieder die Augen. Was natürlich noch lange nicht heißt, dass er das Spiel deswegen auch verliert. (lbo.)
Chris Haughton: "Pssst! Wir haben einen Vogel".
Aus dem Englischen von Stephanie Menge. Sauerländer Verlag, Frankfurt 2015. 32 S., geb., 14,99 [Euro]. Ab 2 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der in London lebende Ire Chris Haughton ist ein vielgelobter Mann. Er ist Designer und Illustrator und für sein eigentlich noch gar nicht besonders umfangreiches Werk bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet worden. Das gilt auch für sein jüngstes Bilderbuch, sein drittes insgesamt, das in mehreren Ländern sowohl mit Kinderbuch- als auch mit Designpreisen bedacht wurde, ganz so, als ließen sich diese Genres bei ihm problemlos voneinander trennen.
In "Pssst! Wir haben einen Vogel" ist das gewiss nicht der Fall. Die feine, von Stephanie Menge besorgte deutsche Übersetzung des Buches besteht zwar aus gerade einmal zweiunddreißig Seiten, auf denen nicht mehr als etwa einhundert Wörter stehen - die aber sind mit Bedacht gesetzt. Denn in der Geschichte der vier seltsam vermummten Gestalten, die zu nachtblauer Stunde durch das Unterholz ziehen, um einen Vogel zu fangen, fungieren die wenigen Worte als eine Art Raumaufteiler. Vermutlich ließe sich die Geschichte nämlich genauso gut verstehen, wenn Chris Haughton ganz auf Worte verzichtet hätte. Mehr als "Erster fertig, zweiter fertig, dritter fertig . . .", häufig "Pssst . . ." und manchmal "Hallo Vögelchen" wird ohnehin kaum gesagt. Allerdings wäre dem Autor mit den Worten ein wichtiges strukturierendes Element verlorengegangen. Eines, das den Bildern der auf Bäume kletternden und auf einem Floss treibenden Jäger einen je eigenen Rhythmus verleiht und sie in Bewegung versetzt: Hier dienen die Zeichnungen nämlich nicht zur Illustration des Textes, vielmehr trägt der Text immer wieder zur Gliederung der Bilder bei, was dem ganzen Buch zuweilen den Eindruck eines großen Comics verleiht. Und was, nebenbei bemerkt, eben mit dazu beiträgt, dass man sich über die vielen Auszeichnungen wundert, die nie auf diese Vielschichtigkeit, sondern stets nur auf einzelne Teile des Buches zu zielen scheinen.
Ein weiterer wichtiger Teil ist übrigens die Farbe. Haughton hält seine Bilder über weite Strecken in Blau und Schwarz, und zwar sowohl, was den waldreichen Hintergrund angeht, als auch, was die Silhouetten seiner pantomimisch agierenden Figuren betrifft. Einzig der Vogel, den es zu fangen gilt, leuchtet in Magenta und knallendem Rot, ganz am Ende sehen wir einige seiner Artgenossen sogar in gelben Federkleidern. Intensive, einfache Farben also, die Haugthon abermals nutzt, um Akzente zu setzen: In der dunklen Umgebung schillert der Vogel und lenkt die Aufmerksamkeit auf sich. Auf den zweiten Blick offenbart er dann eine bemerkenswerte Siegesgewissheit - ist er doch der Einzige, der es sich leisten kann, fast die gesamte Jagd zu verschlafen. Erst als der kleinste der vier, in ihrer unterschiedlichen Größe an die Daltonbrüder erinnernden Jäger mit einer List an ihn herantritt, öffnet er wieder die Augen. Was natürlich noch lange nicht heißt, dass er das Spiel deswegen auch verliert. (lbo.)
Chris Haughton: "Pssst! Wir haben einen Vogel".
Aus dem Englischen von Stephanie Menge. Sauerländer Verlag, Frankfurt 2015. 32 S., geb., 14,99 [Euro]. Ab 2 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Worte wird nicht viel gemacht in Chris Haughtons eindrücklichem Bilderbuch 'Pssst! Wir haben einen Vogel', erzählt wird die Geschichte in den mächtigen Bildern. Birgit Müller-Bardorff Augsburger Allgemeine