Autos sacramentales sind allegorische Theaterstücke, die in Spanien im 16. und 17. Jahrhundert zum Fronleichnamsfest aufgeführt wurden und deren Thema das Sakrament der Eucharistie ist. Sie sind als ein spezifischer Ausdruck der Formation der frühen Neuzeit lesbar, die in Spanien die deutlichste Gestalt angenommen hat: der posttridentinisch-gegenreformatorisch geprägten katholischen Prämoderne. Fraglich ist dann, wie das Fronleichnamsdrama zur Artikulationsgestalt einiger die Zeit bestimmender Tendenzen hat werden können. In welcher Hinsicht kann das Fronleichnamsfest und ein zu ihm aufgeführtes allegorisches Theaterstück neuzeitlich sein? Die eucharistischen Debatten gehören zu den strittigen Fragen im Zeitalter der Religionskämpfe. Das Fronleichnamsfest ist die höchste Ausdrucksform der katholischen Mentalität der Prämoderne. Deshalb kann eine Untersuchung des auto sacramental, der literarischen Gestalt des eucharistischen Komplexes Einsichten in die geistige Eigenart vermitteln, die damit eingeübt und anerzogen wurde. Rekonstruiert werden geistes- und kulturgeschichtliche Kontexte, aus denen die Stücke zu verstehen sind und etwas über die frühe Neuzeit zu verstehen geben: die spirituelle Literatur der Zeit sowie die Kontroversen um das Sakrament der Eucharistie: ein Versuch über das Sakramentale unter den Auspizien der Neuzeit. In drei Teilen werden drei Hauptmomente der Stücke entwickelt: der psychomachische Inhalt, der eucharistische Gehalt und die allegorische Form. Ein ergänzender Teil ergibt sich aus dem eucharistischen Komplex; er handelt vom Opfer und seiner literarischen Gestalt. Die Allegorie im Verständnis Calderóns als eigenständige Denk- und Erkenntnisform vorzuführen, ist Sinn und Ziel der Ausführungen. Sie läßt Rückschlüsse auf die Konzeption der Stücke insgesamt zu: auf ihren Status im Rahmen des Fronleichnamsfests, des eucharistischen Komplexes überhaupt und schließlich der konfessionellen Streitigkeiten der Zeit. Dabei geht es zuletzt um die Frage nach der Wahrheit in der Literatur. Nicht philosophische, sondern literarische Erkenntnis ist das Ziel. Die Allegorie als deren Form (weiter)entwickelt zu haben, ist der spezifische Beitrag Calderóns zu seiner Zeit und dieser Zeit zur Geschichte der Neuzeit.
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