Tagebücher, wie sie die Menschen auch in der Gegenwart schreiben - manche ganz modern als »Blog«, viele nach wie vor handschriftlich in eine Kladde -, haben kaum je das Interesse der Psychologie geweckt. Das ist durchaus erstaunlich, handelt es sich doch um faszinierende Daten, mit deren Hilfe sich ganz unterschiedliche Fragen stellen und verfolgen lassen:Zunächst einmal sind Tagebücher Protokolle menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns, ganz unmittelbar verfasst aus der Ich-Perspektive. Sie ersetzen natürlich weder Leitfaden- noch narratives Interview, weder Befragung noch Beobachtung - aber sie bieten doch einen weiteren, bislang wenig genutzten methodischen Zugang zum eigentlichen Gegenstand der Psychologie. Im Grundsatz lassen sich nahezu alle Themen der modernen Psychologie - Familie und Beziehung, Jugend und Alter, Identität, Beruf, Krankheit und vieles mehr - durch die Analyse von entsprechenden Tagebüchern bearbeiten und untersuchen.Darüber hinaus stellen Tagebücher jedoch auch eine bestimmte literarische (oder quasi-literarische) Form dar, mit einer historischen Entwicklung, die sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind - aber auch mit charakteristischem Einfluss auf dasjenige, was in dieser Form zum Ausdruck gebracht werden kann und wird. Diesem Einfluss (der Tagebuchform) genauer nachzugehen und dabei festzustellen, wie umgekehrt die Intentionen der Tagebuchschreibenden auch zu Variationen der Form führen, macht die Analyse von Tagebüchern zu einem höchst spannenden und lehrreichen Unterfangen zwischen den Disziplinen. - Die vorliegende Arbeit nimmt solche Fragen auf und führt sie einer Klärung näher, auch (und nicht zuletzt) durch die exemplarische Analyse der Tagebücher zweier knapp zwanzigjähriger Mädchen.
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