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Das Lexikon stellt Daten zu Leben und Werk psychoanalytischer Ethnologen, Ethnopsychoanalytiker und Analytiker mit interkulturellen ethnologischen und therapeutischen Erfahrungen bereit. Ausgangspunkt ist die deutschsprachige Tradition der Ethnopsychoanalyse - jene Disziplin, bei der die Psychoanalyse zur Feldforschung dient. Vertreter der kulturvergleichenden Psychologie, der transkulturellen Psychiatrie und Ethnomedizin sind einbezogen. Die internationale Datensammlung beinhaltet Einträge aus den wissenschaftlichen und institutionellen Apparaten.

Produktbeschreibung
Das Lexikon stellt Daten zu Leben und Werk psychoanalytischer Ethnologen, Ethnopsychoanalytiker und Analytiker mit interkulturellen ethnologischen und therapeutischen Erfahrungen bereit. Ausgangspunkt ist die deutschsprachige Tradition der Ethnopsychoanalyse - jene Disziplin, bei der die Psychoanalyse zur Feldforschung dient. Vertreter der kulturvergleichenden Psychologie, der transkulturellen Psychiatrie und Ethnomedizin sind einbezogen. Die internationale Datensammlung beinhaltet Einträge aus den wissenschaftlichen und institutionellen Apparaten.
Autorenporträt
Johannes Reichmayr, geboren 1947, Dr. phil., Psychologe, Psychoanalytiker, Wissenschaftshistoriker, außerordentlicher Professor und Dozent für Psychologie an der Universität Klagenfurt. Lehr- und Forschungsschwerpunkte auf dem Gebiet der Ethnopsychoanalyse und der Geschichte der psychoanalytischen Bewegung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.01.2004

Melanesien in Berlin-Kreuzberg
Johannes Reichmayr beobachtet die Ethnopsychoanalyse

Seit der Sozialanthropologe Bronislaw Malinowski zwischen 1913 und 1918 seine ersten ethnologischen Studien über die Aborigines und die Trobriander vorlegte und Margaret Mead ab 1925 ihre Feldforschung auf Samoa und in Papua-Neuguinea begann, geriet die Hybris eines ethnozentrischen Menschenbildes auf dem europäischen und amerikanischen Kontinent ins Wanken. Die Naturvölker konnten nicht länger als "Primitive" stigmatisiert werden. Ihre Riten, Tabus und Glaubensvorstellungen, ihr Erziehungssystem und ihre familiäre und gesellschaftliche Organisation bezeugten eine differenzierte Kultur, die den Charakter des Gemeinwesens und des einzelnen nachhaltig prägte.

Noch bis Ende des Zweiten Weltkrieges tat sich die Psychoanalyse schwer, wie Johannes Reichmayr in seinem Nachwort schreibt, die Überzeugung von der Allgemeingültigkeit ihrer Theorie über die menschliche Psyche aufzugeben und das Fremde in seiner "kulturellen Differenz" anzuerkennen. Es waren mehr historische Ereignisse, die die Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Kulturen erzwangen, wie das Ende das Kolonialismus, die nachkolonialen bis in die Gegenwart reichenden Bürgerkriege und die mit ihnen verbundenen Migrationsströme mit einem wachsenden Heer von Asylanten, Vertriebenen, Flüchtlingen oder Folteropfern und nicht zuletzt die über Generationen reichenden Folgen des Holocaust.

Im Rahmen dieser historischen Entwicklung kam es zu einem Boom transkultureller Forschungen in der Ethnologie, Psychologie, Psychiatrie, Soziologie und Psychoanalyse. Innerhalb der letzten Disziplin konnte sich die Ethnopsychoanalyse als eigener Zweig speziell im deutschsprachigen Raum und in Frankreich immer stärker etablieren. Zu ihren Begründern zählen die Zürcher Forschergruppe Paul Parin, Goldy Parin-Matthey und Fritz Morgenthaler, das französische Ehepaar Marie-Cécile und Edmond Ortigues und die Franzosen Frantz Fanon und Henri Collomb. Die interkulturelle Erweiterung des ursprünglichen psychoanalytischen Paradigmas über den Zusammenhang von Gesellschaftsstruktur und Individuum führte zwangsläufig zu modifizierten Therapieansätzen, die tiefenpsychologisch orientierte Methoden mit einer überlieferten Heilkunde verbinden, wie sie in den Herkunftsländern der traumatisierten Patienten noch gebräuchlich ist.

Nur auf diese Weise, das hat die Arbeit mit ehemaligen Kindersoldaten, Minenopfern, Kriegsverletzten und Verfolgten in den letzten Jahrzehnten gezeigt, kann ein therapeutischer Dialog über alle kulturellen Grenzen hinweg gelingen. Inzwischen findet die Fülle der entwickelten Behandlungskonzepte nicht nur in den westlichen Asylländern eine breite Anwendung, sondern ebenso in den Ursprungsländern der seelisch Betroffenen selbst, besonders in Afrika, Südamerika und im Nahen Osten.

Die Ausweitung der Ethnologie zu einer interdisziplinären Wissenschaft aus Sozialanthropologie, Ethnopsychoanalyse, transkultureller Psychiatrie und Ethnomedizin hat die tradierte Psychoanalyse über die Dialektik von Kultur, Individuum und seelischer Krankheit radikal aufgeklärt und aus ihrer Erstarrung befreit. Das zentrale Anliegen des Buches von Reichmayr und seiner Arbeitsgruppe liegt darin, diesen Fortschritt im besseren Verständnis kultureller Differenzen sichtbar zu machen und zum weiteren Ausbau der beratenden und therapeutischen Hilfe im interkulturellen Raum zu nutzen. Dabei stützt sich Johannes Reichmayr, ein ethnopsychoanalytisch versierter Psychoanalytiker, auf 113 gründlich recherchierte Biographien einer internationalen Gemeinschaft aus namhaften Theoretikern, Forschern und Praktikern.

Die Biographien enthalten die wichtigsten akademischen Daten, bekommen ihre Lebendigkeit aber durch die Einbeziehung der oft abenteuerlich anmutenden persönlichen Lebensentwürfe ihrer Protagonisten. Viele von ihnen lebten oft mehrere Jahre unter lebensgefährlichen Bedingungen in Urwäldern, Sumpfgebieten und Savannen bei Völkern fernab jeder Zivilisation, von der einzigen Neugier getrieben, das Faszinosum des Fremden im Eigenen zu spiegeln. Davon zeugen die Publikationen der wissenschaftlichen Abenteurer, die den einzelnen Biographien angefügt sind.

Bereichert wird das Lexikon durch Register zu einschlägigen Zeitschriften, Institutionen, Internet-Präsenz, Sachgebieten und Personen und durch ein informatives Nachwort über die Geschichte der Ethnopsychoanalyse von den Pionieren der Feldforschung bis zu den Heilern der Gegenwart. Reichmayr und seinen Mitarbeitern ist mit dem Buch ein wichtiger Beitrag zum internationalen Diskurs über die Unterschiedlichkeit der Kulturen gelungen. Die Ethnopsychoanalyse stellt nicht nur neue Therapiekonzepte bereit. Auch ihre Theorien könnten angesichts der gegenwärtigen Konfrontation verschiedener Ideologien im Globalisierungsprozeß zur Verständigungsbereitschaft der Völker beitragen.

HORST PETRI

Johannes Reichmayr, Ursula Wagner, Caroline Ouederrou, Binja Pletzer: "Psychoanalyse und Ethnologie". Biographisches Lexikon der psychoanalytischen Ethnologie, Ethnopsychoanalyse und interkulturellen Therapie. Reihe: Bibliothek der Psychoanalyse. Psychosozial-Verlag, Gießen 2003. 597 S., geb., 49,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Von Horst Petri erfährt man zunächst, dass im Rahmen der in diesem Buch behandelten, ethnologisch aufgeklärten Psychoanalyse eine Fülle von Behandlungskonzepten entwickelt wurden, die heute nicht nur in westlichen Asylländern, sondern auch in den Herkunftsländern von Kindersoldaten, Minenopfern und Verfolgten eine breite Anwendung finden. Ziel dieses von Johannes Reichmayer - einem "ethnopsychoanalytisch versierter Psychoanalytiker", wie Petri lobt - und anderen herausgegebenen Bandes, ist es, solche Fortschritte im besseren Verständnis kultureller Differenzen sichtbar zu machen und ihn zum weiteren Ausbau der therapeutischen Hilfe im interkulturellen Raum zu nutzen. Dabei stützt dieser Band sich, wie Petri lobt, auf 113 "gründlich recherchierte" Biografien einer internationalen Gemeinschaft von Theoretikern, Forschern und Praktikern, die nicht nur deren wichtigste akademischen Daten enthalten, wie der Rezensent weiter lobt, sondern auch noch eine besondere "Lebendigkeit" durch die Einbeziehung der zum Teil abenteuerlichen Lebensläufe und -entwürfe der Protagonisten erhielten. Bereichert wird das Lexikon zudem, berichtet Petri, durch ein "informatives Nachwort" zur Geschichte der Ethnopsychoanalyse und ein Register zu einschlägigen Zeitschriften, Institutionen, Sachgebieten und Personen.

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