Die Entdeckung psychotroper Substanzen bedeutet wissen schaftsphilosophisch betrachtet einen einmaligen Vorgang in der Menschheitsgeschichte. Ein Organ -das Großhirn des Menschen - findet Moleküle, mit deren Hilfe es sich selbst korrigieren, aktivieren, irritieren, sedieren, kurz: steuern kann. Mit der Einführung der Psychopharmaka ist die Psychia trie somit um eine Dimension reicher geworden: Für die Be urteilung der Wirksamkeit psychotroper Stoffe - allein oder im Verbund mit anderen Maßnahmen - wurde naturwissen schaftliches Denken und Vorgehen eine Conditio si ne qua non. Zwangsläufig mußten dann auch die Gesetze der Natur wissenschaft, besonders die der Pharmakologie, bei der Therapie Beachtung finden. Die Suche nach Maß und Zahl prägt seither die Forschung und auch die Praxis auf dem Ge biet der Psychopharmakologie. Das Problem der bisher als Erfahrungs- und Geisteswissenschaft gehandhabten Psych iatrie bestand und besteht darin, der Naturwissenschaft im Rahmen ihres mehrdimensionalen Behandlungskonzeptes einen angemessenen Stellenwert zuzuweisen und diesen als solchen zu respektieren, vor allem bei der Behandlung von Psychosen, die entgegen gelegentlich artikulierter ideologi scher Strömungen keine sozialen Artefakte sind, sondern 8 Vorwort hirnstoffwechselbedingte Störungen, und deren Pharmako therapie seit den SOer Jahren dieses Jahrhunderts einen medizinhistorischen Umbruch ersten Ranges bedeutet. Dem methodischen Innovationsprozeß in der Psychiatrie dienlich sind jedwede Initiativen auf der Grundlage von Forschung oder Praxis, die dazu beitragen, den Umgang mit Psychopharmaka sicherer und effektiver zu gestalten. Der Patient hat ein Recht auf die Anwendung des Wissens seiner Zeit.
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