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Der nächste Brandherd vor unserer Haustür?
Vor über hundert Jahren entzündete sich auf dem westlichen Balkan der Erste Weltkrieg. Verantwortlich dafür waren die Großmächte, die ihr Ringen um Vormacht in der Region austrugen. Heute baut China dort Straßen, Russland spornt Nationalisten an, die Türkei und die Golfstaaten investieren in Moscheen und Hotels. Sie alle sehen darin einen Weg, Einfluss auf Europa zu nehmen. Wiederholt sich die Geschichte? Florian Bieber, einer der besten Kenner des Balkans, schildert die explosive Gemengelage in der Region. Sie ist Schauplatz des neuen globalen…mehr

Produktbeschreibung
Der nächste Brandherd vor unserer Haustür?

Vor über hundert Jahren entzündete sich auf dem westlichen Balkan der Erste Weltkrieg. Verantwortlich dafür waren die Großmächte, die ihr Ringen um Vormacht in der Region austrugen. Heute baut China dort Straßen, Russland spornt Nationalisten an, die Türkei und die Golfstaaten investieren in Moscheen und Hotels. Sie alle sehen darin einen Weg, Einfluss auf Europa zu nehmen. Wiederholt sich die Geschichte?
Florian Bieber, einer der besten Kenner des Balkans, schildert die explosive Gemengelage in der Region. Sie ist Schauplatz des neuen globalen Konflikts zwischen dem Westen und der autokratischen Internationale. Zugleich verfolgen die Akteure vor Ort ihre ganz eigene Agenda. Das Buch ist ein Weckruf an Europa, endlich aktiv zu werden. Denn in der Region könnte sich seine Zukunft entscheiden.

»Florian Bieber ist ein großer Balkan-Kenner, der den gegenwärtigen Blick auf Europas Krisen kunstvoll und kenntnisreich weitet. Ein sehr erhellendes Buch!« Jagoda Marinic

»Souverän dekonstruiert Bieber pseudohistorische Mythen und Halbwahrheiten.« Michael Martens, FAZ
Autorenporträt
Florian Bieber, geboren 1973, gilt als einer der besten Kenner der Balkanregion. Er ist Professor für Geschichte und Politik Südosteuropas an der Universität Graz und Leiter des dortigen Zentrums für Südosteuropastudien. Er hat in den USA, in Großbritannien, Italien, Bosnien, Serbien und Ungarn unterrichtet und mehr als fünf Jahre in Belgrad und Sarajevo gelebt. Bislang hat er sechs Bücher auf Englisch und Deutsch über Nationalismus, die EU und die politische Entwicklung auf dem Balkan verfasst. Seine Analysen erscheinen u. a. in The New York Times, Neue Zürcher Zeitung, Der Standard, Die Zeit, Die Presseund Politico. Er tritt regelmäßig in nationalen und internationalen Medien auf. 
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erhellend, was Florian Bieber über die politischen Irrungen und Wirrungen auf dem Balkan nach dem Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1991 schreibt, so Rezensent Tobias Zick. Lediglich das "Pulverfass" des Titels liest der Rezensent nicht so gern, ansonsten habe Bieber, seines Zeichens Leiter des Zentrums für Südosteuropastudien an der Uni Graz, gut dargestellt, wie totalitäre Mächte in der Region verstärkt Einfluss gewinnen konnten. Zunächst wollte Russland mit Miloševićs Serben nicht viel zu tun haben, lernt Zick von Bieber, ein westliches Waffenembargo erwies sich als Fehler, und später trieben die Nato-Bomben auf Serbien das Land in die Arme Moskaus. 2019 nun, fährt Zicks Rekonstruktion des Buchs fort, markiert ein serbisch-russischer Propagandafilm den Ausgangspunkt einer verstärkten Kollaboration der beiden Länder, während die EU in der Region weitgehend abgemeldet ist, weil sie sich über die Jahre allzu eigennützig verhalten hatte. Zick lobt den nüchternen, keineswegs alarmistischen Tonfall und empfiehlt das Buch der EU-Politik als Lektüre.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2023

Stolz und Fehlurteil
Florian Bieber analysiert die Uneinigkeit und gefährlichen Irrtümer der EU in ihrer Balkanpolitik
Man muss sich zunächst an einem mittelgroßen Hindernis vorbeiarbeiten: Der Titel, dieses Klischeebild vom „Pulverfass“, das dem Südosten Europas seit Jahrzehnten immer wieder aufgeklebt wird, ist eines, für das sich der Autor selbst mutmaßlich nicht ganz so leidenschaftlich ins Zeug geworfen haben dürfte wie die Marketingabteilung des Verlags. Aber wenn’s hilft, dadurch ein größeres Publikum für dieses schwergängige, aber politisch wieder zunehmend explosive Thema zu gewinnen: Dann, tja, warum nicht. Das Interessante steht ohnehin eher im Untertitel: „Wie Diktaturen Einfluss in Europa nehmen“. Man darf dabei die Betonung getrost auf das Wort „Europa“ legen.
Denn darum geht es wesentlich in diesem Buch des renommierten Regionalwissenschaftlers Florian Bieber, Leiter des Zentrums für Südosteuropastudien an der Uni Graz: darum, wie Europa, im Speziellen die EU, es durch eine schwankende, inkonsequente und oft zahnlose Politik im Südosten ihres eigenen Kontinents Diktaturen wie Russland und China erst ermöglicht hat, über die vergangenen Jahrzehnte ihren Einfluss dort stark auszuweiten.
Zur Einordnung des gerade wieder aufflammenden Konflikts zwischen Serbien und Kosovo etwa ist es erhellend, bei Bieber nachzulesen, wie 1991, als der Zerfall Jugoslawiens schon begonnen hatte, die damalige serbische Führung um Slobodan Milošević in Moskau um Unterstützung für einen Putschversuch warb – und scheiterte. „Jugoslawien gehörte nicht zur sowjetischen Einflusssphäre“, bilanziert der Autor, und: „Die Idee einer russisch-serbischen Freundschaft oder Allianz fand lediglich an den politischen Rändern Sympathien, zumindest in Russland.“
Zugleich waren die USA mit anderen Großkrisen wie dem irakischen Angriff auf Kuwait beschäftigt und setzten deshalb darauf, dass sich die Europäer federführend um die Krise auf dem Balkan kümmern würden – doch die zeigten sich „in Anbetracht der Kriege uneinig und gespalten“. Nüchtern listet Bieber Fehleineinschätzungen und Fehler der westlichen Gemeinschaft auf – so etwa jenes Waffenembargo, das allen Staaten des auseinanderbrechenden Jugoslawien gleichermaßen galt und letztlich dazu führte, dass die Bosnier den aus Altbeständen hochgerüsteten serbischen Truppen weitgehend wehrlos gegenüberstanden.
Ein großer Bruch im weltpolitischen Gefüge, der bis heute nachwirkt, waren dann die Nato-Bombardements auf Serbien, ohne UN-Mandat. „Was die Nato als Schutz vor ethnischer Säuberung verstand“, schreibt Bieber, „war für Russland und China ein Bruch des Völkerrechts und bedeutete ihre Ausgrenzung aus der neuen Weltordnung. Und: Beide Seiten hatten darin recht. Die Reaktion Russlands war die unreflektierte Unterstützung Serbiens.“
Selbst diese Unterstützung aber hatte ihre Grenzen. Obwohl das jugoslawische Parlament im April 1999 in einem offenkundigen Akt der Verzweiflung beschloss, der Union von Russland und Belarus beizutreten, stimmte Russland wenige Wochen später im Weltsicherheitsrat einer Resolution zu, die Kosovo unter UN-Verwaltung stellte – unter militärischer Kontrolle der Nato. Es folgen einige eher erratische Aktionen, wie etwa eine kurzzeitige Besetzung des Flughafens von Pristina durch russische Soldaten.
Erst 2019 zeichnet eine gemeinsame Propaganda-Offensive ein neues Bild des Verhältnisses zwischen Serbien und seiner vermeintlichen Schutzmacht Russland: Den Startschuss markierte ein schriller und überaus erfolgreicher Actionfilm, finanziert von den beiden Regierungen, in dem russische Soldaten eine junge Serbin aus den Klauen eines blutrünstigen albanischen Organhändlers retten. Das Fantasieprodukt mit viel Geballer wurde vom russischen Kulturministerium gepriesen als ein Werk, das „unsere Werte, die Wahrheit und eine andere Sicht auf internationale Beziehungen“ fördere.
Und jetzt? Jener „erfundenen Tradition“ einer serbisch-russischen Freundschaft haben die Europäer lange Zeit wenig entgegengesetzt. Vom großen Versprechen des Thessaloniki-Gipfels 2003, die Zukunft der Balkanstaaten liege in der Europäischen Union, hallt zwanzig Jahre später nur noch ein müdes Echo nach. Die EU, so Biebers bittere Bilanz, habe dort „nicht mehr den Ruf, für die eigene demokratische Zukunft der Länder zu stehen. Zu oft haben EU-Politiker Autokraten auf dem Balkan hofiert, keine kritischen Worte gefunden, als diese angebracht gewesen wären, und eigene Interessen bei Migration und Terrorismus über die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gestellt“.
Was das Buch obendrein auszeichnet, ist sein messerscharf-analytischer und zugleich gelassener Ton. Man darf es den Menschen des westlichen Balkans wünschen, dass europäische Politiker, wenn sie in nächster Zeit Entscheidungen in Bezug auf ihre Region treffen, zuvor das Buch von Florian Bieber gründlich gelesen haben – auch wenn sie dabei hin und wieder in einen Spiegel blicken, der nicht nur Schmeichelhaftes offenbart.
TOBIAS ZICK
Die serbisch-russische
Freundschaft wurde lange Zeit
nur imaginiert
Florian Bieber:
Pulverfass Balkan.
Wie Diktaturen Einfluss
in Europa nehmen.
Ch. Links-Verlag,
Berlin 2023.
248 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Das Buch ... ist ein ebenso brisantes wie relevantes Buch über den Zustand der Region.« Salzburger Nachrichten 20240127