Was würden Sie riskieren, wenn Sie mehr als ein Leben hätten?
Die Amerikanerin Cat Patrick spielt in ihrem Jugendroman »Die fünf Leben der Daisy West« mit der Idee, ein Medikament könne uns unzählige Male ins Leben zurückholen. Im Interview erzählt die junge Mutter, was sie zum Schreiben ihres eindringlichen Thrillers motiviert hat.
Daisy ist fünfzehn – und schon mehrmals gestorben. Sie lebt waghalsig, denn sie weiß, dass es Revive gibt, ein Medikament, das ins Leben zurückhilft, wenn alle anderen Mittel versagt haben. Da Revive geheim ist, muss Daisy nach jedem Tod eine neue Identität annehmen und in eine andere Stadt ziehen. Bisher hat sie daher isoliert und ohne Freunde gelebt. Aber dann findet sie nicht nur unverhofft eine beste Freundin, sondern verliebt sich auch noch Hals über Kopf. Zum ersten Mal lässt sich Daisy wirklich auf das Leben ein.
Erzählen Sie uns doch etwas mehr über sich: Wie und wo leben Sie?
Ich lebe außerhalb von Seattle/Washington mit meinem Mann und meinen vierjährigen Zwillingstöchtern. Ich liebe es, draußen zu sein und zu reisen – und probiere für mein Leben gern exotische Gerichte und Weine. Aber genauso gerne lese und schreibe ich. Mit acht Jahren hatte ich mein erstes Buch mit dem Titel »Dolly the Purple Spotted Dolphin« fertig, bei dem ich auch selbst illustriert hatte: Ich bin definitiv keine begnadete Illustratorin … Heute versuche ich, meine Leidenschaft fürs Schreiben mit dem Muttersein zu vereinen; mir ist es sehr wichtig, immer für meine Kinder da zu sein.
Wie kamen Sie auf die Idee, »Die fünf Leben der Daisy West« zu schreiben?
Ich hatte gerade etwas über ein neues Medikament gelesen, das Schlaganfall-Patienten wieder ein normales Leben ermöglichen könnte, als ich davon erfuhr, dass ein Freund der Familie an seinem Krebsleiden gestorben war. Die Vorstellung – oder eher Wunschvorstellung –, es gäbe endlich ein Allheilmittel gegen Krebs, war mir dann immer im Kopf. Von da an begann ich fast automatisch, an meinen Hauptfiguren und an der Handlung des Romans zu arbeiten.
So fließen in »Daisy West« natürlich meine Erfahrungen und Erlebnisse ein; manchmal erkenne ich in meinen Figuren auch Eigenschaften von Menschen aus meinem Bekanntenkreis, aber letztlich wollte ich eine fiktive Geschichte schreiben.
Haben Sie viel recherchiert, bevor Sie das ja erfundene Medikament Revive für Ihre Geschichte entwickelt haben?
Nein, nicht sonderlich viel. Ich wollte ja keine wissenschaftliche Abhandlung schreiben. Aber ein Freund von mir, der Wissenschaftler ist, hat alles genau gelesen, sodass ich zumindest nicht allzu weit von der Realität weg bin. Es war mir wichtig, dass Revive, wenn es das Medi-kament denn tatsächlich gäbe, in »Daisy West« wenigstens im medizinischen Sinne richtig verabreicht wird.
Was macht Ihren Roman besonders?
Ich hoffe, dass die Geschichte glaubhaft ist – und den Lesern ein Gefühl von Was wäre, wenn vermittelt, ohne dass sie meinen, ich sei zu weit gegangen. In »Daisy West« geht es darum, dass wir alle unsere besten Leben leben sollten. Darauf kommt es doch an, finde ich. Daisy muss nach jedem Tod eine neue Identität annehmen und umziehen.
Wo würden Sie hinziehen, wenn Sie die freie Wahl hätten?
Oh, ich liebe London! Aber es gibt so viele Städte, die ich noch nicht besucht habe. Darf ich erst auf Weltreise gehen, bevor ich Ihnen antworte?
Daisy merkt im Verlauf der Geschichte, dass ihr Blick auf das Leben nicht der eines normalen Teenagers ist. Was ist Ihrer Meinung nach der Sinn des Lebens?
Das ist eine sehr schwere Frage. Ich würde vielleicht sagen: Der Sinn des Lebens ist das, was wir – positiv oder negativ – in der Welt und in den Menschen, denen wir begegnet sind, hinterlassen.
Was fanden Sie am schwierigsten an »Daisy West« zu schreiben?
Überhaupt die Handlung zu finden, war richtig schwer. Eigentlich wollte ich einen Roadtrip schreiben, und erst, als ich mit allen Figuren in Omaha landete, wusste ich, wohin die Reise wirklich gehen sollte. Ab da ging alles ganz einfach. Am leichtesten viel mir übrigens, Audrey zu skizzieren, die ich von Anfang an am besten »kannte«. Es interessiert mich auch – zugegeben – am meisten, wie diese ja sehr spezielle Figur bei meinen Lesern ankommt.
Und was ist Ihre Lieblingsszene?
Ich will nicht zu viel verraten, aber es ist eine Szene, in der etwas sehr Trauriges passiert. Dies zu schreiben, war prägend für mich. Ich weinte die ganze Zeit über, und auch jetzt bekomme ich beim Lesen immer noch feuchte Augen.
Welchen Charakter mögen Sie am liebsten?
Sie vermuten wahrscheinlich, es sei Audrey – oder doch zumindest Daisy, oder? Nein, es ist tatsächlich Mason. Ich fände es toll, mich mit ihm ganz real unterhalten zu können. Außerdem wäre ich für mein Leben gerne selbst ein Geheimagent!
Was möchten Sie Ihren Lesern durch Ihren Roman mit auf den Weg geben?
Ich wünsche mir, dass die Leser dankbar sind für das, was sie haben – und vielleicht, dass sie jeden einzelnen Tag voll nutzen.
Wenn Sie nochmals von vorne anfangen könnten, was würden Sie ändern?
Nicht das kleinste Bisschen! Ich bin unglaublich glücklich mit meinem Traumberuf und meiner Familie, die ich über alles liebe.