Job gekündigt, Auto verkauft, Wohnung leergeräumt und alles, was man für viereinhalb Jahre braucht, in ein paar Packtaschen verstaut - im Frühjahr 2013 lässt der Erlanger Abenteurer Peter Smolka das bequeme Leben hinter sich, um zum zweiten Mal den Globus zu umradeln. Er startet nach Osten. Eine Reise ins Ungewisse. Bis nach Russland begleiten ihn drei Freunde aus Erlangen, jenseits von Moskau ist Smolka dann allein unterwegs. Auf langen Umwegen über Pakistan und Südindien geht es weiter nach China, wo er an der Grenze vier Wochen lang festsitzt. Ein Jahr nach dem Aufbruch steht er in Shanghai am Pazifik. Von dort bringt ihn ein Containerschiff nach Kanada.Als langsam Reisender ist Peter Smolka immer ganz nah an den Menschen und an der Natur. Er nimmt Indien intensiv mit der Nase auf, Südostasien mit dem Gaumen, genießt die Freiheit in der Weite Kanadas. Auf seinem Weg nach Südamerika kann ihn auch ein Überfall in Nicaragua nicht aufhalten. Als ihm nach 60.000 Kilometern in Argentinien allerdings das treue Fahrrad gestohlen wird, steht er kurz vor dem Abbruch der Reise. Von Rio de Janeiro wählt Peter Smolka den Seeweg nach Südafrika und nach der Durchquerung ganz Afrikas von Kapstadt bis nach Kairo kehrt er über den Bosporus nach Europa und nach Erlangen zurück - nach 88.000 geradelten Kilometern durch 68 Länder und viereinhalb Jahre später.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2019Einmal nicht betriebsblind sein
Der Informatiker Peter Smolka kündigt seinen Job, um die "Betriebsblindheit" abzulegen, tauscht die Wohlfühlumgebung gegen eine Erradelung der großen weiten Welt ein. Dabei verfolgt er auf seiner "Tour de Friends" zwei Missionen: Zum einen will er allen Partnerstädten Erlangens ein Grußschreiben des Bürgermeisters übergeben, zum anderen vergibt er Patenschaften für Teiletappen zugunsten von "Ärzte ohne Grenzen". Zwischen den Kontinenten benutzt er Fähren statt Flugzeuge. Von 2013 bis 2017 radelte Smolka achtundachtzigtausend Kilometer von Erlangen über Russland (Wladimir), Indien, China, Nordamerika (Riverside), Mittelamerika (San Carlos), Südamerika, durch Afrika und über europäische Partnerstädte zurück. Die von Visumsproblemen geprägte langsame Fahrt gibt Anlass zu Reflexionen über Reisen und Reichtum jenseits von Folklore und Besitzdenken. In Indien als einem Land ohne Privatsphäre, voll Müll, Lärm und doch voller Farben lernt er das Unerwartete zu erwarten, ferner verweisen auch in Laos Raubbau an den Wäldern und Relikte des Vietnam-Kriegs auf Zwiespalt im Paradies. Smolka genießt die "unverbindliche Lebensform" Kanadas und Amerikas, doch sind Kultstraßen der Jugendträume wie die alte Route 66 von Geisterorten gesäumt. Desillusionierenden Highlights stehen entkräftete Klischees ausufernder Kriminalität ("Ganz Mexiko grüßt") gegenüber. Smolka besucht vom Tourismus aus ihrer eigenen Welt herausgerissene Orte wie die Oase Huacachina in Peru. Er macht Bekanntschaft mit Geldentwertung in Zimbabwe, dem Vielvölkerstaat Äthiopien als Idyll und Konfliktherd, mit Gastfreundschaft als Reflexhandlung im Sudan und Polizei-Eskorten in Ägypten. Wegen der Vielfalt, Originalität, aber auch Kolonialisierung der Lebensstile vermeidet es Smolka, zwischen guten und schlechten Sitten, Einheimischen, Touristen oder Reiseländern zu richten; der Kulturschock erfolgt erst bei Rückkehr ins eurozentrische Leben. Smolkas Bericht einer Reise ohne Kontaktverlust zu Mutter Erde überzeugt im vorurteilslos-ökokritischen Ansatz.
sg
"Rad ab 2 - Zum zweiten Mal mit dem Rad um die Welt. Vier Jahre, 68 Länder und 88000 Kilometer" von Peter Smolka. Reise Know-How Verlag, Markgröningen 2019. 360 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 17,50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Informatiker Peter Smolka kündigt seinen Job, um die "Betriebsblindheit" abzulegen, tauscht die Wohlfühlumgebung gegen eine Erradelung der großen weiten Welt ein. Dabei verfolgt er auf seiner "Tour de Friends" zwei Missionen: Zum einen will er allen Partnerstädten Erlangens ein Grußschreiben des Bürgermeisters übergeben, zum anderen vergibt er Patenschaften für Teiletappen zugunsten von "Ärzte ohne Grenzen". Zwischen den Kontinenten benutzt er Fähren statt Flugzeuge. Von 2013 bis 2017 radelte Smolka achtundachtzigtausend Kilometer von Erlangen über Russland (Wladimir), Indien, China, Nordamerika (Riverside), Mittelamerika (San Carlos), Südamerika, durch Afrika und über europäische Partnerstädte zurück. Die von Visumsproblemen geprägte langsame Fahrt gibt Anlass zu Reflexionen über Reisen und Reichtum jenseits von Folklore und Besitzdenken. In Indien als einem Land ohne Privatsphäre, voll Müll, Lärm und doch voller Farben lernt er das Unerwartete zu erwarten, ferner verweisen auch in Laos Raubbau an den Wäldern und Relikte des Vietnam-Kriegs auf Zwiespalt im Paradies. Smolka genießt die "unverbindliche Lebensform" Kanadas und Amerikas, doch sind Kultstraßen der Jugendträume wie die alte Route 66 von Geisterorten gesäumt. Desillusionierenden Highlights stehen entkräftete Klischees ausufernder Kriminalität ("Ganz Mexiko grüßt") gegenüber. Smolka besucht vom Tourismus aus ihrer eigenen Welt herausgerissene Orte wie die Oase Huacachina in Peru. Er macht Bekanntschaft mit Geldentwertung in Zimbabwe, dem Vielvölkerstaat Äthiopien als Idyll und Konfliktherd, mit Gastfreundschaft als Reflexhandlung im Sudan und Polizei-Eskorten in Ägypten. Wegen der Vielfalt, Originalität, aber auch Kolonialisierung der Lebensstile vermeidet es Smolka, zwischen guten und schlechten Sitten, Einheimischen, Touristen oder Reiseländern zu richten; der Kulturschock erfolgt erst bei Rückkehr ins eurozentrische Leben. Smolkas Bericht einer Reise ohne Kontaktverlust zu Mutter Erde überzeugt im vorurteilslos-ökokritischen Ansatz.
sg
"Rad ab 2 - Zum zweiten Mal mit dem Rad um die Welt. Vier Jahre, 68 Länder und 88000 Kilometer" von Peter Smolka. Reise Know-How Verlag, Markgröningen 2019. 360 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 17,50 Euro.
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