Gibt es noch Raum für Theater? Oder ist sein Platz in der Gesellschaft inzwischen "geräumt"? Hat Theater im sogenannten medialen Zeitalter noch eine Aufgabe, oder ist es letztlich als elitäre Kunst- und Gesellschaftsform überholt? Dieser Fragestellung gingen - unter der "Regie" des Herausgebers Ralph Hammerthaler - Autoren, Künstler, Bühnenbildner, Schauspieler, Intendanten und Regisseure während eines Symposiums im Münchner Cuvilliestheater nach.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.05.2000 Teilnehmen am Theater
Verschwendet Zeit
Sicherheit, das ist sicher, zahlt sich nicht aus. Gefragt wäre also für die Zukunft, fürs Theater der Zukunft: Einwinken, Dealen, Räumen, Entern, Andocken, Trotzen, Täuschen. Räumungen hieß das Symposium, am 16./17. Oktober 1999 im Münchner Cuvilliéstheater, so heißt nun der Band, in dem die Beteiligten noch einmal zu (geschriebenem) Wort kommen. Es geht, so der Herausgeber Ralph Hammerthaler, um die „Unverschämtheit, Theater für ein Medium der Zukunft zu halten”. Andere Räume sind gesucht, frei nach Foucault, „des espaces autres”. Also erzählt Anna Viebrock von Fundstücken, die auf der Bühne gerettet werden. Sie zieht Dinge ins Theater, die ihr auf Spaziergängen begegnen – oder in der Berliner Volksbühne, die ausgebauten Öfen vom Heizungskeller zum Beispiel. „Ich glaube”, erklärt Christoph Schlingensief, „daß wir in sieben Jahren ein anderes Gesellschaftssystem haben. das jedenfalls wäre meine Hoffnung, die allerdings sofort wieder angezweifelt wird von meiner Paranoia . . . Aber ich zeige Trümmer, den Kameraden ohne Kameraden, so wie die Gesellschaft wirklich ist. Das wäre die neue Wahrheit einer Politik von morgen, die sich nicht länger an jenen selbsternannten Wahrheitsträgern orientiert, die zu wissen vorgeben, wo es langgeht. Man würde sich in einem merkwürdigen Ausgleiten befinden, vergleichbar einem Zustand, den ich erlebe, wenn ich sehr angestrengt bin und dann abbremse. ” Der Kamerad wird Dealer bei Albrecht Hirche: „Yeah! Ich schenke Zeit, und ich stehle Zeit – in dieser Zeit ist alles möglich, alles wird schärfer und stärker, aber auch gefährlicher – so gebe ich nur diese kleine Warnung an alle Dealer: Verschwendet Zeit, aber ihr müßt das Maß kennen!” Safety doesn’t sell . . . (Räumungen. Hrsg. Ralph Hammerthaler, Elisabeth Schweeger. Alexander Verlag, Berlin. 160 S. , 15 Mark. )
göt
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Verschwendet Zeit
Sicherheit, das ist sicher, zahlt sich nicht aus. Gefragt wäre also für die Zukunft, fürs Theater der Zukunft: Einwinken, Dealen, Räumen, Entern, Andocken, Trotzen, Täuschen. Räumungen hieß das Symposium, am 16./17. Oktober 1999 im Münchner Cuvilliéstheater, so heißt nun der Band, in dem die Beteiligten noch einmal zu (geschriebenem) Wort kommen. Es geht, so der Herausgeber Ralph Hammerthaler, um die „Unverschämtheit, Theater für ein Medium der Zukunft zu halten”. Andere Räume sind gesucht, frei nach Foucault, „des espaces autres”. Also erzählt Anna Viebrock von Fundstücken, die auf der Bühne gerettet werden. Sie zieht Dinge ins Theater, die ihr auf Spaziergängen begegnen – oder in der Berliner Volksbühne, die ausgebauten Öfen vom Heizungskeller zum Beispiel. „Ich glaube”, erklärt Christoph Schlingensief, „daß wir in sieben Jahren ein anderes Gesellschaftssystem haben. das jedenfalls wäre meine Hoffnung, die allerdings sofort wieder angezweifelt wird von meiner Paranoia . . . Aber ich zeige Trümmer, den Kameraden ohne Kameraden, so wie die Gesellschaft wirklich ist. Das wäre die neue Wahrheit einer Politik von morgen, die sich nicht länger an jenen selbsternannten Wahrheitsträgern orientiert, die zu wissen vorgeben, wo es langgeht. Man würde sich in einem merkwürdigen Ausgleiten befinden, vergleichbar einem Zustand, den ich erlebe, wenn ich sehr angestrengt bin und dann abbremse. ” Der Kamerad wird Dealer bei Albrecht Hirche: „Yeah! Ich schenke Zeit, und ich stehle Zeit – in dieser Zeit ist alles möglich, alles wird schärfer und stärker, aber auch gefährlicher – so gebe ich nur diese kleine Warnung an alle Dealer: Verschwendet Zeit, aber ihr müßt das Maß kennen!” Safety doesn’t sell . . . (Räumungen. Hrsg. Ralph Hammerthaler, Elisabeth Schweeger. Alexander Verlag, Berlin. 160 S. , 15 Mark. )
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"Der Band bietet einen guten Überblick über gegenwärtige Positionen der Mediengeneration unter den Theatermachern." (Kathrin Tiedemann, Freitag 5.5.2000)