Die Geschichte Brasiliens ist geprägt von tiefgreifenden sozialen Ungleichheiten und dem Mythos der Demokratie mit Chancengleichheit. Der Diskurs der Leistungsgesellschaft und der Chancengleichheit ist in der gesellschaftlichen Vorstellung, in der Kunst und in der Literatur präsent. Aber gibt es denn überhaupt gleichen Wettbewerb im Land? Um das Bild zu veranschaulichen, kann man die diskursiven Widersprüche und sozialen Praktiken in Bezug auf die Afro-Descendants in Macunaíma, dem literarischen Kanon von Mário de Andrade, sehen, der bei der Arbeit an der Konzeption der drei Rassen beschreibt: "Und es war schön in Sol da lapa, die drei Brüder, ein blonder, ein roter und ein schwarzer, standen aufrecht und nackt. Alle Kreaturen des Busches sahen mit Erstaunen zu." Auf den ersten Blick scheint die Beschreibung der Entstehung des brasilianischen Volkes, die der Schriftsteller übernommen hat, die Solidarität unter den Brasilianern zu fördern. Doch zwischen den Zeilen beschreibt das modernistische Werk den Rassismus in Brasilien: still, subtil und fast harmlos. Er behindert die Chancen bestimmter rassischer Gruppen zum Nachteil anderer, er wird mit Peniaphobie (irrationale Angst vor Armut oder einer solchen Situation) verwechselt.