Die Aufklärung - Grundstein der modernen europäischen Kultur - steht nicht nur für einen intellektuellen Aufbruch, sondern hat auch dem Verständnis von Religion eine neue Wendung gegeben. Gerade in Deutschland, wo sich die Aufklärung anders als in anderen Ländern von vornherein nicht areligiös gab, entwickelte sich ein Zugang zur Religion als umfassender Welt- und Sinndeutung, der bis in die Gegenwart wirksam blieb. Der Versuch, Religion vernünftig zu begründen, und der Rückgriff auf esoterische Konzepte in der Tradition der nichtchristlichen Antike führten zu neuen religiösen Modellen, die dem Zeitgeist entsprachen und individuell anpassungsfähig waren.Die Autorin geht in ihrer Untersuchung dem Verhältnis von Menschenbild und Religiosität in der Spätaufklärung nach und fragt nach den theologisch-esoterischen Konzepten, die sich daraus entwickelten. Die Fallstudien aus dem Milieu der Bildungselite - von Elisa von der Recke und Sophie Becker über Matthias Claudius bis zu FriedrichSchleiermacher - zeigen zudem die Fragwürdigkeit gängiger Polaritäten. Rationalismus und vermeintlich irrationale "Schwärmerei" sind keine Gegenpole, sondern hängen eng zusammen. Ebenso ist nicht haltbar, die Aufklärung allein in männlichen Vertretern repräsentiert zu sehen. Im Aufklärungsdiskurs begegneten sich vielmehr Männer und Frauen auf gleicher Ebene.Die Untersuchung eröffnet Sichtweisen auf das Zeitalter der Aufklärung, die sowohl von theologiegeschichtlicher und historischer Seite als auch von Seiten der Literaturgeschichte und Genderforschung bedeutungsvoll sind. Durch diesen interdisziplinären Ansatz bietet sie eine vielschichtige und facettenreiche Darstellung der Epoche.
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