Der Ich-Erzähler, ein siebenjähriger Junge, wächst auf in einer Welt des erwachsenen Wahnsinns: eine Mutter, die Schicht auf Schicht im Krankenhaus schiebt, ein drogenabhängiger Vater, der in seiner Sucht zwischen liebevollem Familienclown und gewalttätigem Choleriker schwankt - und teils kauzige, teils feindselige Nachbarn. Die einzigen verträglichen Menschen scheinen die anderen Kinder zu sein, und ein wahrer Lichtblick ist der vierjährige Bruder Tobi. Unter all den Anforderungen, die die Welt der Erwachsenen an ihn stellt, geraten seine eigenen Gefühle zunehmend in den Hintergrund. Seine Einsamkeit ordnet er den Bedürfnissen der Mutter unter, die neben diversen exzessiven Versuchen, ein neues Glück zu finden, ihre Familie und beinahe auch sich selbst vergisst. Konsequent erzählt Benjamin Tienti aus der Perspektive eines Jungen, der hellwach eine Welt zu durchdringen sucht, in der er auf sich allein gestellt ist: vom Schweigen, ob man Grenzen selbst überschreitet oder sie für einen überschritten werden, ob die eigenen Gefühle verloren gehen, ob das überhaupt jemand bemerkt und nicht zuletzt darüber, ob man diese Gefühle irgendjemandem schuldet oder einfach nur sich selbst.
"Tienti gelingt mit dieser Perspektive das große Kunststück, den Zerfall jenseits moralischer Urteile und in größtmöglicher Verdichtung zu beschreiben." (Financial Times)"Es ist ein kraftvolles Buch, dass mit sanfter Wucht auf die vielschichtigen Probleme von "Trennungskindern" aufmerksam macht, ohne dabei einen moralischen Anspruch zu erheben." (Das Wortreich)"Beklemmend!" (Bücher) "Hier wird ein Milieu greifbarer, das immer an der Grenze zum Prekariat entlangzittert. Entgegen aller Vorurteile ist da etwas, das sich Liebe nennt. Mit offenem Ausgang." (Stuttgarter Buchwochen 2009) "Tientis Prosa ist gleichzeitig kraft- und gefühlvoll. Ein Debütroman, der im Gedächtnis bleibt! (textem.de) Noch nie waren Kindertränen so tröstlich." (Leipziger Volkszeitung)"Im Grunde genommen ist "Raubvogel" nicht mehr aber auch nicht weniger als eine bittersüße Liebeserklärung an die einzige, verdammte Familie, die man halt nun einmal hat [.]" (oxmagazin)"Es ist nur ein schmales Büchlein, dieser "Raubvogel", knapp hundert Seiten, aber es lässt den Leser Dinge mit einer Wucht und einer Authentizität lesen, die man vielleicht so eindringlich, so nachvollziehbar, so schmerzhaft gar nie lesen wollte. Aber so ist das Leben: niemand hat gesagt, dass es einfach ist." (fm4.orf.at)