Produktdetails
- Verlag: Haffmans
- Seitenzahl: 171
- Deutsch
- Abmessung: 225mm
- Gewicht: 502g
- ISBN-13: 9783251004003
- ISBN-10: 325100400X
- Artikelnr.: 24135261
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.1998Ordentlich Radau machen
"Raufgefallen": Neue Gedichte von Shel Silverstein
Sie haben einen ganz besonderen Charme, diese Gedichte von Shel Silverstein. Es ist der Charme eines breiten Milchzahnlückengrinsens, bei dem man nie weiß, ob ihm nicht im nächsten Moment ein gutgezielter Kirschkern oder Schlimmeres folgt. So robust sind sie und auf jene Weise unperfekt, die treffsicher macht. Und zu einem guten Teil sind sie auch so kindisch. Es ist möglich, daß bei einigen dieser Gedichte Kinder länger lachen müssen als Erwachsene. Zum Beispiel beim "Fehlgeleiteten Gärtner": "Damit sie schön sprießen / Sollst du sie gießen / Aber doch bitte nicht so! / Und jetzt bitte noch das Hosentürl schließen." Dazu das Bild eines peinlich ertappten Jungen vor drei nässenden Topfpflanzen.
Gegenstand vieler Gedichte sind Dinge, denen die Aufmerksamkeit von Kindern sicher ist: Essen, Körperbesonderheiten, eklige und peinliche Sachen, Lärm, Tiere, Grausamkeiten, Un- und Reinfälle aller Art. Shel Silverstein bedichtet sie mit konzentriertem Genuß und ganz ohne Kumpelhaftigkeit. Immer ist klar, daß hier ein Erwachsener spricht. Die Hingabe, mit der dieser Erwachsene kindische Vergnügungen beschreibt, läßt manchmal ein wenig Neid oder Melancholie erahnen. Auf der anderen Seite scheint er heilfroh zu sein, diese abgründige Lebensphase hinter sich zu haben; oft setzt die Schadenfreude des Stärkeren nach ausgiebigem Schwelgen im Kindheitsglück dem Gedicht seine Pointe auf.
Mit seinem "Geheimen Kinder-SpielBuch" hat Joachim Ringelnatz das einmal ähnlich gemacht. Silverstein ist heiterer, sein Witz ist leichter und verspielter und darum weniger schrecklich. Den Machtkampf zwischen Großen und Kleinen beschreibt er schonungslos, aber ungerührt. Denn alle kommen mal dran, wie es in "Die Leute innendrin" heißt: "Also: Ordentlich Radau machen / Und spielen und rennen, / Bis eines Tages die Alten in euch erwachen / Und nicht mehr pennen, / Denn dann ist es damit aus. / Dann kommen die zum Spielen raus."
Von Silversteins Gedichten geht eine angenehme Kühle aus. Das liegt an ihrer Nonchalance, auch in der Form. Der Rhythmus verstolpert sich ab und zu und erfordert einen gleichfalls nonchalanten Vorleser. Die Reime sind einfach und manchmal gerade richtig schief, genau wie der Zeichenstrich. Silversteins Helden, die Kinder, sind nüchtern und gerade richtig anmaßend. Sie wissen, was sie vom Leben haben, wollen noch mehr davon und geben schon mal die Bestellung auf. Daß dies alles im Deutschen lesbar und spürbar ist, liegt an der Nachdichtung von Harry Rowohlt. Die ist vergnügt und verwegen und manchmal noch witziger als das Original.
MONIKA OSBERGHAUS.
Shel Silverstein: "Raufgefallen". Nachdichtung von Harry Rowohlt. Haffmanns Verlag, Zürich 1998. 176 S., geb. 36,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Raufgefallen": Neue Gedichte von Shel Silverstein
Sie haben einen ganz besonderen Charme, diese Gedichte von Shel Silverstein. Es ist der Charme eines breiten Milchzahnlückengrinsens, bei dem man nie weiß, ob ihm nicht im nächsten Moment ein gutgezielter Kirschkern oder Schlimmeres folgt. So robust sind sie und auf jene Weise unperfekt, die treffsicher macht. Und zu einem guten Teil sind sie auch so kindisch. Es ist möglich, daß bei einigen dieser Gedichte Kinder länger lachen müssen als Erwachsene. Zum Beispiel beim "Fehlgeleiteten Gärtner": "Damit sie schön sprießen / Sollst du sie gießen / Aber doch bitte nicht so! / Und jetzt bitte noch das Hosentürl schließen." Dazu das Bild eines peinlich ertappten Jungen vor drei nässenden Topfpflanzen.
Gegenstand vieler Gedichte sind Dinge, denen die Aufmerksamkeit von Kindern sicher ist: Essen, Körperbesonderheiten, eklige und peinliche Sachen, Lärm, Tiere, Grausamkeiten, Un- und Reinfälle aller Art. Shel Silverstein bedichtet sie mit konzentriertem Genuß und ganz ohne Kumpelhaftigkeit. Immer ist klar, daß hier ein Erwachsener spricht. Die Hingabe, mit der dieser Erwachsene kindische Vergnügungen beschreibt, läßt manchmal ein wenig Neid oder Melancholie erahnen. Auf der anderen Seite scheint er heilfroh zu sein, diese abgründige Lebensphase hinter sich zu haben; oft setzt die Schadenfreude des Stärkeren nach ausgiebigem Schwelgen im Kindheitsglück dem Gedicht seine Pointe auf.
Mit seinem "Geheimen Kinder-SpielBuch" hat Joachim Ringelnatz das einmal ähnlich gemacht. Silverstein ist heiterer, sein Witz ist leichter und verspielter und darum weniger schrecklich. Den Machtkampf zwischen Großen und Kleinen beschreibt er schonungslos, aber ungerührt. Denn alle kommen mal dran, wie es in "Die Leute innendrin" heißt: "Also: Ordentlich Radau machen / Und spielen und rennen, / Bis eines Tages die Alten in euch erwachen / Und nicht mehr pennen, / Denn dann ist es damit aus. / Dann kommen die zum Spielen raus."
Von Silversteins Gedichten geht eine angenehme Kühle aus. Das liegt an ihrer Nonchalance, auch in der Form. Der Rhythmus verstolpert sich ab und zu und erfordert einen gleichfalls nonchalanten Vorleser. Die Reime sind einfach und manchmal gerade richtig schief, genau wie der Zeichenstrich. Silversteins Helden, die Kinder, sind nüchtern und gerade richtig anmaßend. Sie wissen, was sie vom Leben haben, wollen noch mehr davon und geben schon mal die Bestellung auf. Daß dies alles im Deutschen lesbar und spürbar ist, liegt an der Nachdichtung von Harry Rowohlt. Die ist vergnügt und verwegen und manchmal noch witziger als das Original.
MONIKA OSBERGHAUS.
Shel Silverstein: "Raufgefallen". Nachdichtung von Harry Rowohlt. Haffmanns Verlag, Zürich 1998. 176 S., geb. 36,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
-Shel Silverstein ist das seltene Beispiel eines Erwachsenen, der noch wie ein Kind denken kann. Nach 15 Jahren Schaffenspause ist er nun mit -Raufgefallen- wieder da, und er ist besser denn je. Auch Kinder und Erwachsene, die normalerweise keine Gedichte lesen, fragen nach Shel-Silverstein-Büchern, als wären sie bekannte Markenprodukte, für die es keinen Ersatz gibt. Seine Zeichnungen passen perfekt zum Text, und es ist eine Freude, seine Gedichte laut zu lesen.- (The New York Times Book Review)