Frankfurter Allgemeine ZeitungExistiert Hamlet mehr als ein Einhorn?
Was analytische Philosophen von echtem Schrot und Korn bewegt: Saul Kripke nimmt es mit dem Begriff der Existenz auf und attackiert einmal mehr etablierte Traditionen.
Saul Kripke, für manche der bedeutendste oder zumindest der brillanteste analytische Philosoph der Gegenwart, hat ein neues Buch veröffentlicht. Bei dem schmalen Band handelt es sich allerdings um die nur leicht bearbeiteten, mit einem Vorwort versehenen John Locke Lectures, die Kripke vor vierzig Jahren, im Herbst 1973, in London gehalten hat. Sie sind eine Art Fortsetzung des Bandes "Naming and Necessity" von 1972, der ebenfalls auf eine Reihe von Vorträgen zurückging und heute das in Fachpublikationen meistzitierte Werk der analytischen Philosophie ist.
Kripke hatte nach einem zweiten Buch über Wittgenstein (1982), das die Problematik des Regelfolgens und des Regelskeptizismus in die analytische Diskussion einführte, dreißig Jahre lang kaum etwas publiziert. Erst 2011 erschien eine erste Sammlung von Aufsätzen unter dem passenden Titel "Philosophical Troubles", denn was Kripke beunruhigte, das beunruhigte anschließend auch seine analytischen Kollegen.
In "Naming and Necessity" hatte Kripke die gesamte philosophische Tradition herausgefordert und auf den Kopf gestellt, indem er als Grundlage jeder möglichen Notwendigkeit nicht die "Arbeit am Begriff" (Hegel), also am Allgemeinen, sondern die "Arbeit am Namen", also am Einzelnen ansah. Das war keine spekulative These, sondern ging schlüssig aus seinen frühen Arbeiten zur Modallogik und zu "möglichen Welten" hervor.
Wenn man nämlich nicht einfach Sätze, die sich auf die Wirklichkeit beziehen (sollen), betrachtet, sondern konsequent auch kontrafaktische Aussagen über nicht realisierte Möglichkeiten mit einbezieht, dann muss man sämtliche Eigenschaften, die wir über Allgemeinbegriffe etwa Personen zuschreiben, als "auch anders möglich" ansehen.
Festen Boden gewinnt man dann nur bei den Eigennamen, mit deren Hilfe wir Gegenstände und Personen identifizieren und so festlegen, worüber überhaupt sinnvolle Sätze gebildet werden können. Namen werden in einem Taufakt vergeben, der die Referenz festlegt, den bleibenden, "starren" Bezug auf den Gegenstand oder die Person. Dies gilt für die wirklichen Eigenschaften genauso wie für die möglichen. Mögliche Welten sind für Kripke mögliche Verläufe unserer Welt, das heißt genauer: mögliche Eigenschaften der in unserer Welt vorkommenden Personen. Aristoteles hätte ja auch Hundezüchter werden können und wäre doch Aristoteles geblieben, und Nixon hätte die Präsidentenwahl 1968 verlieren können und wäre trotzdem Nixon geblieben. Nur die Namen geben unseren Aussagen festen Halt, nur im Bereich der Namen kann es daher Notwendigkeit geben.
Noch genauer gesagt liegt die Notwendigkeit nicht im Bereich der Namen, sondern darin, daß zwei durch Namen bezeichnete Gegenstände identisch sind. Kripkes eigentliches, antinaturalistisches Anliegen ist die Metaphysik und der Versuch, echte Notwendigkeiten, die nicht sprachabhängig (de dicto), sondern in den Dingen fundiert (de re) sind, als wirklich zu erweisen. Seine philosophische Haupttätigkeit liegt allerdings auf dem Gebiet der Sprachphilosophie, das heißt in Klärungen der Fragen, wie wir mit unserer Sprache, insbesondere den Namen umgehen.
In seinen Vorlesungen wendet Kripke seinen Grundansatz auf das Problem der Existenz an. Wieder attackiert er einen Grundpfeiler der analytischen Philosophie: Bereits Kant war zu dem Schluss gekommen, dass "Existenz" nicht als Eigenschaft von Dingen aufzufassen ist und daher in keine Definition aufgenommen werden kann. Wäre es anders, so könnte man "Gott" als das Wesen mit allen positiven Eigenschaften, einschließlich der Existenz, definieren, und damit wäre seine Existenz unwiderleglich - so der ontologische Gottesbeweis. Frege und Russell hatten dies dahingehend weiter präzisiert, dass Existenz ein Begriff zweiter Stufe sei, der nicht auf Dinge, sondern nur auf Begriffe Anwendung findet.
Deshalb kann man sinnvoll sagen "Es gibt Pferde" (im Sinne von "Pferde existieren"), aber nicht "Es gibt Kripke". Bei Eigennamen muss man, so die analytische Orthodoxie, entweder die Existenz eines Trägers schlicht voraussetzen (Frege) oder die Namen in Begriffsausdrücke weganalysieren (Russell).
Kripke will nun der gewöhnlichen sprachlichen Form, wie etwa "Moses hat existiert", wieder zu ihrem Recht verhelfen. Dabei schreckt er auch vor einer Notation wie E(M) nicht zurück, in der das "E" die Eigenschaft der Existenz symbolisieren soll, etwas, das in jedem Logikeinführungskurs als fehlerhaft angestrichen würde. Kripke verfolgt seine Analyse der Existenz jedoch im Weiteren nicht formal, sondern durch eine Beschreibung unseres Sprachgebrauchs. Er möchte zeigen, dass man den Begriff der Existenz eben doch verwenden kann, um bei Namen sinnvolle Unterscheidungen zu artikulieren. Sein erstes Beispiel dafür sind Eigennamen aus der Literatur wie Hamlet oder Sherlock Holmes.
Hamlet existiert ja wirklich, so Kripke, nämlich als literarische Figur: Es gibt in der europäischen Literatur wirklich eine Figur namens "Hamlet". Hamlet existiert daher nicht etwa schattenhaft als "fiktionale, nicht-wirkliche Entität", sondern sehr real als Figur innerhalb des Umgangs mit Literatur. Dies kann man mit Gonzago kontrastieren - einer Figur, die nur in dem Stück "Der Tod des Gonzago" vorkommt, das von Hamlet aufgeführt wird. Hamlet ist daher eine reale literarische Figur, Gonzago dagegen ist eine nur fiktionale literarische Figur.
Auf ähnliche Weise erläutert Kripke, dass etwa Zeus eine reale Gottheit der griechischen Mythologie ist, während es niemals eine Gottheit namens "Moloch" gegeben hat - nur durch sprachliche Missverständnisse kam es zur Rede von Opfern, die angeblich "Moloch" dargebracht wurden. In diesem Sinne referiert zwar der Name "Zeus" auf eine Gottheit, nicht aber der Name "Moloch". Nach Kripke kann man also auch hier den Begriff der Referenz anwenden.
In einer weiteren Untersuchung dehnt er ihn sogar über die sprachliche Bezugnahme hinaus aus. Bei einem Satz wie "Der Mann da drüben mit dem Glas Champagner ist glücklich" kann man sich auf Person und Getränk auch dann beziehen, wenn das Glas nur Wasser enthält. Kripke lehnt hier Vorschläge ab, dass das Wort "Champagner" in solchen Spezialfällen in Wirklichkeit "Wasser" bedeute, sondern unterscheidet die gewöhnliche semantische Referenz von der hier anzusetzenden "Sprecherreferenz". Trotz meines verbalen Irrtums beziehe ich mich, als Sprecher, immer noch eindeutig auf Glas und Mann dort drüben.
Ganz anders behandelt er den Fall mit dem Namen "Moses". Hier geht es um historische Existenz, und deshalb ist zumindest denkbar, dass Moses zwar existierte, aber ganz andere Dinge tat, als von ihm überliefert wurden. Moses könnte selbst dann eine historische Person sein, wenn alles von ihm Berichtete falsch wäre. Diese doppelte Möglichkeit gibt es weder bei Hamlet noch bei Zeus.
Doch die erste und zentrale Frage lautet immer doch, wie der Satz "Hamlet existiert nicht" - nämlich nicht als historische, reale Person - zu verstehen ist. Kripke bekennt offen, dass ihm seine eigene Auffassung hier die Sache schwermacht, denn einen Taufakt, der den Bezug klären könnte, gibt es hier ja nicht. Er zögert diese Frage schließlich bis zur letzten Vorlesung hinaus, kommt aber auch dann zu keiner völlig klaren, ihn selbst zufriedenstellenden Position (bis heute nicht, wie er im Vorwort bekennt). Seine provisorische Antwort lautet, dass ein solcher Satz nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern eigentlich sagt, dass es über Hamlet keine wahren Sätze gibt, dass Hamlet also nicht in den Bereich des Faktischen gehört - dann wäre aber strenggenommen nicht einmal "Hamlet existiert nicht" ein wahrer Satz. "Moses existiert" würde umgekehrt bedeuten, dass es über Moses wahre Sätze gibt. Nach dieser Auskunft wäre aber "Existenz" eben doch nicht als Begriff (einigermaßen direkt) auf einen Gegenstand anzuwenden, und Kripke wäre weit näher an Kant, Frege und Russell geblieben, als er eigentlich beabsichtigte.
Saul Kripkes Resultate mögen in diesem Gebiet etwas enttäuschend ausgefallen sein (vielleicht war dies mit ein Grund für die sehr verzögerte Veröffentlichung); aber seine Denkwege werden die analytische Kollegen noch anhaltend beschäftigen. Die Klarheit, Offenheit und auch Ehrlichkeit seines Vortrags beeindruckt in jedem Fall, und auch der immer wieder aufblitzende lakonische Humor.
WOLFGANG KIENZLER
Saul A. Kripke: "Reference and Existence". The John Locke Lectures.
Oxford University Press, New York 2013. 170 S., geb., 26,50 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was analytische Philosophen von echtem Schrot und Korn bewegt: Saul Kripke nimmt es mit dem Begriff der Existenz auf und attackiert einmal mehr etablierte Traditionen.
Saul Kripke, für manche der bedeutendste oder zumindest der brillanteste analytische Philosoph der Gegenwart, hat ein neues Buch veröffentlicht. Bei dem schmalen Band handelt es sich allerdings um die nur leicht bearbeiteten, mit einem Vorwort versehenen John Locke Lectures, die Kripke vor vierzig Jahren, im Herbst 1973, in London gehalten hat. Sie sind eine Art Fortsetzung des Bandes "Naming and Necessity" von 1972, der ebenfalls auf eine Reihe von Vorträgen zurückging und heute das in Fachpublikationen meistzitierte Werk der analytischen Philosophie ist.
Kripke hatte nach einem zweiten Buch über Wittgenstein (1982), das die Problematik des Regelfolgens und des Regelskeptizismus in die analytische Diskussion einführte, dreißig Jahre lang kaum etwas publiziert. Erst 2011 erschien eine erste Sammlung von Aufsätzen unter dem passenden Titel "Philosophical Troubles", denn was Kripke beunruhigte, das beunruhigte anschließend auch seine analytischen Kollegen.
In "Naming and Necessity" hatte Kripke die gesamte philosophische Tradition herausgefordert und auf den Kopf gestellt, indem er als Grundlage jeder möglichen Notwendigkeit nicht die "Arbeit am Begriff" (Hegel), also am Allgemeinen, sondern die "Arbeit am Namen", also am Einzelnen ansah. Das war keine spekulative These, sondern ging schlüssig aus seinen frühen Arbeiten zur Modallogik und zu "möglichen Welten" hervor.
Wenn man nämlich nicht einfach Sätze, die sich auf die Wirklichkeit beziehen (sollen), betrachtet, sondern konsequent auch kontrafaktische Aussagen über nicht realisierte Möglichkeiten mit einbezieht, dann muss man sämtliche Eigenschaften, die wir über Allgemeinbegriffe etwa Personen zuschreiben, als "auch anders möglich" ansehen.
Festen Boden gewinnt man dann nur bei den Eigennamen, mit deren Hilfe wir Gegenstände und Personen identifizieren und so festlegen, worüber überhaupt sinnvolle Sätze gebildet werden können. Namen werden in einem Taufakt vergeben, der die Referenz festlegt, den bleibenden, "starren" Bezug auf den Gegenstand oder die Person. Dies gilt für die wirklichen Eigenschaften genauso wie für die möglichen. Mögliche Welten sind für Kripke mögliche Verläufe unserer Welt, das heißt genauer: mögliche Eigenschaften der in unserer Welt vorkommenden Personen. Aristoteles hätte ja auch Hundezüchter werden können und wäre doch Aristoteles geblieben, und Nixon hätte die Präsidentenwahl 1968 verlieren können und wäre trotzdem Nixon geblieben. Nur die Namen geben unseren Aussagen festen Halt, nur im Bereich der Namen kann es daher Notwendigkeit geben.
Noch genauer gesagt liegt die Notwendigkeit nicht im Bereich der Namen, sondern darin, daß zwei durch Namen bezeichnete Gegenstände identisch sind. Kripkes eigentliches, antinaturalistisches Anliegen ist die Metaphysik und der Versuch, echte Notwendigkeiten, die nicht sprachabhängig (de dicto), sondern in den Dingen fundiert (de re) sind, als wirklich zu erweisen. Seine philosophische Haupttätigkeit liegt allerdings auf dem Gebiet der Sprachphilosophie, das heißt in Klärungen der Fragen, wie wir mit unserer Sprache, insbesondere den Namen umgehen.
In seinen Vorlesungen wendet Kripke seinen Grundansatz auf das Problem der Existenz an. Wieder attackiert er einen Grundpfeiler der analytischen Philosophie: Bereits Kant war zu dem Schluss gekommen, dass "Existenz" nicht als Eigenschaft von Dingen aufzufassen ist und daher in keine Definition aufgenommen werden kann. Wäre es anders, so könnte man "Gott" als das Wesen mit allen positiven Eigenschaften, einschließlich der Existenz, definieren, und damit wäre seine Existenz unwiderleglich - so der ontologische Gottesbeweis. Frege und Russell hatten dies dahingehend weiter präzisiert, dass Existenz ein Begriff zweiter Stufe sei, der nicht auf Dinge, sondern nur auf Begriffe Anwendung findet.
Deshalb kann man sinnvoll sagen "Es gibt Pferde" (im Sinne von "Pferde existieren"), aber nicht "Es gibt Kripke". Bei Eigennamen muss man, so die analytische Orthodoxie, entweder die Existenz eines Trägers schlicht voraussetzen (Frege) oder die Namen in Begriffsausdrücke weganalysieren (Russell).
Kripke will nun der gewöhnlichen sprachlichen Form, wie etwa "Moses hat existiert", wieder zu ihrem Recht verhelfen. Dabei schreckt er auch vor einer Notation wie E(M) nicht zurück, in der das "E" die Eigenschaft der Existenz symbolisieren soll, etwas, das in jedem Logikeinführungskurs als fehlerhaft angestrichen würde. Kripke verfolgt seine Analyse der Existenz jedoch im Weiteren nicht formal, sondern durch eine Beschreibung unseres Sprachgebrauchs. Er möchte zeigen, dass man den Begriff der Existenz eben doch verwenden kann, um bei Namen sinnvolle Unterscheidungen zu artikulieren. Sein erstes Beispiel dafür sind Eigennamen aus der Literatur wie Hamlet oder Sherlock Holmes.
Hamlet existiert ja wirklich, so Kripke, nämlich als literarische Figur: Es gibt in der europäischen Literatur wirklich eine Figur namens "Hamlet". Hamlet existiert daher nicht etwa schattenhaft als "fiktionale, nicht-wirkliche Entität", sondern sehr real als Figur innerhalb des Umgangs mit Literatur. Dies kann man mit Gonzago kontrastieren - einer Figur, die nur in dem Stück "Der Tod des Gonzago" vorkommt, das von Hamlet aufgeführt wird. Hamlet ist daher eine reale literarische Figur, Gonzago dagegen ist eine nur fiktionale literarische Figur.
Auf ähnliche Weise erläutert Kripke, dass etwa Zeus eine reale Gottheit der griechischen Mythologie ist, während es niemals eine Gottheit namens "Moloch" gegeben hat - nur durch sprachliche Missverständnisse kam es zur Rede von Opfern, die angeblich "Moloch" dargebracht wurden. In diesem Sinne referiert zwar der Name "Zeus" auf eine Gottheit, nicht aber der Name "Moloch". Nach Kripke kann man also auch hier den Begriff der Referenz anwenden.
In einer weiteren Untersuchung dehnt er ihn sogar über die sprachliche Bezugnahme hinaus aus. Bei einem Satz wie "Der Mann da drüben mit dem Glas Champagner ist glücklich" kann man sich auf Person und Getränk auch dann beziehen, wenn das Glas nur Wasser enthält. Kripke lehnt hier Vorschläge ab, dass das Wort "Champagner" in solchen Spezialfällen in Wirklichkeit "Wasser" bedeute, sondern unterscheidet die gewöhnliche semantische Referenz von der hier anzusetzenden "Sprecherreferenz". Trotz meines verbalen Irrtums beziehe ich mich, als Sprecher, immer noch eindeutig auf Glas und Mann dort drüben.
Ganz anders behandelt er den Fall mit dem Namen "Moses". Hier geht es um historische Existenz, und deshalb ist zumindest denkbar, dass Moses zwar existierte, aber ganz andere Dinge tat, als von ihm überliefert wurden. Moses könnte selbst dann eine historische Person sein, wenn alles von ihm Berichtete falsch wäre. Diese doppelte Möglichkeit gibt es weder bei Hamlet noch bei Zeus.
Doch die erste und zentrale Frage lautet immer doch, wie der Satz "Hamlet existiert nicht" - nämlich nicht als historische, reale Person - zu verstehen ist. Kripke bekennt offen, dass ihm seine eigene Auffassung hier die Sache schwermacht, denn einen Taufakt, der den Bezug klären könnte, gibt es hier ja nicht. Er zögert diese Frage schließlich bis zur letzten Vorlesung hinaus, kommt aber auch dann zu keiner völlig klaren, ihn selbst zufriedenstellenden Position (bis heute nicht, wie er im Vorwort bekennt). Seine provisorische Antwort lautet, dass ein solcher Satz nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern eigentlich sagt, dass es über Hamlet keine wahren Sätze gibt, dass Hamlet also nicht in den Bereich des Faktischen gehört - dann wäre aber strenggenommen nicht einmal "Hamlet existiert nicht" ein wahrer Satz. "Moses existiert" würde umgekehrt bedeuten, dass es über Moses wahre Sätze gibt. Nach dieser Auskunft wäre aber "Existenz" eben doch nicht als Begriff (einigermaßen direkt) auf einen Gegenstand anzuwenden, und Kripke wäre weit näher an Kant, Frege und Russell geblieben, als er eigentlich beabsichtigte.
Saul Kripkes Resultate mögen in diesem Gebiet etwas enttäuschend ausgefallen sein (vielleicht war dies mit ein Grund für die sehr verzögerte Veröffentlichung); aber seine Denkwege werden die analytische Kollegen noch anhaltend beschäftigen. Die Klarheit, Offenheit und auch Ehrlichkeit seines Vortrags beeindruckt in jedem Fall, und auch der immer wieder aufblitzende lakonische Humor.
WOLFGANG KIENZLER
Saul A. Kripke: "Reference and Existence". The John Locke Lectures.
Oxford University Press, New York 2013. 170 S., geb., 26,50 [Euro].
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