Die neue vierbändige Auswahlausgabe ist weniger biographisch an der Entwicklung von Luthers Theologie orientiert als an der vom 'Ereignis Luther' erzielten Wirkung: Sie rückt seine 'reformatorische' Schriftstellerei, nach Themen geordnet, in jenen Dimensionen in den Vordergrund, die für die Veränderung des bestehenden Kirchenwesens folgenreich und für den Aufbau eines evangelischen Kirchentums dauerhaft prägend geworden sind. Die Textgestaltung will, soweit nicht lateinische Schriften ins Hochdeutsche übersetzt werden, den originalen Sprachklang erhalten: In Wortschatz, Laut- und Formenstand wird der Text der Weimarer Lutherausgabe unverändert beibehalten. Behutsame orthographische Modernisierungen dienen als Lesehilfe. Der zweite Band »Reformation der Frömmigkeit und Bibelauslegung« enthält: Ein Sermon von der Bereitung zum Sterben (1519), Das Magnificat (1521), Ein klein Unterricht, was man in den Evangelien suchen und gewarten soll (1522), Vorrede auf das Neue Testament (1522), Vorrede auf das Alte Testament (1523), Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei (1523), Der 127. Psalm (1524), Ob man vom Sterben fliehen möge (1527), Der kleine Katechismus (1529), Vorrede über den Propheten Daniel (1530), Ein Sendbrief vom Dolmetschen (1530), Eine einfältige Weise zu beten für einen guten Freund (1535)
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Noch ein Luther?, fragt Markus Wriedt bange. Seine Befürchtungen werden allerdings nicht bestätigt, denn die von den beiden renommierten Luther-Forschern Thomas Kaufmann und Albrecht Beutel herausgegebene vierbändige Schriften-Ausgabe findet der Rezensent selbst im Vergleich mit der alten fünfbändigen Insel-Edition durchaus respektabel. Das liegt für Wriedt an der Beschränkung auf vierzig Schriften des Wittenbergers, an zurückhaltender orthografischer Modernisierung, einem scharfen Schriftbild und der weitgehend authentischen Wiedergabe von Luthers Sprache. Darüber hinaus überzeugen den Rezensenten Kommentar, Anmerkungen zur Forschung und Literaturhinweise sowie die "handliche" Aufbereitung der Texte. Dass die Herausgeber mit ihrer Auswahl verstärkt die Debatten des 21. Jahrhunderts mit Luthers Texten zu konfrontieren trachten, scheint Wriedt nur angemessen. Eine schöne, wenngleich nicht ganz preiswerte Leseausgabe, so sein Fazit.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Das kleine Format und die Verwendung einer gestochen scharfen Schriftart machen die Lektüre auch jenseits des intellektuelltheologischen Gehalts zu einem Genuss.« Markus Wriedt Neue Zürcher Zeitung 20160120