Um 1900 formierte sich in Städtebau und Architektur ein sozialpolitisches Handeln, das über die Ästhetik die sozialen Verhältnisse zu steuern beabsichtigte. Das Ziel der Stadtraumgestaltung war die 'Reformierung der Menschen' (Adolf Weber). Dieser Ansatz steht im Zentrum der vorliegenden Arbeit. Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive untersucht sie die moralisch aufgeladenen Auseinandersetzungen um die soziale Stadtentwicklung und ihre Materialisierungen mit besonderer Berücksichtigung der Stadt Zürich. Sie schreibt damit die Geschichte einer Erziehung, die darin bestand, die Stadt als 'Schule' der Gesellschaft zu gestalten.Das Credo kommunaler Instanzen war, über die massenhafte Bereitstellung spezifischer Wohnformen wie dem Siedlungsbau und über eine an heimatlichen Werten orientierte Architekturästhetik insbesondere die Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter zu bürgerlichen Verhaltensweisen zu erziehen. In diesem Rahmen und im Kontext einer rational planenden Wissenskultur bildete sich die Überzeugung heraus, über 'schön' gestaltete Stadträume zur Moralisierung gesellschaftlicher Verhältnisse beizutragen. Eine der Hoffnungen war dabei, dass Räumlichkeit erzieherische Wirkung über die Erfahrung ermögliche. Das Buch rekonstruiert die Wissensgeschichte der moralerzieherischen Strategie in der Stadtentwicklung um 1900. Die Gestaltung des städtischen Raums wird als Prozess analysiert, der an den Schnittstellen zwischen wissenschaftlichem Wissen, Expertise und politischem Handeln angesiedelt ist. Auf theoretischer Ebene gerät Erziehung als Phänomen in den Blick, das eng an historische Situationen gekoppelt ist. Erziehungsphänomene sind in soziale Prak-tiken eingelagert und nehmen im diagnostischen Wissen um allgemeine Problemlagen materielle Formen an.
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