Thomas Morus' Utopia vermag auch nach mehr als einem halben Jahrtausend noch zu faszinieren; sie ist ein Klassiker der Staatsphilosophie und der Weltliteratur. Über Stellungnahmen zur Tagespolitik hinausgehend analysiert der Autor in seiner Schrift die prinzipiellen Ursachen sozialer Probleme und Krisen und präsentiert Lösungsansätze von ebenso grundsätzlicher Natur; daher gewinnt sein Werk neben der historischen Bedeutung auch zeitlose Relevanz. Morus' philosophisch fundierte Kritik an Materialismus und Gier, an Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Ausbeutung wirkt heute geradezu erschreckend aktuell, und sein egalitäres, utopisches Staatsmodell kann den gegenwärtigen Diskurs über eine gerechtere Gesellschaft mit zahlreichen Anregungen inspirieren, zumal sich viele der von ihm formulierten Reformvorschläge und Konzepte als keineswegs "utopisch", sondern als durchaus praxistauglich und fortschrittlich erweisen. Einige von ihnen - wie z. B. das Sozialstaatsprinzip, die allgemeine Schulpflicht oder das Grundrecht der Religionsfreiheit - sind inzwischen im Rahmen unserer modernen Verfassungen realisiert; insofern sind wir heute vielleicht tatsächlich "reif" für viele Errungenschaften der "Insel" Utopia. Die Weltliteratur hat Morus' Utopia um eine literarische Gattung bereichert, die jetzt auch ihren Namen trägt: das Genre der Utopie. Verschiedene Autoren wie Sir Francis Bacon, Samuel Butler oder William Morris ließen sich von ihr inspirieren, und bis in unsere Gegenwart ermutigt sie Menschen, ihren Träumen von einer besseren Welt literarisch Ausdruck zu verleihen. Dieser reich illustrierte Katalog zur Ausstellung Reif für die Insel? 500 Jahre Utopia präsentiert Morus' faszinierende Schrift sowohl in ihrem historischen Kontext als auch in ihren vielfältigen Bezügen zur Moderne.