Produktdetails
- Verlag: DK
- ISBN-13: 9780789496478
- Artikelnr.: 21213517
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.11.2007Sich täglich neu erfinden
Kennen Sie den 98,5-Prozent-Faktor? Im Jahre 1970 erforderte das Entladen eines Holzfrachters noch 108 Männer und fünf Tage. Heute braucht man dafür acht Männer und einen Tag. Der schwere körperliche Arbeitseinsatz wurde um 98,5 Prozent verringert. Da stellt sich die Frage, wo die restlichen 100 Arbeiter abgeblieben sind. Arbeitslos, ausgewandert, in Luft aufgelöst? Die Erklärung ist viel einfacher: Die Arbeiter haben Jobs erhalten, die mehr den Kopf als die Muskeln beanspruchen. Heute arbeiten sie als Buchhalter, Einkäufer oder in der Personalabteilung in einem Büro. Genau dort wartet aber schon die nächste Revolution. Die meisten Bürotätigkeiten werden umgestaltet und automatisiert. Die Tätigkeit eines Sachbearbeiters gerät durch Mikrochips und Computer in Gefahr. Amerikas einflussreichster Managementvordenker Tom Peters prognostiziert: „Mindestens 80 Prozent der Büroarbeitsplätze, wie wir sie heute kennen, werden innerhalb der nächsten 15 Jahre entweder ganz verschwinden oder sich bis zur Unkenntlichkeit verändern.”
Was dann? Bedeutet die Spirale nach unten das Ende der Arbeit? Noch dazu wandern immer mehr Arbeitsplätze ins Ausland, wo billiger produziert wird. In Indien entstehen derzeit 50 Millionen Büroarbeitsplätze für 20 000 US-Dollar pro Jahr, was das dortige Bruttosozialprodukt um eine Billion US-Dollar erhöhen wird. Vieles wird aus den westlichen Industrieländern ausgelagert: Forschung, Finanzen, Logistik und Kundenservice. Zurück bleibt das „intellektuelle Humankapital”, das, was wir im Kopf haben: kreative Produkte, Wissen und neue Geschäftsmodelle. Alte Arbeit wandert ab, weil sie günstiger und schneller andernorts erledigt werden kann. Neue Arbeit bleibt, weil sie Wertschöpfung nach sich zieht und kaum imitiert werden kann.
Es ist kein Wunder, wenn Peters mit immer drastischeren Aussagen die Menschen weltweit davon überzeugen will, dass gegen diese Wirtschaftslogik kein Kraut gewachsen ist. Sein neuestes, immerhin schon elftes Buch ist in dieser Hinsicht das bisher beste. Es fordert die radikale Abkehr von alten Wirtschafts- und Karrierevorstellungen und sogar deren Neuerfindung. Um bestehen zu können, so Peters, muss jedes Individuum anfangen, sich immer wieder neu zu erfinden. Das bedeutet kreativ sein im besten Sinne des Wortes.
Und das jenseits der Sicherheit des Bürotrotts, jenseits stabiler Arbeitsplätze. Mitten hinein in die selbstorganisierte Karriere. Mit mehr als drei Berufen und 50 Projektideen innerhalb des beruflichen Lebens. Mitten hinein in das Land freien Unternehmertums und des „Hollywood-Modells, bei dem wir von einer Produktionsgesellschaft zur nächsten wechseln und jedes Mal mit neuen Leuten zusammenarbeiten”.
Vor 25 Jahren hatte Peters zusammen mit Bob Waterman bereits über Spitzenleistungen nachgedacht, im Auftrag des damaligen McKinsey-Chefs Ron Daniel. Das Buch wurde zum meistverkauften Managementbuch der Geschichte. Seine These: Nicht Plan und Strategie entscheiden über den Erfolg eines Unternehmens, sondern wie die Firma ihre Mitarbeiter organisiert und motiviert. Jetzt hat Peters wieder ein Managementbuch der ganz anderen Art geschrieben. Wirtschaft hat sich darin von der einseitigen, hierarchisch geprägten Beziehung zu Mitarbeitern und Kunden befreit. Im Gegenteil: Die Strippen von oben ziehen zu können ist ein veraltetes Führungsmodell, das vielleicht noch in politischen Strukturen eine Rolle spielen mag. In Unternehmen hat es nichts mehr verloren. Diesen Aspekt hatten Peters und Waterman vor 25 Jahren zu wenig beachtet. Jetzt hat ihn Peters neu durchdacht und zur Leitidee einer besseren Wirtschaft erkoren. Peter Felixberger
Tom Peters:
Re-imagine. Spitzenleistungen in chaotischen Zeiten.
Gabal Verlag, Offenbach 2007,
352 Seiten, 39,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Kennen Sie den 98,5-Prozent-Faktor? Im Jahre 1970 erforderte das Entladen eines Holzfrachters noch 108 Männer und fünf Tage. Heute braucht man dafür acht Männer und einen Tag. Der schwere körperliche Arbeitseinsatz wurde um 98,5 Prozent verringert. Da stellt sich die Frage, wo die restlichen 100 Arbeiter abgeblieben sind. Arbeitslos, ausgewandert, in Luft aufgelöst? Die Erklärung ist viel einfacher: Die Arbeiter haben Jobs erhalten, die mehr den Kopf als die Muskeln beanspruchen. Heute arbeiten sie als Buchhalter, Einkäufer oder in der Personalabteilung in einem Büro. Genau dort wartet aber schon die nächste Revolution. Die meisten Bürotätigkeiten werden umgestaltet und automatisiert. Die Tätigkeit eines Sachbearbeiters gerät durch Mikrochips und Computer in Gefahr. Amerikas einflussreichster Managementvordenker Tom Peters prognostiziert: „Mindestens 80 Prozent der Büroarbeitsplätze, wie wir sie heute kennen, werden innerhalb der nächsten 15 Jahre entweder ganz verschwinden oder sich bis zur Unkenntlichkeit verändern.”
Was dann? Bedeutet die Spirale nach unten das Ende der Arbeit? Noch dazu wandern immer mehr Arbeitsplätze ins Ausland, wo billiger produziert wird. In Indien entstehen derzeit 50 Millionen Büroarbeitsplätze für 20 000 US-Dollar pro Jahr, was das dortige Bruttosozialprodukt um eine Billion US-Dollar erhöhen wird. Vieles wird aus den westlichen Industrieländern ausgelagert: Forschung, Finanzen, Logistik und Kundenservice. Zurück bleibt das „intellektuelle Humankapital”, das, was wir im Kopf haben: kreative Produkte, Wissen und neue Geschäftsmodelle. Alte Arbeit wandert ab, weil sie günstiger und schneller andernorts erledigt werden kann. Neue Arbeit bleibt, weil sie Wertschöpfung nach sich zieht und kaum imitiert werden kann.
Es ist kein Wunder, wenn Peters mit immer drastischeren Aussagen die Menschen weltweit davon überzeugen will, dass gegen diese Wirtschaftslogik kein Kraut gewachsen ist. Sein neuestes, immerhin schon elftes Buch ist in dieser Hinsicht das bisher beste. Es fordert die radikale Abkehr von alten Wirtschafts- und Karrierevorstellungen und sogar deren Neuerfindung. Um bestehen zu können, so Peters, muss jedes Individuum anfangen, sich immer wieder neu zu erfinden. Das bedeutet kreativ sein im besten Sinne des Wortes.
Und das jenseits der Sicherheit des Bürotrotts, jenseits stabiler Arbeitsplätze. Mitten hinein in die selbstorganisierte Karriere. Mit mehr als drei Berufen und 50 Projektideen innerhalb des beruflichen Lebens. Mitten hinein in das Land freien Unternehmertums und des „Hollywood-Modells, bei dem wir von einer Produktionsgesellschaft zur nächsten wechseln und jedes Mal mit neuen Leuten zusammenarbeiten”.
Vor 25 Jahren hatte Peters zusammen mit Bob Waterman bereits über Spitzenleistungen nachgedacht, im Auftrag des damaligen McKinsey-Chefs Ron Daniel. Das Buch wurde zum meistverkauften Managementbuch der Geschichte. Seine These: Nicht Plan und Strategie entscheiden über den Erfolg eines Unternehmens, sondern wie die Firma ihre Mitarbeiter organisiert und motiviert. Jetzt hat Peters wieder ein Managementbuch der ganz anderen Art geschrieben. Wirtschaft hat sich darin von der einseitigen, hierarchisch geprägten Beziehung zu Mitarbeitern und Kunden befreit. Im Gegenteil: Die Strippen von oben ziehen zu können ist ein veraltetes Führungsmodell, das vielleicht noch in politischen Strukturen eine Rolle spielen mag. In Unternehmen hat es nichts mehr verloren. Diesen Aspekt hatten Peters und Waterman vor 25 Jahren zu wenig beachtet. Jetzt hat ihn Peters neu durchdacht und zur Leitidee einer besseren Wirtschaft erkoren. Peter Felixberger
Tom Peters:
Re-imagine. Spitzenleistungen in chaotischen Zeiten.
Gabal Verlag, Offenbach 2007,
352 Seiten, 39,90 Euro.
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