The way we manage organizations seems increasingly out of date. Survey after survey shows that a majority of employees feel disengaged from their companies. The epidemic of organizational disillusionment goes way beyond Corporate America-teachers, doctors, and nurses are leaving their professions in record numbers because the way we run schools and hospitals kills their vocation. Government agencies and nonprofits have a noble purpose, but working for these entities often feels soulless and lifeless just the same. All these organizations suffer from power games played at the top and powerlessness at lower levels, from infighting and bureaucracy, from endless meetings and a seemingly never-ending succession of change and cost-cutting programs. Deep inside, we long for soulful workplaces, for authenticity, community, passion, and purpose. The solution, according to many progressive scholars, lies with more enlightened management. But reality shows that this is not enough. In most cases, the system beats the individual-when managers or leaders go through an inner transformation, they end up leaving their organizations because they no longer feel like putting up with a place that is inhospitable to the deeper longings of their soul. We need more enlightened leaders, but we need something more: enlightened organizational structures and practices. But is there even such a thing? Can we conceive of enlightened organizations? In this groundbreaking book, the author shows that every time humanity has shifted to a new stage of consciousness in the past, it has invented a whole new way to structure and run organizations, each time bringing extraordinary breakthroughs in collaboration. A new shift in consciousness is currently underway. Could it help us invent a radically more soulful and purposeful way to run our businesses and nonprofits, schools and hospitals? The pioneering organizations researched for this book have already "cracked the code." Their founders have fundamentally questioned every aspect of management and have come up with entirely new organizational methods. Even though they operate in very different industries and geographies and did not know of each other's experiments, the structures and practices they have developed are remarkably similar. It's hard not to get excited about this finding: a new organizational model seems to be emerging, and it promises a soulful revolution in the workplace. Reinventing Organizations describes in practical detail how organizations large and small can operate in this new paradigm. Leaders, founders, coaches, and consultants will find this work a joyful handbook, full of insights, examples, and inspiring stories.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2015Natürlicher Gewinn
Das Unternehmen als hierarchieloses Energiefeld
Nur wenige Führungskräfte in der Wirtschaft werden zu lebenden Legenden. Jack Welch ist eine davon. Unter seiner Führung hat der amerikanische Mischkonzern General Electric (GE) außerordentlichen finanziellen Erfolg erreicht. "In vielerlei Hinsicht sind GE und Jack Welch Paradebeispiele einer modernen leistungsorientierten Organisation und dementsprechender Führung - aggressiv bis zur Rücksichtslosigkeit, klug und sehr erfolgreich", schreibt Frederic Laloux in seinem Werk "Reinventing Organizations (Neuerfindung von Organisationen) - ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit". Der ehemalige McKinsey-Partner Laloux hält nicht viel von Welch. Schon der Titel dessen Management-Buches "Winning" spreche Bände über den grundlegenden Antrieb moderner Organisationen.
"Das Buch von Welch ist beispielhaft für ein ganzes Genre von Businessbüchern, die den Lesern ein Geheimnis versprechen, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, Gewinne zu maximieren und die Konkurrenten auszuschalten", stellt Laloux fest. "Aber eines fehlt in diesen Büchern: der Sinn, dem die Organisationen dienen. Warum ist das Gewinnen sinnvoll? Warum gibt es überhaupt Organisationen und warum ist es richtig, ihnen unsere Energie, Talente und Kreativität zu geben?" Für Welch besteht die Verpflichtung des Managers nicht darin, einem Sinn in der Welt zu dienen, sondern den Gewinn für die Eigentümer ("Shareholder-Value") zu maximieren.
Seit einiger Zeit entsteht eine neue Perspektive, das Stakeholder-Modell. "Hier wird davon ausgegangen, dass Unternehmen nicht nur eine Verantwortung gegenüber Investoren haben, sondern auch gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Zulieferern, dem regionalen Umfeld, der Umwelt und anderen Interessengruppen", fasst Laloux zusammen: Die Leitung einer Organisation muss also zwischen den oft miteinander in Konflikt stehenden Bedürfnissen dieser Interessengruppen vermitteln.
Doch auch dieses Modell ist inzwischen schon wieder von gestern. Denn in einem nächsten Schritt - der "integralen evolutionären Perspektive" - werden Organisationen nicht länger als Eigentum betrachtet, das unterschiedlichen Interessengruppen dient. Die Organisation wird vielmehr als ein Energiefeld, ein "emergierendes Potential", eine Lebensform gesehen, die ihrem eigenen revolutionären Sinn folgt. Diese Perspektive ist so neu und so anders, dass sie schwer zu verstehen ist.
Kann eine Strategie organisch aus der kollektiven Intelligenz der selbstführenden Mitarbeiter entstehen? Wird das Konzept der Konkurrenz irrelevant, wenn die Konkurrenten integriert statt bekämpft werden? Und der Gewinn? Laloux: "Das ist eine unwichtige Kennzahl. Der Gewinn wird sich natürlicherweise einstellen, wenn das Richtige getan wird."
Das klingt alles esoterisch. Doch Laloux beschreibt 12 Organisationen, die sich in dieser Weise evolutionär entwickeln und dabei erfolgreich sind, darunter in Deutschland die Kliniken Heiligenfeld oder die Evangelische Schule Berlin Zentrum. Die Fallstudien zeigen, dass evolutionäre Organisationen vollständig ohne Hierarchie funktionieren, allerdings auch ohne Konsens.
Entscheidungen werden nicht von einem Management, sondern von derjenigen Person getroffen, die an der Maschine oder beim Kunden steht. Es gibt keine Vorgesetzten, kein mittleres Management, keinen Vorstand und wenig Besprechungen, kein Organigramm und keine Stellenbeschreibung. Selbstfindung ermöglicht Projektarbeit. Die Mitarbeiter organisieren sich selbst, sie treffen Entscheidungen darüber, was getan werden muss, lösen Konflikte und vereinbaren Arbeits- und Urlaubszeiten. Die Unternehmensführung übernimmt dabei die Funktion, den Rahmen zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter selbst organisieren können.
Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter, der einen neuen Drucker braucht, der 50 Euro kostet, muss nicht die IT-Abteilung um Erlaubnis fragen, auf das grüne Licht von seinem Vorgesetzten hoffen und dann Wochen warten, bis der Drucker geliefert wird. Stattdessen kann er einfach zu einem Elektronikmarkt fahren und einen Drucker kaufen. Was aber geschieht mit den Mengenrabatten? "Wie so oft lautet die Antwort: Wir können darauf vertrauen, dass die Menschen im Rahmen der Selbstführung die richtigen Entscheidungen treffen", prognostiziert Laloux: "Bei Gütern, wo die Mengenrabatte so lukrativ sind, dass man sie nicht aufgeben sollte, werden sich Kollegen, die beim gleichen Händler einkaufen, koordinieren."
Wie steht es um die Standardisierung? Es ist beispielsweise sinnvoll, Computer von den gleichen Händlern zu kaufen: "Auch hier kann man sich auf den Beratungsprozess verlassen. Eine Sekretärin, die sich einen neuen Computer kaufen möchte, wird sicher Rat bei einem sachkundigen Mitarbeiter suchen, um sicherzustellen, dass der Computer mit der restlichen IT-Anlage kompatibel ist."
Laloux' Organisationsmodell ist Beschreibung und Utopie zugleich. Es erinnert an "Spiral Dynamics", eine vor 20 Jahren veröffentlichte und seitdem einflussreiche Theorie über die Entwicklung von menschlichen Problemlösungskonzepten. Doch nicht jede Organisation wird zur Neuerfindung taugen. Manche Arbeitnehmer wollen gar keine Autonomie. Nachwuchskräfte können bei einer Selbstorganisation schnell überfordert sein. Trotzdem: Das Buch ist ein kluger Ausblick auf eine neue Form von sinnstiftender Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert.
In 50 Jahren wird dies Allgemeingut sein. Dann wird man über "Reinventing Organizations" so schmunzeln wie heute über Welch - was dieser inzwischen selbst tut: "Genau betrachtet ist Shareholder-Value die blödeste Idee der Welt. Shareholder-Value ist ein Ergebnis, keine Strategie; die wichtigsten Interessengruppen sind die eigenen Mitarbeiter, die eigenen Kunden und die eigenen Produkte."
JOCHEN ZENTHÖFER
Frederic Laloux: Reinventing Organizations. Vahlen, München 2015, 356 Seiten, 39,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Unternehmen als hierarchieloses Energiefeld
Nur wenige Führungskräfte in der Wirtschaft werden zu lebenden Legenden. Jack Welch ist eine davon. Unter seiner Führung hat der amerikanische Mischkonzern General Electric (GE) außerordentlichen finanziellen Erfolg erreicht. "In vielerlei Hinsicht sind GE und Jack Welch Paradebeispiele einer modernen leistungsorientierten Organisation und dementsprechender Führung - aggressiv bis zur Rücksichtslosigkeit, klug und sehr erfolgreich", schreibt Frederic Laloux in seinem Werk "Reinventing Organizations (Neuerfindung von Organisationen) - ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit". Der ehemalige McKinsey-Partner Laloux hält nicht viel von Welch. Schon der Titel dessen Management-Buches "Winning" spreche Bände über den grundlegenden Antrieb moderner Organisationen.
"Das Buch von Welch ist beispielhaft für ein ganzes Genre von Businessbüchern, die den Lesern ein Geheimnis versprechen, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, Gewinne zu maximieren und die Konkurrenten auszuschalten", stellt Laloux fest. "Aber eines fehlt in diesen Büchern: der Sinn, dem die Organisationen dienen. Warum ist das Gewinnen sinnvoll? Warum gibt es überhaupt Organisationen und warum ist es richtig, ihnen unsere Energie, Talente und Kreativität zu geben?" Für Welch besteht die Verpflichtung des Managers nicht darin, einem Sinn in der Welt zu dienen, sondern den Gewinn für die Eigentümer ("Shareholder-Value") zu maximieren.
Seit einiger Zeit entsteht eine neue Perspektive, das Stakeholder-Modell. "Hier wird davon ausgegangen, dass Unternehmen nicht nur eine Verantwortung gegenüber Investoren haben, sondern auch gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Zulieferern, dem regionalen Umfeld, der Umwelt und anderen Interessengruppen", fasst Laloux zusammen: Die Leitung einer Organisation muss also zwischen den oft miteinander in Konflikt stehenden Bedürfnissen dieser Interessengruppen vermitteln.
Doch auch dieses Modell ist inzwischen schon wieder von gestern. Denn in einem nächsten Schritt - der "integralen evolutionären Perspektive" - werden Organisationen nicht länger als Eigentum betrachtet, das unterschiedlichen Interessengruppen dient. Die Organisation wird vielmehr als ein Energiefeld, ein "emergierendes Potential", eine Lebensform gesehen, die ihrem eigenen revolutionären Sinn folgt. Diese Perspektive ist so neu und so anders, dass sie schwer zu verstehen ist.
Kann eine Strategie organisch aus der kollektiven Intelligenz der selbstführenden Mitarbeiter entstehen? Wird das Konzept der Konkurrenz irrelevant, wenn die Konkurrenten integriert statt bekämpft werden? Und der Gewinn? Laloux: "Das ist eine unwichtige Kennzahl. Der Gewinn wird sich natürlicherweise einstellen, wenn das Richtige getan wird."
Das klingt alles esoterisch. Doch Laloux beschreibt 12 Organisationen, die sich in dieser Weise evolutionär entwickeln und dabei erfolgreich sind, darunter in Deutschland die Kliniken Heiligenfeld oder die Evangelische Schule Berlin Zentrum. Die Fallstudien zeigen, dass evolutionäre Organisationen vollständig ohne Hierarchie funktionieren, allerdings auch ohne Konsens.
Entscheidungen werden nicht von einem Management, sondern von derjenigen Person getroffen, die an der Maschine oder beim Kunden steht. Es gibt keine Vorgesetzten, kein mittleres Management, keinen Vorstand und wenig Besprechungen, kein Organigramm und keine Stellenbeschreibung. Selbstfindung ermöglicht Projektarbeit. Die Mitarbeiter organisieren sich selbst, sie treffen Entscheidungen darüber, was getan werden muss, lösen Konflikte und vereinbaren Arbeits- und Urlaubszeiten. Die Unternehmensführung übernimmt dabei die Funktion, den Rahmen zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter selbst organisieren können.
Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter, der einen neuen Drucker braucht, der 50 Euro kostet, muss nicht die IT-Abteilung um Erlaubnis fragen, auf das grüne Licht von seinem Vorgesetzten hoffen und dann Wochen warten, bis der Drucker geliefert wird. Stattdessen kann er einfach zu einem Elektronikmarkt fahren und einen Drucker kaufen. Was aber geschieht mit den Mengenrabatten? "Wie so oft lautet die Antwort: Wir können darauf vertrauen, dass die Menschen im Rahmen der Selbstführung die richtigen Entscheidungen treffen", prognostiziert Laloux: "Bei Gütern, wo die Mengenrabatte so lukrativ sind, dass man sie nicht aufgeben sollte, werden sich Kollegen, die beim gleichen Händler einkaufen, koordinieren."
Wie steht es um die Standardisierung? Es ist beispielsweise sinnvoll, Computer von den gleichen Händlern zu kaufen: "Auch hier kann man sich auf den Beratungsprozess verlassen. Eine Sekretärin, die sich einen neuen Computer kaufen möchte, wird sicher Rat bei einem sachkundigen Mitarbeiter suchen, um sicherzustellen, dass der Computer mit der restlichen IT-Anlage kompatibel ist."
Laloux' Organisationsmodell ist Beschreibung und Utopie zugleich. Es erinnert an "Spiral Dynamics", eine vor 20 Jahren veröffentlichte und seitdem einflussreiche Theorie über die Entwicklung von menschlichen Problemlösungskonzepten. Doch nicht jede Organisation wird zur Neuerfindung taugen. Manche Arbeitnehmer wollen gar keine Autonomie. Nachwuchskräfte können bei einer Selbstorganisation schnell überfordert sein. Trotzdem: Das Buch ist ein kluger Ausblick auf eine neue Form von sinnstiftender Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert.
In 50 Jahren wird dies Allgemeingut sein. Dann wird man über "Reinventing Organizations" so schmunzeln wie heute über Welch - was dieser inzwischen selbst tut: "Genau betrachtet ist Shareholder-Value die blödeste Idee der Welt. Shareholder-Value ist ein Ergebnis, keine Strategie; die wichtigsten Interessengruppen sind die eigenen Mitarbeiter, die eigenen Kunden und die eigenen Produkte."
JOCHEN ZENTHÖFER
Frederic Laloux: Reinventing Organizations. Vahlen, München 2015, 356 Seiten, 39,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main