Philosophische Spekulation und satirische Science-Fiction verschmelzen in Gaston de Pawlowskis 1912 erschienenem Roman Reise ins Land der vierten Dimension zu einer einzigartigen Zukunftsvision. Unerklärliche Ereignisse im Leben des namenlos bleibenden Erzählers offenbaren ihm schrittweise einen höheren Bewusstseinszustand, in dem Raum und Zeit aufgehoben sind: die vierte Dimension. Auf seiner Reise durch die Zukunft erlebt er seine eigene Gegenwart als das "Zeitalter des Leviathan", in dem die Homogenisierung aller Menschen und Lebensbereiche das Zerrbild einer wahren Vereinigung der Geister hervorgebracht hat, besucht das "wissenschaftliche Zeitalter" unter der Diktatur der Zwölf Absoluten Weisen, deren stets grotesk scheiternde Erfindungen die Grenzen des Materialismus aufzeigen, und gewährt dem Leser schließlich einen Ausblick auf die große idealistische Renaissance, das "Zeitalter des Goldenen Adlers", in dem die vierte Dimension allen Menschen zugänglich geworden ist. Ob essich um touristische Seelenwanderungen zwischen Körpern, eiserne Läuse, die Flugzeuge befallen, oder hypertrophe Riesenbakterien handelt: Schwarzer Humor und surreale Übersteigerung haben Pawlowskis futuristischen Phantasien eine überraschende Modernität verliehen. Die Allmacht der Wissenschaft, die Vereinigung von Mensch und Maschine, die mögliche Androgynisierung der Geschlechter und die allgemeine Vernetzung des Bewusstseins sind nur einige der aktuellen Fragen, die er vorausgeahnt hat.Von Marcel Duchamp gelesen und im selben Jahr wie Albert Gleizes' und Jean Metzingers Schrift Vom Kubismus veröffentlicht, ist Pawlowskis Werk nicht zuletzt ein wichtiges Dokument der Kunst- und Kulturgeschichte.