Ein Tagebuch, das die vielen Facetten einer Pilgerreise schildert
Am 3. März 2009 zog der Salzburger Alfred Berghammer von Salzburg los, stampfte durch Schnee, manchmal noch durch Tiefschnee, fuhr den Arlberg mit Skier ins Vorarlbergische ab, kämpfte sich durch schlammige Pilgerwege und
übernachtete in Pilgerherbergen mit schnarchenden Mitpilgern. Von Salzburg bis Santander in Nordspanien…mehrEin Tagebuch, das die vielen Facetten einer Pilgerreise schildert
Am 3. März 2009 zog der Salzburger Alfred Berghammer von Salzburg los, stampfte durch Schnee, manchmal noch durch Tiefschnee, fuhr den Arlberg mit Skier ins Vorarlbergische ab, kämpfte sich durch schlammige Pilgerwege und übernachtete in Pilgerherbergen mit schnarchenden Mitpilgern. Von Salzburg bis Santander in Nordspanien ging er alleine bis auf ein paar Tage in der Schweiz, an denen ihn seine Frau Sissi begleitete. Ab Santander war sie dann wieder dabei und beide trafen am 9. Juni in Santiago de Compostela ein.
Eines fällt sofort beim Lesen dieses Buches auf, das auch optisch einem Tagebuch ähnlich mit Harteinband und mit Gummiband zum sicheren Schließen gestaltet wurde: Berghammer hat alle 189 Seiten so geschrieben, dass keine Tagesbeschreibung einer anderen gleicht. Anders ausgedrückt, der pensionierte Personalchef vom Land Salzburg, schreibt wortgewaltig und überwiegend beeindruckend und bildhaft. Und noch etwas fällt wohltuend auf. Berghammer erzählt nicht nur von seinen persönlichen Empfindungen und Erlebnissen sondern schildert auch über Landschaft und beschreibt historisch interessante Plätze. Das ist insofern erwähnenswert als ich schon andere Jakobspilgerbücher gelesen hatte, in denen Land, Leute und Geschichte Nebensache sind oder gar nicht vorkommen. Doch Berghammer nimmt den Leser auf seinem Weg sehr bildlich und gut beschrieben mit.
Wie mir scheint, hatte er seine liebe Not mit dem Französischen, was zu mancher Verwirrung bei den Quartierpreisen für Übernachtungen führte. Auch dass er für seine Brille mehrere Stunden eine Tagesstrecke zurück radelte (… wo er doch gar keines dabei hatte) und sie letztlich ganz woanders fand, ist eine der vielen Geschichten, die Berghammer sprachlich durchaus gekonnt schildert. Aber er wird niemals zu langatmig. Der Leser erfährt viel ohne jedoch überladen zu werden. Weder von persönlichen Gedanken noch von Beschreibungen der Tagesabläufe.
Über manche Eigenheiten des Herrn Hofrats auf Pilgerschaft lässt sich schmunzeln. So wollte er wirklich die gesamten 2 700 Kilometer zu Fuß zurücklegen, was er an einigen ganz wenigen Tagen so praktizierte: Müde von den Strapazen des Tages, ließ er sich einmal die letzten fünf Kilometer mit dem Taxi zur Herberge fahren., am nächsten Morgen wieder mit dem Taxi an jenen Punkt zurück, an dem er es Vortags bestiegen hatte und wanderte weiter. Manche Eigenheiten muss man aus seiner Religiosität heraus verstehen. So jausnete er lieber bei strömenden Regen im Freien als sich, wie andere Pilger, in ein wettergeschütztes Kircheninnere zu begeben. Er war aber trotzdem durchaus ein moderner Jakobswegpilger. Manchmal gönnte er sich eine Übernachtung in einem Hotel, da so manche Herberge doch sehr einfach war. Wobei er schon auch mal dafür 80 Euro oder mehr bezahlen musste.
Da ich die Gebiete Nordspaniens teilweise kenne, die Berghammer zu Fuß durchwanderte, konnte ich gerade diesen Beschreibungen sehr gut folgen. Und in diesem Punkt sind wir uns beide einig: ab der französischen Grenze bis Oviedo entlang des Golfes von Biscaya sind wohl die schönsten Wege des Jakobweges (und Spaniens, in meinen Augen).
Auf den letzten Seiten schildert Berghammer, was aus seinen persönlichen Erwartungen wurde und lässt den Leser an ganz persönlichen Gedanken teilhaben. Ein Tagebuch mit vielen Facetten, das durch zahlreiche meist aussagekräftigen Bildern ergänzt, ein anschauliches Bild von einer Pilgereise von Salzburg nach Santiago de Compostela gibt.