Marion Gräfin Dönhoff ist als Journalistin in die Geschichte eingegangen. Was kaum jemand weiß: Sie war auch eine leidenschaftliche Fotografin. Friedrich Dönhoff, Autor des Bestsellers "Die Welt ist so, wie man sie sieht. Erinnerungen an Marion Dönhoff", würdigt ein bislang unbekanntes Talent der Gräfin.
Am Anfang steht ein vergilbtes Pappkästchen mit der handschriftlichen Notiz von Marion Dönhoff: "Albanien und Jugoslawien". Darin fand Friedrich Dönhoff fünfzehn Rollen Negative: Fotos der legendären Reisen, von denen seine Tante oft erzählt hatte. Im weißen Cabrio bereiste sie mit ihrer Schwester Yvonne ganz Europa - in den dreißiger Jahren eine Sensation. Immer mit dabei: Marions geliebte Leica, die sie 1928 zum Abitur geschenkt bekommen hatte. Die Aufnahmen jener Jahre sind auch nach fünfundsiebzig Jahren von bester Qualität: Eine vergangene Welt lebt wieder auf, mit dem Blick von Marion Dönhoff festgehalten.
Später gab sie die Fotografie bewusst zugunsten des Schreibens auf: "Wenn man es richtig machen will, kann man als Journalistin nicht sowohl fotografieren als auch schreiben." Anfang der sechziger Jahre entschied sie sich, die Leica für immer zu Hause zu lassen.
Dank Friedrich Dönhoff ist es nun möglich, einen Eindruck von der geopferten Kunst zu gewinnen. Das Buch zeigt Aufnahmen aus vier Jahrzehnten - von Ostpreußen und dem Balkan über den Mittleren Osten bis nach Afrika. Die Bilder werden von Reisereportagen Marion Dönhoffs und bislang unveröffentlichten Texten aus dem Familienarchiv begleitet.
Am Anfang steht ein vergilbtes Pappkästchen mit der handschriftlichen Notiz von Marion Dönhoff: "Albanien und Jugoslawien". Darin fand Friedrich Dönhoff fünfzehn Rollen Negative: Fotos der legendären Reisen, von denen seine Tante oft erzählt hatte. Im weißen Cabrio bereiste sie mit ihrer Schwester Yvonne ganz Europa - in den dreißiger Jahren eine Sensation. Immer mit dabei: Marions geliebte Leica, die sie 1928 zum Abitur geschenkt bekommen hatte. Die Aufnahmen jener Jahre sind auch nach fünfundsiebzig Jahren von bester Qualität: Eine vergangene Welt lebt wieder auf, mit dem Blick von Marion Dönhoff festgehalten.
Später gab sie die Fotografie bewusst zugunsten des Schreibens auf: "Wenn man es richtig machen will, kann man als Journalistin nicht sowohl fotografieren als auch schreiben." Anfang der sechziger Jahre entschied sie sich, die Leica für immer zu Hause zu lassen.
Dank Friedrich Dönhoff ist es nun möglich, einen Eindruck von der geopferten Kunst zu gewinnen. Das Buch zeigt Aufnahmen aus vier Jahrzehnten - von Ostpreußen und dem Balkan über den Mittleren Osten bis nach Afrika. Die Bilder werden von Reisereportagen Marion Dönhoffs und bislang unveröffentlichten Texten aus dem Familienarchiv begleitet.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der Rezensent mit dem Kürzel "tg" entdeckt in diesen, postum von ihrem Großneffen publizierten Fotografien Marion Gräfin Dönhoffs "den instinktiven Blick für das Einzigartige und Außergewöhnliche, einer Situation", der aus seiner Sicht große Fotografen auszeichnet. Beim Betrachten der Fotos dieses Bandes fragt er sich bald, ob Dönhoff nicht auch als Fotografin eine große Karriere hätte machen können, wenn sie sich nicht für das Schreiben entschieden hätte. Auf den Schwarz-Weiß-Fotografien fand der Rezensent beredt eine Welt in Erinnerung gerufen, die aus seiner Sicht für das Verständnis der Gegenwart unverzichtbar ist: nämlich in Szenen aus Moskau, dem Balkan, Afrika oder Masuren. Eingerahmt sind die Fotografien "tg" zufolge von einigen Reisereportagen und Berichten, in deren Zentrum er jene analytische Nüchternheit stehen sieht, die Dönhoff seiner Meinung nach zu einer unüberhörbaren Stimme im politischen Leben der Bundesrepublik gemacht habe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2005Unüberhörbare Stimme
Irgendwann 1963 hat Marion Gräfin Dönhoff die Kamera, die sie fünfunddreißig Jahre lang auf ihren Reisen begleitet hatte, aus der Hand gelegt. "Wenn man es als Journalist richtig machen will, muß man sich entscheiden: schreiben oder fotografieren", soll sie damals gesagt haben. So jedenfalls erzählt es Friedrich Dönhoff, der diesen Band mit Bildern seiner berühmten Großtante herausgegeben hat. Zum Glück hat sie sich für das Schreiben entschieden, aber was hier zu sehen ist, läßt die Spekulation zu, ob die politische Journalistin, Buchautorin und spätere Chefredakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit" nicht auch eine andere Karriere gemacht hätte, denn was sie gesehen und auf das heute längst altmodisch gewordene Zelluloid gebannt hat, beweist den instinktiven Blick für das Einzigartige und Außergewöhnliche einer Situation, der große Fotografen auszeichnet. Diesem Blick ist es zu verdanken, daß all die Szenen auf dem Balkan, in Moskau, in Afrika oder in Masuren beredte Zeitzeugnisse sind und - in nichts beschönigendem Schwarzweiß - eine Welt in Erinnerung rufen, die für das Verständnis der Gegenwart wichtig ist. Umrahmt werden die Fotos von einigen Reisereportagen und Berichten. Sie entstanden, als es nach einer jahrzehntelangen erzwungenen Abstinenz wieder möglich war, die Erde - wenn auch noch ziemlich mühselig und als Abenteuer geltend - von allen Seiten zu betrachten. Diese große, frische Neugier ist nahezu in jedem Satz zu spüren. Deutlich anzumerken ist diesen Texten, daß weniger feuilletonistische Empfindungen im Vordergrund stehen, sondern sie von jener analytischen Nüchternheit geprägt sind, die Marion Gräfin Dönhoff zu einer Autorität und zu einer unüberhörbaren Stimme im politischen Leben der Bundesrepublik gemacht haben. Aber es sind auf jeden Fall Geschichten, die über den Tag hinaus Bedeutung haben.
tg
"Reisebilder - Fotografien und Texte aus vier Jahrzehnten von Marion Gräfin Dönhoff" herausgegeben von Friedrich Dönhoff. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2004. 272 Seiten, 165 Fotos. Gebunden, 24,90 Euro. ISBN 3-455-09459-7.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Irgendwann 1963 hat Marion Gräfin Dönhoff die Kamera, die sie fünfunddreißig Jahre lang auf ihren Reisen begleitet hatte, aus der Hand gelegt. "Wenn man es als Journalist richtig machen will, muß man sich entscheiden: schreiben oder fotografieren", soll sie damals gesagt haben. So jedenfalls erzählt es Friedrich Dönhoff, der diesen Band mit Bildern seiner berühmten Großtante herausgegeben hat. Zum Glück hat sie sich für das Schreiben entschieden, aber was hier zu sehen ist, läßt die Spekulation zu, ob die politische Journalistin, Buchautorin und spätere Chefredakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit" nicht auch eine andere Karriere gemacht hätte, denn was sie gesehen und auf das heute längst altmodisch gewordene Zelluloid gebannt hat, beweist den instinktiven Blick für das Einzigartige und Außergewöhnliche einer Situation, der große Fotografen auszeichnet. Diesem Blick ist es zu verdanken, daß all die Szenen auf dem Balkan, in Moskau, in Afrika oder in Masuren beredte Zeitzeugnisse sind und - in nichts beschönigendem Schwarzweiß - eine Welt in Erinnerung rufen, die für das Verständnis der Gegenwart wichtig ist. Umrahmt werden die Fotos von einigen Reisereportagen und Berichten. Sie entstanden, als es nach einer jahrzehntelangen erzwungenen Abstinenz wieder möglich war, die Erde - wenn auch noch ziemlich mühselig und als Abenteuer geltend - von allen Seiten zu betrachten. Diese große, frische Neugier ist nahezu in jedem Satz zu spüren. Deutlich anzumerken ist diesen Texten, daß weniger feuilletonistische Empfindungen im Vordergrund stehen, sondern sie von jener analytischen Nüchternheit geprägt sind, die Marion Gräfin Dönhoff zu einer Autorität und zu einer unüberhörbaren Stimme im politischen Leben der Bundesrepublik gemacht haben. Aber es sind auf jeden Fall Geschichten, die über den Tag hinaus Bedeutung haben.
tg
"Reisebilder - Fotografien und Texte aus vier Jahrzehnten von Marion Gräfin Dönhoff" herausgegeben von Friedrich Dönhoff. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2004. 272 Seiten, 165 Fotos. Gebunden, 24,90 Euro. ISBN 3-455-09459-7.
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