So viele Erzählungen, wie das Jahr Monate hat: so viele Erzählungen legt Tove Jansson in diesem kleinen Band vor. Mit ihrer symbolischen Aufladung suggeriert die Zahl 12 einerseits Vollkommenheit im Sinne von Ganzheit und andererseits Einheit. Vielleicht ist das eine unorthodoxe Art der
Herangehensweise, aber es erweist sich als durchaus reizvoll, sich den Texten auf diese Weise zu nähern.
Geht…mehrSo viele Erzählungen, wie das Jahr Monate hat: so viele Erzählungen legt Tove Jansson in diesem kleinen Band vor. Mit ihrer symbolischen Aufladung suggeriert die Zahl 12 einerseits Vollkommenheit im Sinne von Ganzheit und andererseits Einheit. Vielleicht ist das eine unorthodoxe Art der Herangehensweise, aber es erweist sich als durchaus reizvoll, sich den Texten auf diese Weise zu nähern.
Geht man also mit dieser Zahlensymbolik an die Geschichtensammlung heran, erschließt sich dem Leser der Anspruch der Ganzheit recht schnell. Die Geschichten spielen zu Wasser, am Wasser und zu Lande, in der nordischen Heimat der Autorin und anderen Ländern Europas, auf dem Land und in der Stadt. Sie spielen in der Gegenwart, aber auch in einer Dystopie. Die Protagonisten sind Männer, Frauen und auch Kinder, sie leben alleine, in einer Lebensgemeinschaft oder einer Familie, und alle Lebensphasen von der Kindheit bis zum hohen Alter sind vertreten.
Wie sieht es mit der Einheit aus?
Alle Geschichten werden zusammengebunden durch einen gemeinsamen zugrundeliegenden Inhalt, der in unterschiedlichsten Variationen vorgestellt wird. Immer sind es Menschen, die sich bewegen: auf andere zu, aber auch von anderen weg. Die Bewegungen finden konkret statt: die Menschen reisen, sie besuchen Freunde, Familienangehörige oder umgekehrt: sie entfernen sich aus diesen Bindungen und suchen ihr persönliches Neuland. Sie versuchen eine Flucht vor den alltäglichen Gewohnheiten und Strukturen; nicht immer erfolgreich.
Einige dieser Reisen führen zu bitteren Erkenntnissen: z. B. zur Erkenntnis der emotionalen Kälte und Empathielosigkeit des Ehemannes in der Erzählung „Der Tod des Sportlehrers“. Eine besonders bittere Erkenntnis wird in „Die Möwen“ thematisiert: ein überreizt nervöser Mann erträgt die Naturverbundenheit und Heiterkeit seiner Frau nicht und reagiert mit erschreckender Aggressivität, die sich äußerlich gegen die Möwen richtet – wenn er nicht einer Möwe den Namen seiner Frau geben würde... Die Titelgeschichte „Reisen mit leichtem Gepäck“ lässt den Leser ebenfalls nachdenklich zurück. Da ist ein Mensch, der sich von allen Bindungen des Alltags befreit hat, seine Heimat hinter sich lässt und sich auf Reisen begibt, um dann mit dem Gepäck im konkreten und auch übertragenen Sinn seiner Mitreisenden konfrontiert und belastet zu werden. Auch in anderen Geschichten wird klar, dass der Reisende nicht seinem eigentlichen Wesen entfliehen kann. Zwischenmenschliche Beziehungen verändern sich, belasten und erfreuen, verändern die gewohnten Familienstrukturen und lassen junge Menschen erwachsen werden.
Tove Jansson erzählt ihre Geschichten in leichtem Ton, aber unter dieser leichtfüßig-eleganten sprachlichen Gestaltung verbirgt sich oft ein bitterer Humor. Die Autorin beobachtet ihre Mitmenschen sehr genau, aber immer mit einem wohlwollenden, niemals abwertendem Blick.
Und das macht das Buch so lesenswert: eine kluge Autorin, ein verständnisvoller Blick auf ihre Mitmenschen, und über jede Geschichte kann man sich als Leser seine eigenen Gedanken machen.
Fazit: Ein gedankenreiches Buch mit klugen Beobachtungen unserer Mit-Menschen.