REISEN - Neue Gerüche, neue Geschmäcker, andere Spielregeln.
Niemand kennt uns, niemand verbindet unser Gesicht mit einem Namen. Unsere alte Identität hat keine Gültigkeit mehr. Wir werden mit neuen Augen gesehen und betrachtet, und wir sehen und betrachten selbst mit neuen Augen. Wir fühlen uns freier, lebendiger, unsere Sinne erwachen, unsere Vorurteile werden abgebaut. Doch das ständige Weggehen läßt sich auch als Wiederholungszwang entlarven, der mit Freiheit nichts zu tun hat, als eine Flucht vor uns selbst.
UND BLEIBEN - Der eine geht auf Reisen, doch eingesponnen in seinen eigenen Kokon bewegt er sich nicht von der Stelle. Der andere bewegt sich und legt lange Wege zurück, ohne je sein Zimmer zu verlassen. Ist es am Ende unerheblich, ob man reist oder bleibt?
Andrea Bocconi nimmt uns mit auf eine kunterbunte Reise
durch die unzähligen Facetten und Aspekte des Reisens und Bleibens.
Niemand kennt uns, niemand verbindet unser Gesicht mit einem Namen. Unsere alte Identität hat keine Gültigkeit mehr. Wir werden mit neuen Augen gesehen und betrachtet, und wir sehen und betrachten selbst mit neuen Augen. Wir fühlen uns freier, lebendiger, unsere Sinne erwachen, unsere Vorurteile werden abgebaut. Doch das ständige Weggehen läßt sich auch als Wiederholungszwang entlarven, der mit Freiheit nichts zu tun hat, als eine Flucht vor uns selbst.
UND BLEIBEN - Der eine geht auf Reisen, doch eingesponnen in seinen eigenen Kokon bewegt er sich nicht von der Stelle. Der andere bewegt sich und legt lange Wege zurück, ohne je sein Zimmer zu verlassen. Ist es am Ende unerheblich, ob man reist oder bleibt?
Andrea Bocconi nimmt uns mit auf eine kunterbunte Reise
durch die unzähligen Facetten und Aspekte des Reisens und Bleibens.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2007Therapeutisches Reisen
Andrea Bocconi ist nie ohne seine Seele unterwegs
Andrea Bocconi aus Arezzo ist ein Mann, mit dem das Reisen, therapeutisch gesprochen, wahnsinnig viel gemacht hat. Er hat ein Buch darüber geschrieben, wie es ist, wenn einen die Fremde im Innersten berührt; wenn man in fernen Städten Begegnungen mit Menschen hat; wenn man den „Geschichten und dem Rauschen des Windes lauscht”, solche Sachen. Kurz gesagt: „Reisen und bleiben” ist ein Brevier der mobilen Gefühligkeit. Jede Reise ist ein erhabener Ausflug in die Metaphysik, bei welchem man „alle Möglichkeiten des Seins ausprobiert”, und überhaupt spiegelt jeder Trip nach Java oder Kalkutta grundsätzlich den ewigen Kreislauf des Lebens wider, darunter geht überhaupt nichts.
Natürlich hat Bocconi sein Reflexionsbüchlein beflissen nach Themenfeldern geordnet; man erfährt ein bisschen etwas über die am Eroberungserfolg gemessene Reiselust der Altvorderen sowie den Snobismus der Heutigen, die zwanghaft den Ehrentitel „Reisender” gegen den des törichten Touristen behaupten wollen. Hin und wieder gibt es sogar Stellen, wo Bocconi zu einer richtigen Kulturkritik des Tourismus ansetzt, zum Beispiel wenn er vom globalen Supermarkt redet, zu welchem die Reiseziele mittelfristig verschmelzen könnten. Aber ehe er den interessanten Gedanken ausbauen kann, kommt ihm wieder das Prickeln beim Kofferpacken dazwischen oder irgendein seelisches Gleichgewicht, das unbedingt ausgependelt werden muss. Das Wort Seele baumelt wie verrückt durch die Seiten, alles, was man sieht und schmeckt und riecht, wird zum transzendentalen Ereignis. Bocconis Gewährsleute sind die üblichen Verdächtigen von Laotse über Chatwin bis hin zu Saint-Exupéry mit seiner kaum haltbaren Behauptung, man sehe nur mit dem Herzen gut.
Zwischen seine Meditationen streut Bocconi immer wieder Interviews mit Reisenden, Ethnologen und Dokumentarfilmern, die psychotrope Pflanzen verzehren, vorzüglich „in sich selbst reisen”, beziehungsweise das Reisen als „mentale Parallaxe” begreifen. Es ist schwierig, aus diesem Strom von Erfahrungsrausch ein paar handfeste Kieselsteine zu fischen. Vielleicht kann man die kleine Hommage an Bruce Chatwin dazu zählen, in der es um die Cahiers molesquines geht. Als die schwarzen Notizbücher eines Tages vergriffen waren, ahnte Chatwin, dass seine Reisephase vorbei war. HILMAR KLUTE
Andrea Bocconi
Reisen und bleiben
Aus dem Italienischen von Susanne Van Volxem. Dörlemann Verlag, Zürich 2007. 240 Seiten, 19,80 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Andrea Bocconi ist nie ohne seine Seele unterwegs
Andrea Bocconi aus Arezzo ist ein Mann, mit dem das Reisen, therapeutisch gesprochen, wahnsinnig viel gemacht hat. Er hat ein Buch darüber geschrieben, wie es ist, wenn einen die Fremde im Innersten berührt; wenn man in fernen Städten Begegnungen mit Menschen hat; wenn man den „Geschichten und dem Rauschen des Windes lauscht”, solche Sachen. Kurz gesagt: „Reisen und bleiben” ist ein Brevier der mobilen Gefühligkeit. Jede Reise ist ein erhabener Ausflug in die Metaphysik, bei welchem man „alle Möglichkeiten des Seins ausprobiert”, und überhaupt spiegelt jeder Trip nach Java oder Kalkutta grundsätzlich den ewigen Kreislauf des Lebens wider, darunter geht überhaupt nichts.
Natürlich hat Bocconi sein Reflexionsbüchlein beflissen nach Themenfeldern geordnet; man erfährt ein bisschen etwas über die am Eroberungserfolg gemessene Reiselust der Altvorderen sowie den Snobismus der Heutigen, die zwanghaft den Ehrentitel „Reisender” gegen den des törichten Touristen behaupten wollen. Hin und wieder gibt es sogar Stellen, wo Bocconi zu einer richtigen Kulturkritik des Tourismus ansetzt, zum Beispiel wenn er vom globalen Supermarkt redet, zu welchem die Reiseziele mittelfristig verschmelzen könnten. Aber ehe er den interessanten Gedanken ausbauen kann, kommt ihm wieder das Prickeln beim Kofferpacken dazwischen oder irgendein seelisches Gleichgewicht, das unbedingt ausgependelt werden muss. Das Wort Seele baumelt wie verrückt durch die Seiten, alles, was man sieht und schmeckt und riecht, wird zum transzendentalen Ereignis. Bocconis Gewährsleute sind die üblichen Verdächtigen von Laotse über Chatwin bis hin zu Saint-Exupéry mit seiner kaum haltbaren Behauptung, man sehe nur mit dem Herzen gut.
Zwischen seine Meditationen streut Bocconi immer wieder Interviews mit Reisenden, Ethnologen und Dokumentarfilmern, die psychotrope Pflanzen verzehren, vorzüglich „in sich selbst reisen”, beziehungsweise das Reisen als „mentale Parallaxe” begreifen. Es ist schwierig, aus diesem Strom von Erfahrungsrausch ein paar handfeste Kieselsteine zu fischen. Vielleicht kann man die kleine Hommage an Bruce Chatwin dazu zählen, in der es um die Cahiers molesquines geht. Als die schwarzen Notizbücher eines Tages vergriffen waren, ahnte Chatwin, dass seine Reisephase vorbei war. HILMAR KLUTE
Andrea Bocconi
Reisen und bleiben
Aus dem Italienischen von Susanne Van Volxem. Dörlemann Verlag, Zürich 2007. 240 Seiten, 19,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Obwohl es wahrlich mehr als genug Venedig-Fotobände gibt, lassen sich auf den Aufnahmen von Christoph Lohfert und Rainer Groothuis unvertraute Seiten der Lagunenstadt entdecken, lobt Kristina Maidt-Zinke erfreut. Nicht nur, dass sich die Fotografen auf Schwarz-Weiß-Aufnahmen beschränken, lässt Venedig in neuem Licht erscheinen, auch die Standpunkte, die ein besonderes Interesse am Schrägen, Nachtseitigen und mitunter Hässlichen bekunden, gefallen der Rezensentin. Ihr haben offensichtlich besonders die Aufnahmen der raren Venezianer sehr imponiert, die eine große Einsamkeit ausstrahlen. Wenn es nach der Rezensentin gegangen wäre, hätten die ebenfalls enthaltenen Karnevalsfotos gar nicht Not getan, die ohnehin nur ein Klischee transportieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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