Dies kein Buch für Stubenhocker, Agoraphobe oder Reisemuffel. Und dennoch geht es um eine besondere Art von Stubenhockern: um Zimmerreisende. Das sind Menschen, die einen oder mehrere Tage lang ihr Zimmer regelrecht bereisen, sowie ihre Verwandten, die es immerhin bis hinaus auf die Straße bringen. Unendliche Weiten der Nähe tun sich auf, die mit einem Blick erforscht werden, als hätte man die vertrauten Räume nie zuvor gesehen. Das Buch ist ein reich illustrierter historischer Reiseführer durch einen Topos der Literatur mit Gefährten wie de Maistre, Kierkegaard, Baudelaire, Robbe-Grillet, Handke, Cortázar und gibt Einblick in die über zweihundertjährige Geschichte einer Fortbewegungsart, die, ohne vom Fleck zu kommen, vieles in Bewegung setzt.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die Reise in die nächste Nähe vermag uns sogar an den Tod zu gewöhnen, meint Angela Gutzeit und findet Bernd Stieglers Kulturgeschichte der Zimmerreisen einfach wunderbar. Und so praktisch. Wie Stiegler unserer Rezensentin in 21 Etappen chronologisch zu vermitteln vermag, hat dieses Abenteuer bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Waren es früher Flaneure oder ein sich an Dioramen erfreuendes Bürgertum, erläutert der Autor der Rezensentin heutige Methoden der "Zimmerreise" anhand künstlerischer wie technischer (das Internet!) Innovationen. Nur die gesellschaftspolitischen Hintergründe der Einkehr (Moderne, Krieg), die hätte Gutzeit mitunter gern etwas ausführlicher erklärt bekommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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