Die Kunstgeschichte hat eine eigentümliche Opposition entwickelt und lange festgeschrieben: die Alternative von historischem oder ästhetischem Bildumgang. Diese Opposition von Kunst oder Geschichte verstellt jedoch die Janusköpfigkeit kunsthistorischen Arbeitens: Die Geschichte ist kunsthistorisch genauso unhintergehbar wie die Sinnlichkeit. Wenn sich das Fach aus dieser Spannung konstituiert, wie kann es mit diesen Prämissen angemessen umgehen? Die vorliegende Arbeit diskutiert dies ausführlich an Rembrandts Anatomie des Dr. Tulp. Gerade in der Deutungsgeschichte dieses Bildes zeigt sich die Alternative von Kunst oder Geschichte besonders deutlich. Gegen diese Opposition wird hier gefragt, ob nicht aus den ästhetisch gewonnenen Erkennntisleistungen der Kunst, wie sie beispielsweise die Ikonik Imdahls entwickelt hat, ein Brückenschlag zu einer historischen Erfahrung möglich ist. In dieser Perspektive ist die Rembrandtsche Anatomie kein Spiegel ihrer Zeit, sondern eröffnet Erfahrungen von Geschichte, wie sie allein vom Bild aus zugänglich werden.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
In "gespannter" Erwartung hat Rezensent Robert Jütte Claus Volkenandts Dissertation über Rembrandts berühmtes Gemälde "Die Anatomie des Dr. Tulp" zur Hand genommen. "Keine leichte Aufgabe" sei es, diesem Gemälde neue Aspekte abzugewinnen, so Jütte, da bereits "dicke Bücher" und "Hunderte von Aufsätzen" dazu vorliegen. Der informierte Rezensent lässt die wichtigsten Arbeiten Revue passieren, um dann Volkenandts "theoriegesättigte" Studie zu loben, weil sie den Vorarbeiten "ausführlich" Rechnung trage. Allerdings trübte die Verwendung von Originalzitaten Jüttes "Lesegenuss enorm", besonders das "deutsch-niederländische Kauderwelsch" missfiel ihm. Außerdem ärgerten ihn die zahlreichen "philosophischen Versatzstücke", mit denen Volkenandt seine Thesen "verdunkelt". Auch dem theoretischen Ansatz Volkenandts, zwischen "ästhetischen" und "historischen" Interpretationen zu vermitteln, konnte Jütte nichts abgewinnen. Für sein Befinden wird damit nur ein "künstlicher Graben zwischen Kunst und Geschichte" aufgeworfen. Statt dessen, so empfiehlt Jütte, hätte Volkenandt besser die Perspektive des "heutigen" Betrachters wählen sollen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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