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Mariannes Vater ist gestorben. Aus ihrer eigenen, erwachsenen Existenz kehrt die junge Geologin dahin zurück, wo Mutter und Bruder noch leben, in ein altes Haus am See, tief in der mecklenburgischen Provinz. Nur ein paar Tage will sie bleiben, bis nach der Beerdigung. Doch was sie glaubte, lange hinter sich gelassen zu haben, holt sie wieder ein. Eine Familiengeschichte voller stummer Tragödien. Ihr Vater war ein gebrochener Tyrann, ihre Mutter duldete und schwieg. Schicht um Schicht trägt Marianne ab. Zum Vorschein kommt, wie Verletzungen durch Krieg und Unfreiheit persönliche Schicksale…mehr

Produktbeschreibung
Mariannes Vater ist gestorben. Aus ihrer eigenen, erwachsenen Existenz kehrt die junge Geologin dahin zurück, wo Mutter und Bruder noch leben, in ein altes Haus am See, tief in der mecklenburgischen Provinz. Nur ein paar Tage will sie bleiben, bis nach der Beerdigung. Doch was sie glaubte, lange hinter sich gelassen zu haben, holt sie wieder ein. Eine Familiengeschichte voller stummer Tragödien. Ihr Vater war ein gebrochener Tyrann, ihre Mutter duldete und schwieg. Schicht um Schicht trägt Marianne ab. Zum Vorschein kommt, wie Verletzungen durch Krieg und Unfreiheit persönliche Schicksale prägen. Kerstin Preiwuß lässt dabei nicht der Bitterkeit das letzte Wort. Mit großem Verständnis für das menschliche Drama erzählt sie von Verletzungen, die Generationen überdauern. Ein Debüt wie lange nicht - sprachmächtig, klug und mit nachhallenden Bildern.
Autorenporträt
Kerstin Preiwuß wurde 1980 in Lübz geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Leipzig. Seit dem Wintersemester 2021 hat sie den Lehrstuhl für »Literarische Ästhetik« am Deutschen Literaturinstitut Leipzig inne. Die Lyrikerin, Romanautorin und Essayistin promovierte über deutsch-polnische Ortsnamen und debütierte 2006 mit dem Gedichtband »Nachricht von neuen Sternen«, dem der Gedichtband »Rede« (2012) folgte. 2014 erschien ihr vielbeachtetes Romandebüt »Restwärme«, 2016 der Lyrikband »Gespür für Licht« und 2017 ihr zweiter Roman »Nach Onkalo«, der für den Deutschen Buchpreis nominiert war. 2020 erschien der Gedichtband »Taupunkt«. Für ihre Arbeiten wurde sie vielfach ausgezeichnet etwa mit dem Hermann-Lenz-Stipendium, dem Lyrikpreis Meran, dem Eichendorff-Literaturpreis und zuletzt 2020 mit dem Anke-Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreis der Deutschen Schillerstiftung. Kerstin Preiwuß ist seit 2021 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Christoph Schröder muss sich dem Missfallen der Jury der diesjährigen Bachmann-Preis-Verleihung für Kerstin Preiwuß' Debütroman leider anschließen: Alles, was man zu lesen bekommt, ist weder neu oder innovativ, noch gelungen komponiert und angerichtet. So fasst der leicht gelangweilte Kritiker zusammen: Eine junge Frau, Marianne, kehrt zurück in ihr Heimatdorf im provinziellen Mecklenburg-Vorpommern. Anlass ist der Tod des Vaters, der die Protagonistin mit einem Rattenschwanz an Geschichten, Ereignissen und Vorkommnissen konfrontiert. Eine Vergangenheitsbewätigungsflut in düsteren Farben, in einer kaputten Welt, die den schmalen Band zu sprengen und den Leser zu ersticken droht, klagt Schröder. Einzig Preiwuß' Sprache kann der Rezensent ein wenig abgewinnen: In klaren, prosaischen Dialogen und gelungenen Beschreibungen erkenne man das Potenzial der Schriftstellerin und - zwischen all dem DDR-Grau und Schwarz - Schönheit.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.07.2014

In der Verwahrlosungszone
Klagenfurter Nachlese: Kerstin Preiwuß’ düsterer Debütroman „Restwärme“
Die Heimat ist nicht unschuldig; sie lauert,legt Fallstricke aus, in der Natur und in der Erinnerung; ein Gang durch den Garten des Elternhauses, hinunter zum See, „die Gemüsebeete glotzten sie mit Möhren-, Radieschen-, Kohlaugen an, der See besaß Augen, die er nur nicht immer zeigte, sondern unter seinen Wellen wie hinter unzähligen Lidern verbarg.“
  Die Konstellation, die dem Debütroman von Kerstin Preiwuß, bislang ausschließlich als Lyrikerin in Erscheinung getreten, zugrunde liegt, ist hart an der Grenze zum Klischee: Eine Frau, Marianne, kehrt zurück in das Dorf ihrer Kindheit in Mecklenburg-Vorpommern und wird eingeholt von den Bildern der Vergangenheit. Marianne, studierte Geologin und alleinerziehende Mutter, kommt von einem Arbeitstreffen in Neapel; die Mutter hat angerufen, der Vater ist tot.
  Mit einem Auszug aus „Restwärme“ war Preiwuß beim diesjährigen Bachmann-Wettbewerb angetreten, wurde von der Jury durchaus mit Lob bedacht und kam trotz schwächerer Konkurrenz doch nicht einmal in die Endauswahl. Jetzt, da man das Buch im Ganzen lesen kann, bestätigt sich der Verdacht, den bereits der Auszug nahelegte: Als Roman scheitert „Restwärme“ an einer heillosen Überinstrumentierung. Kein Text erträgt auf einer Strecke von 240 Seiten eine derartige Zusammenballung von Motiven: Vier Generationen in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis in die Jetztzeit, Krieg und Versehrung mitsamt den daraus folgenden Traumata, Nationalsozialismus, Sozialismus und dessen Zerbröseln, familiäre Gewalt und obendrein noch die komplett funktionslose Andeutung eines frühen inzestuösen Verhältnisses zwischen Marianne und ihrem jüngeren Bruder Hans, gezeugt noch im Wochenbett in einem viehischen Akt und aus Enttäuschung darüber, dass das erstgeborene Kind ein Mädchen war.
  Entfernt erinnert „Restwärme“ an „Das Mädchen“ und „April“, die beiden letzten Romane von Angelika Klüssendorf. Auch sie waren angesiedelt in einer großen amoralischen Verwahrlosungszone namens DDR; auch in ihnen bewegte sich eine jugendliche Antiheldin in einem von sozialen Grausamkeiten geprägten Szenario. Alles ist dunkel und beschädigt, allen voran Marianne selbst, aber auch die mächtige Gegenfigur, der Vater, ein Alkoholiker, der, so wird es angedeutet, möglicherweise in einer historischen Kontinuität erst im Dritten Reich und später dann in der DDR ein gewisses Raffinement in der Tötung von Lebewesen entwickelt hat, zuletzt auf einer großen Nerzfarm. Dort war es seine Aufgabe, die Tiere zu vergasen. Die Analogie ist offensichtlich, wenn nicht gar aufdringlich; das gilt hier auch für das Funktionsprinzip von Erinnerung, die sozusagen anlassbezogen an die Oberfläche schießt. Man bedenke: Marianne ist Geologin und forscht an Vulkanen.
  Das ist die eine Seite. Der Kontrapunkt dazu sind die kargen, der Lähmung abgerungenen Dialoge, vor allem aber Kerstin Preiwuß’ Genauigkeit in der Beschreibung der Natur. Sie kann plastisch und facettenreich zugleich von der Kristallbildung im Winter erzählen, von Gewicht und Farbe der unterschiedlichen Apfelsorten, und auch die Passage über das Leben und Sterben die Nerze ist auf einem sprachlichen Niveau, das wenige Debütanten haben. In der Präzision und im Vokabelreichtum blitzt dann doch augenblicksweise Schönheit auf.
CHRISTOPH SCHRÖDER
        
  
  
  
  
Kerstin Preiwuß:
Restwärme. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2014.
224 Seiten, 18,99 Euro,
E-Book 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Kerstin Preiwuß zwingt ihre Leser genau hinzuschauen, in eine Seelenlandschaft, deren Archaik sie in eine verstörende Schönheit übersetzt hat.« Claudia Kramatschek Deutschlandfunk "Büchermarkt" 20141203