Produktdetails
- Verlag: Campus Verlag
- Seitenzahl: 292
- Abmessung: 210mm
- Gewicht: 386g
- ISBN-13: 9783593359915
- Artikelnr.: 24180161
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.1999Wenn die Fenster automatisch schließen
Technikgeneseforschung am Beispiel des "Intelligent Home"
Wolfgang Glatzer u. a.: Revolution in der Haushaltstechnologie. Die Entstehung des Intelligent Home. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1998, 292 Seiten, 78 DM.
Tagtäglich erscheinen Meldungen über technische Neuerungen in der Elektronik. Sie betreffen nicht nur die Vorreiterindustrien der Hochtechnologie, sondern finden ihren Niederschlag überall im alltäglichen Leben. Die eigenen vier Wände bilden da keine Ausnahme: Zu Hause bieten sich viele Möglichkeiten für die Vernetzung vorhandener elektrischer Geräte.
"Intelligent Home" nennt die Wissenschaft ein solch vernetztes Gebäude. Darin werden beispielsweise Heizungsanlagen, Hausgeräte, Beleuchtungskörper, Fenster und Türen in einem elektronischen System zusammengeschlossen. Verbunden sind sie - physisch, per Funk oder Infrarot - mit einem sogenannten Kommunikationsbus, der durch seinen Netzaufbau die Verständigung zwischen den einzelnen Komponenten des Netzes und die Steuerung des Systems gewährleistet. Automatisch lassen sich damit Zeiten niedriger Stromtarife für Hausgeräte nutzen, Fenster bei Regen automatisch schließen oder Räume zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich temperieren.
Der Entstehung dieses vergleichsweise neuen technologischen Anwendungsfeldes hat eine "interdisziplinäre Arbeitsgruppe von SoziologInnen und ÖkonomInnen der Universität Frankfurt/Main" eine Studie gewidmet. Noch ist die Verbreitung der intelligenten Haushaltstechnologie im privaten Bereich selten. Es ist das Interesse der Wissenschaftlergruppe. auf der Grundlage neuerer ökonomischer und soziologischer Innovationstheorien beispielhaft nachzuvollziehen, wie sich technischer Fortschritt verwirklicht.
Das Buch beginnt mit einer umfänglichen Bestandsaufnahme: Auf welcher technologischen Basis gründet die Intelligent-Home-Technologie? Welche ökonomischen und soziologischen Ansätze der Innovationstheorie können zur theoretischen Untermauerung der Untersuchung herangezogen werden? Welche Übereinstimmungen und Besonderheiten ergeben sich beim Vergleich der Projekte in den Vereinigten Staaten, in Japan und Europa?
Um eine Vorstellung von der Methode der beteiligten Akteure zu erhalten, haben die Wissenschaftler zahlreiche Interviews mit Beteiligten geführt. Auf dieser Grundlage unterscheiden sie zwei Entwicklungsschritte: Während der sogenannten Dekontextualisierungsphase wird das gesellschaftliche Problem heruntergebrochen auf technische Lösungsvorschläge. Diese müssen im Rahmen der anschließenden Rekontextualisierung zu marktfähigen Lösungen werden. Hierbei konzentriert sich die empirische Untersuchung auf die Verbreitung von "Hausnotrufsystemen". An den Erfahrungen mit dem System, einem Spezialfall der Vernetzung, überprüfen die Wissenschaftler ihre Hypothesen und ziehen Schlüsse bezüglich der Genese des Intelligent Home. Technologie, theoretische Ansätze, Überprüfung der Hypothesen und Ergebnisse werden im Rahmen der Untersuchung interessant beschrieben; sie sind auch für den Laien gut nachvollziehbar.
Im Hinblick auf die beteiligten Akteure kommen die Autoren zu einem überraschenden Ergebnis. Erwartet worden war, daß ein Haupthindernis der Marktdurchdringung die zögernde Akzeptanz der Nutzer darstelle. Die größere Hürde scheint jedoch bei den Anbietern zu liegen. Zur Realisierung eines sich selbst regelnden Haushalts müssen zahlreiche Akteure zusammenarbeiten - Anbieter des Kommunikationsnetzes, Haushaltsgerätehersteller, Installateure, Architekten. Die Kooperation stößt jedoch bei den Beteiligten auf Widerstand. Jeder einzelne verharrt in seinem "technologischen Paradigma". Zudem können die Bedürfnisse der Kunden auch mit den vorhandenen Möglichkeiten noch befriedigt werden. Die Alternative (hier die Entscheidung für die Einordnung in ein intelligentes Netzwerk anstelle der Individualstrategie) ist dagegen mit dem Risiko verbunden, sich für den mittelfristig falschen Standard zu entscheiden. Das Fazit lautet: Die große technische Revolution im Haushalt wird wohl noch auf sich warten lassen.
CLAUDIA WANNER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Technikgeneseforschung am Beispiel des "Intelligent Home"
Wolfgang Glatzer u. a.: Revolution in der Haushaltstechnologie. Die Entstehung des Intelligent Home. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1998, 292 Seiten, 78 DM.
Tagtäglich erscheinen Meldungen über technische Neuerungen in der Elektronik. Sie betreffen nicht nur die Vorreiterindustrien der Hochtechnologie, sondern finden ihren Niederschlag überall im alltäglichen Leben. Die eigenen vier Wände bilden da keine Ausnahme: Zu Hause bieten sich viele Möglichkeiten für die Vernetzung vorhandener elektrischer Geräte.
"Intelligent Home" nennt die Wissenschaft ein solch vernetztes Gebäude. Darin werden beispielsweise Heizungsanlagen, Hausgeräte, Beleuchtungskörper, Fenster und Türen in einem elektronischen System zusammengeschlossen. Verbunden sind sie - physisch, per Funk oder Infrarot - mit einem sogenannten Kommunikationsbus, der durch seinen Netzaufbau die Verständigung zwischen den einzelnen Komponenten des Netzes und die Steuerung des Systems gewährleistet. Automatisch lassen sich damit Zeiten niedriger Stromtarife für Hausgeräte nutzen, Fenster bei Regen automatisch schließen oder Räume zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich temperieren.
Der Entstehung dieses vergleichsweise neuen technologischen Anwendungsfeldes hat eine "interdisziplinäre Arbeitsgruppe von SoziologInnen und ÖkonomInnen der Universität Frankfurt/Main" eine Studie gewidmet. Noch ist die Verbreitung der intelligenten Haushaltstechnologie im privaten Bereich selten. Es ist das Interesse der Wissenschaftlergruppe. auf der Grundlage neuerer ökonomischer und soziologischer Innovationstheorien beispielhaft nachzuvollziehen, wie sich technischer Fortschritt verwirklicht.
Das Buch beginnt mit einer umfänglichen Bestandsaufnahme: Auf welcher technologischen Basis gründet die Intelligent-Home-Technologie? Welche ökonomischen und soziologischen Ansätze der Innovationstheorie können zur theoretischen Untermauerung der Untersuchung herangezogen werden? Welche Übereinstimmungen und Besonderheiten ergeben sich beim Vergleich der Projekte in den Vereinigten Staaten, in Japan und Europa?
Um eine Vorstellung von der Methode der beteiligten Akteure zu erhalten, haben die Wissenschaftler zahlreiche Interviews mit Beteiligten geführt. Auf dieser Grundlage unterscheiden sie zwei Entwicklungsschritte: Während der sogenannten Dekontextualisierungsphase wird das gesellschaftliche Problem heruntergebrochen auf technische Lösungsvorschläge. Diese müssen im Rahmen der anschließenden Rekontextualisierung zu marktfähigen Lösungen werden. Hierbei konzentriert sich die empirische Untersuchung auf die Verbreitung von "Hausnotrufsystemen". An den Erfahrungen mit dem System, einem Spezialfall der Vernetzung, überprüfen die Wissenschaftler ihre Hypothesen und ziehen Schlüsse bezüglich der Genese des Intelligent Home. Technologie, theoretische Ansätze, Überprüfung der Hypothesen und Ergebnisse werden im Rahmen der Untersuchung interessant beschrieben; sie sind auch für den Laien gut nachvollziehbar.
Im Hinblick auf die beteiligten Akteure kommen die Autoren zu einem überraschenden Ergebnis. Erwartet worden war, daß ein Haupthindernis der Marktdurchdringung die zögernde Akzeptanz der Nutzer darstelle. Die größere Hürde scheint jedoch bei den Anbietern zu liegen. Zur Realisierung eines sich selbst regelnden Haushalts müssen zahlreiche Akteure zusammenarbeiten - Anbieter des Kommunikationsnetzes, Haushaltsgerätehersteller, Installateure, Architekten. Die Kooperation stößt jedoch bei den Beteiligten auf Widerstand. Jeder einzelne verharrt in seinem "technologischen Paradigma". Zudem können die Bedürfnisse der Kunden auch mit den vorhandenen Möglichkeiten noch befriedigt werden. Die Alternative (hier die Entscheidung für die Einordnung in ein intelligentes Netzwerk anstelle der Individualstrategie) ist dagegen mit dem Risiko verbunden, sich für den mittelfristig falschen Standard zu entscheiden. Das Fazit lautet: Die große technische Revolution im Haushalt wird wohl noch auf sich warten lassen.
CLAUDIA WANNER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main