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Die Schlüsselwörter dieser Aufsatzsammlung, Revolution und Konterrevolution, die ihr auch den Titel gaben, haben Menschen oft beschäftigt. Eine Revolution ist dann unvermeidlich, wenn die vormals Herrschenden sich mit „halben“ Reformen zufriedengeben, um ihre Macht zu retten. Rechtzeitige Reformen, die eine Gesellschaft modernisieren, können hingegen überkommene Macht- und Besitzverhältnisse noch lange bewahren. Manche Historiker betonen, dies sei einer der Lektionen gewesen, die der Kapitalismus besonders seit 1945 gelernt habe. Es waren Unvermögen und Mangel an Willen zur Reform, der dem…mehr

Produktbeschreibung
Die Schlüsselwörter dieser Aufsatzsammlung, Revolution und Konterrevolution, die ihr auch den Titel gaben, haben Menschen oft beschäftigt. Eine Revolution ist dann unvermeidlich, wenn die vormals Herrschenden sich mit „halben“ Reformen zufriedengeben, um ihre Macht zu retten. Rechtzeitige Reformen, die eine Gesellschaft modernisieren, können hingegen überkommene Macht- und Besitzverhältnisse noch lange bewahren. Manche Historiker betonen, dies sei einer der Lektionen gewesen, die der Kapitalismus besonders seit 1945 gelernt habe. Es waren Unvermögen und Mangel an Willen zur Reform, der dem sowjetischen Entwicklungsmodell, wie wir heute wissen, den Weg in die falsche Richtung wiesen. Einer Minderheit unter Kommunisten wurde dies schon vor dem Zweiten Weltkrieg bewusst. Zu ihnen gehört Theodor Bergmann, der am 7. März 2016 seinen 100. Geburtstag begehen kann. Als Jugendlicher wurde er bereits 1929 in der Jugendorganisation der KPO, der Kommunistischen Partei-Opposition, politisch tätig. Die KPO hielt an einer revolutionären Entwicklungsperspektive der Gesellschaft fest, was hieß: an der Ablösung des Kapitalismus durch eine sozialistische Ordnung. Doch könne dies nur Ergebnis einer Mehrheitsentscheidung der Menschen sein. Nur die Gewinnung politischer Mehrheiten verhindere, dass die Kräfte der alten Ordnung das Rad der Geschichte zurückdrehen könnten. Dreh- und Angelpunkt jedes gesellschaftlichen Fortschritts aber sei ein Sozialismus, der die bürgerlichen Freiheitsrechte nicht nur bewahre, sondern ins Ökonomische ausweite. In Stalins Sowjetunion sei hingegen die sozialistische Demokratie abgestorben und durch eine „zentralisierte staatliche Zwangsarbeit“ ersetzt worden, schrieb August Thalheimer, der wichtigste Theoretiker der KPO. Die Allmacht des Staates habe dort eine Stufe erreicht, wie selbst „nicht in den faschistischen Staaten oder den Diktaturen lateinamerikanischen Stils.“ Ob „die atomisierten Arbeiter ein selbstbestimmendes und kollektiv handelndes Ganzes werden im Widerstand und Kampf gegen die allmächtige Staatsmaschinerie“, sei offen. „Eine Lösung dieses Widerspruchs ist auch der Untergang dieses ersten großen Versuches, im großen Maßstab den Horizont der kapitalistischen Gesellschaft zu überschreiten.“[1] Da die bürgerliche Revolution in Russland 1917 unfähig zur Gesellschaftsreform war, sie an der Friedens- wie der Land- und der Nationalitätenfrage scheiterte, folgte eine neue Revolution. Doch auch diese zerbrach an ihrer wichtigsten Aufgabe, deren Bedeutung sie zudem kaum erkannte: demokratische Freiheitsrechte in einer sozialistisch-demokratischen Ordnung zu bewahren und zu fördern. In Deutschland erfüllte die Novemberrevolution 1918 nicht einmal alle notwendigen Aufgaben einer bürgerlichen Revolution; und aus der Tatsache zweier historisch steckengebliebener Revolutionen bei Anwachsen sozialistischer Zukunftswünsche erwuchs eine gegen-zivilisatorische Bewegung der Konterrevolution: der Faschismus. Revolution und Konterrevolution bestimmten das Leben Theodor Bergmanns zwischen Gewalt und Humanität. Um diese Antipoden geht es in den Aufsätzen des hier vorliegenden Buches. Neben Sachthemen wenden sie sich auch Freunden und Genossen des Jubilars zu, so Paul Böttcher, Ernst Engelberg, Wolfgang Ruge, Gert Schäfer und Nathan Steinberger, mit denen Theo Bergmann gemeinsam arbeitete, kämpfte und bisweilen auch stritt. Von wenigen älteren Beiträgen abgesehen, entstanden die hier wieder oder erstmals abgedruckten Essays in den Jahren 2010 bis 2016. Sie wurden in Einzelfällen behutsam ergänzt und, wo nötig, mit Anmerkungen versehen.