Die hier vorgelegten Revolutionsetüden rücken so dicht wie möglich an die französische Revolution heran, namentlich an die großen journées der Jahre 1792/93, und zeigen, wie die bedeutendsten deutschen Autoren vom Weltereignis der Revolution gezwungen werden, ihre Position zu bestimmen. Sie beobachten Schiller als Leser des Moniteur, der den Prozeß gegen Ludwig XVI. in allen Details wiedergibt, namentlich die großen Reden von Montagne und Gironde. Sie entdecken in Goethes Natürlicher Tochter eine erschütternde Verarbeitung der Septembermorde, die Goethe als Teilnehmer an der Campagne der Koalitionstruppen im Feldlager zur Kenntnis nehmen muß. Kleists umstrittene Hermannsschlacht erweist sich schließlich als Sammelbecken revolutionärer Reminiszenzen, die auch sonst in seinem Werk lauern und dessen Atrozitäten untermauern.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Schlicht und einfach das aufregendste Buch eines Meisterphilologen entdeckt Gustav Seibt in Hans-Jürgen Schings' Versuch einer Philologie des Schreckens anhand von Schiller, Goethe und Kleist. Das Thema ist eigentlich durch, weiß Seibt. Umso mehr überrascht es ihn, dass es dem Autor dank seines kriminalistischen Gespürs gelingt, bei Schiller, in Kleists "Hermannschlacht" oder Goethes "Natürlicher Tochter" Momente einer Dialektik zwischen Schrecken und Aufklärung zu entdecken und dem Leser erzählerisch, argumentativ, und philologisch gekonnt zu zeigen, wie sich in der Klassik bereits die Schrecken des 20. Jahrhunderts ankündigen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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