Krimitipp „Reykjavík“ Wenn die isländische Premierministerin einen Krimi schreibt, zusammen mit einem höchst erfolgreichen isländischen Krimiautor, dann will dieses Buch so gut wie jeder in Island lesen. Nun erscheint der Bestseller „Reykjavík“ von Katrín Jakobsdóttir und Ragnar Jónasson auf Deutsch. Jónasson ist u. a. Autor der „Hulda-Trilogie“, einem internationalen Erfolg, übersetzt in über 20 Sprachen.
Für alle Ermittler gibt es Fälle, die sie nie loslassen. Ungelöste Fälle. Für Kristján Kristjánsson ist dies der Fall Lára. Ein 15-jähriges Mädchen verschwindet. Aber nicht spät nachts auf dem Nachhauseweg, sondern auf der winzigen Insel Viðey, direkt vor der Küste bei Reykjavík. Genau zwei Menschen leben auf Viðey: das angesehene Ehepaar, Óttar Óskarsson, Anwalt am Obersten Gerichtshof, und seine Frau Ólöf Blöndal. Lára Marteinsdóttir war bei dem Ehepaar in den Sommerferien als Haushaltshilfe beschäftigt. Und verschwand. Damals, im August 1956, war der noch junge Polizist Kristján auf dem Weg nach Viðey. Doch Óttar und Ólöf beteuern, dass Lára beschlossen habe zu gehen. Nichts sei passiert. Ein ungutes Gefühl schon damals, doch Kristjáns Chef beordert ihn zurück. Ólöf Blöndal hat einflussreiche Freunde, auch bei der Polizei ...
Das Schicksal von Lára bleibt ungeklärt. Lebt sie noch? Oder ist sie tot, und wenn ja, was geschah und wo starb sie? Ganz Island kennt den Fall Lára. Alle zehn Jahre nach Láras Verschwinden berichten die Zeitungen. Meist interviewen sie auch Kristján, so 1966 und 1976. Kristján ist das unangenehm, denn er weiß, dass er damals nicht sein Bestes gegeben hat, es wurde ihm nicht erlaubt, der aussichtsreichsten Spur nachzugehen. Doch manchmal, wenn man glaubt, alles würde für immer so bleiben, taucht jemand auf, der dem Lauf der Dinge eine andere Wendung gibt. Und genau das passiert im August 1986.
Der junge Journalist Valur Róbertsson weiß noch nichts von seiner Rolle, auch nicht davon, dass sein Leben bald in Gefahr sein wird. Aktuell schreibt er für eine Boulevard-Wochenzeitung. Aber er hat Ziele, will der beste Enthüllungsjournalist Islands werden. Und so rollt auch er den Fall Lára zum 30. Jahrestag wieder auf. Immer noch ist das Interesse an der Geschichte in Island groß, und die Zeitung verkauft sich reißend. Sunna Róbertsdóttir ist Valurs Schwester. Sie studiert vergleichende Literaturwissenschaft, und sie und Valur stehen sich sehr nahe. Mindestens einmal pro Woche treffen sie sich im „Mokka“ bei Kaffee und Waffeln und tauschen sich aus. Gerade klagt Valur sein Leid, denn er hat den Fall Lára als Serie konzipiert, muss also kontinuierlich liefern. Doch sein nächster geplanter Gesprächspartner, Kristján Kristjánsson, ruft einfach nicht zurück. Soll er vielleicht doch auf die Insel Viðey fahren zu Óttar Óskarsson und seiner Frau? Bisher hat Valur nichts wirklich Neues herausgefunden, obwohl er akribisch recherchiert hat.
Dann kommen die Dinge in Bewegung. Plötzlich ein Anruf in der Redaktion. Eine Frau. Sie sagt, sie wolle Valur helfen. Und dass das Mädchen Besseres verdient habe. Eine Verrückte? Oder doch eine ernstzunehmende Zeugin? Die Frau nennt sich Julia und behauptet, Lára sei nicht mehr am Leben. „Sie wurde getötet. Das weiß ich sicher.“ Valur kann das alles noch nicht glauben. Dann taucht ein Name auf, ein Mann, den Valur vielleicht mal besuchen sollte. Ein Mann mit besten Beziehungen, ein wichtiger Immobilienunternehmer. Ein weiterer anonymer Hinweis folgt. Jemand will, dass Valur den Fall löst. Doch dann passiert etwas vollkommen Unerwartetes, und alles gerät außer Kontrolle. Wie nun weitermachen? Was oder wer steckt hinter all dem? Wer will, dass der Fall Lára nicht aufgeklärt wird?
Das prominente Autorenduo hat diesen Thriller Agatha Christie gewidmet. Katrin Jakobsdóttir und Ragnar Jónasson verehren beide die legendäre Autorin. Dass „Reykjavík“ an einen klassischen Christie-Krimi erinnert, überrascht also nicht. Es ist ein Buch für Fans eines wirklich gut erzählten (Cold-Case-)Kriminalfalls: Ein spannender Fall mit einem alles verändernden Ereignis in der Mitte des Buches. Die Figuren sind wunderbar erzählt, gleichzeitig ist dieser Krimi auch ein Gesellschaftsporträt – und mündet in ein absolut überzeugendes Finale.
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