Wasser und Wein - Geschichten von Romantik, Reben und Revoluzzern
Riesling, Eltville, Günderode und der im Tal sich windende Fluss - kulturtragendes Handwerk, Romantik, Dramatik und Naturschauspiel bilden die Bühne für Eva Demskis empfindsames Buch über eine der spannendsten Landschaften Deutschlands. Persönlich, poetisch, ein literarischer Genuss.
Riesling, Eltville, Günderode und der im Tal sich windende Fluss - kulturtragendes Handwerk, Romantik, Dramatik und Naturschauspiel bilden die Bühne für Eva Demskis empfindsames Buch über eine der spannendsten Landschaften Deutschlands. Persönlich, poetisch, ein literarischer Genuss.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2012Es ist noch Tag auf der Terrasse
Der Rheingau, die liebliche Landschaft zwischen Wiesbaden und Lorchhausen, wird immer wieder zur Zielscheibe literaturbeflissener Akteure. Aber nicht alles, was gedruckt wird, überlebt; vieles verraucht im Gesäusel blinder Gefühlsduselei. Doch diesmal hat das geschichtsträchtige Wein- und Kulturland Glück. "Rheingau" von Eva Demski ist eine wohlabgewogene Hommage an diese Landschaft am Rhein - eine gelungene Mischung aus kritischer Distanz und ehrlicher Begeisterung. Der Leser profitiert davon, dass die Schriftstellerin die Wiege der Rheinromantik von Kind auf kennt, dass sie häufig Gast zwischen den "vier Grundpfeilern der Romantik - Burg, Bach, Mühle und Wald - ist. Sie erinnert sich an ein "Paradies voll freundlicher Erwachsener, die immer in einer leichten goldenen Wolke zu schweben schienen", wo immer jemand ein Fläschchen aufgemacht habe. Das Paradies, so kann man später lesen, hat sich allerdings nicht immer von seiner paradiesischen Seite gezeigt. Eva Demski beschönigt nichts, sie nennt die Dinge beim Namen: zum Beispiel die Nazi-Verbrechen in der Heil- und Pflegeanstalt Eichelberg zwischen 1933 und 1945, die in den publizitätsträchtigen Büchern über das gelobte Land am Rhein meist verschwiegen werden. Letztlich aber bleibt das Positive; die Huldigung nimmt keinen Schaden - trotz der Kritik, die den Text wohltuend würzt. Eine Liebeserklärung der höheren Art spendet Demski der Stadt Eltville mit ihrem sehenswerten Rosengarten: "Man hat dort einfach kein schlechtes Gewissen. Eltville hat etwas Schwelgerisches, Leichtsinniges, Wein, Sekt und Rosen ..." Und auch für den Rheingauer Musiksommer findet die Autorin den richtigen Ton, wobei sie sich ungeniert für die "bürgerliche Kultur" starkmacht - für jenen Begriff, den nur noch "sehr Gestrige" verwendeten -, "im selbstgerecht angeekelten Ton von einst". Aber auch jene werden schließlich beglückt das lesenswerte Rheingau-Büchlein aus der Hand legen, die zu der Gattung Mensch zählen, die unbeirrt für die Drosselgasse in Rüdesheim, die oft geächtete Touristenattraktion im Rheingau, schwärmen. Einen "Kurort gegen misanthropische Anwandlungen" nennt Eva Demski die Drosselgasse, "in der jeder so falsch singen darf, wie er will".
Do.
"Rheingau" von Eva Demski. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2011. 125 Seiten. Gebunden, 15 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Rheingau, die liebliche Landschaft zwischen Wiesbaden und Lorchhausen, wird immer wieder zur Zielscheibe literaturbeflissener Akteure. Aber nicht alles, was gedruckt wird, überlebt; vieles verraucht im Gesäusel blinder Gefühlsduselei. Doch diesmal hat das geschichtsträchtige Wein- und Kulturland Glück. "Rheingau" von Eva Demski ist eine wohlabgewogene Hommage an diese Landschaft am Rhein - eine gelungene Mischung aus kritischer Distanz und ehrlicher Begeisterung. Der Leser profitiert davon, dass die Schriftstellerin die Wiege der Rheinromantik von Kind auf kennt, dass sie häufig Gast zwischen den "vier Grundpfeilern der Romantik - Burg, Bach, Mühle und Wald - ist. Sie erinnert sich an ein "Paradies voll freundlicher Erwachsener, die immer in einer leichten goldenen Wolke zu schweben schienen", wo immer jemand ein Fläschchen aufgemacht habe. Das Paradies, so kann man später lesen, hat sich allerdings nicht immer von seiner paradiesischen Seite gezeigt. Eva Demski beschönigt nichts, sie nennt die Dinge beim Namen: zum Beispiel die Nazi-Verbrechen in der Heil- und Pflegeanstalt Eichelberg zwischen 1933 und 1945, die in den publizitätsträchtigen Büchern über das gelobte Land am Rhein meist verschwiegen werden. Letztlich aber bleibt das Positive; die Huldigung nimmt keinen Schaden - trotz der Kritik, die den Text wohltuend würzt. Eine Liebeserklärung der höheren Art spendet Demski der Stadt Eltville mit ihrem sehenswerten Rosengarten: "Man hat dort einfach kein schlechtes Gewissen. Eltville hat etwas Schwelgerisches, Leichtsinniges, Wein, Sekt und Rosen ..." Und auch für den Rheingauer Musiksommer findet die Autorin den richtigen Ton, wobei sie sich ungeniert für die "bürgerliche Kultur" starkmacht - für jenen Begriff, den nur noch "sehr Gestrige" verwendeten -, "im selbstgerecht angeekelten Ton von einst". Aber auch jene werden schließlich beglückt das lesenswerte Rheingau-Büchlein aus der Hand legen, die zu der Gattung Mensch zählen, die unbeirrt für die Drosselgasse in Rüdesheim, die oft geächtete Touristenattraktion im Rheingau, schwärmen. Einen "Kurort gegen misanthropische Anwandlungen" nennt Eva Demski die Drosselgasse, "in der jeder so falsch singen darf, wie er will".
Do.
"Rheingau" von Eva Demski. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2011. 125 Seiten. Gebunden, 15 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Nach der Lektüre von Eva Demskis ebenso klugem wie unterhaltsamem Reisebuch "Rheingau" schaut Rezensent Stefan Fischer mit anderen Augen auf die Rheinlandschaft, die ihm zuvor nur als "gewaltiger Sehnsuchtsort" erschien. Differenziert blicke die Autorin nicht nur auf ihre Kindheitserinnerungen zurück, sondern bereise auch die heutige Landschaft und beobachte die Menschen. Die Bewohner der Rheinlandschaft seien doch weniger engstirnig als angenommen, erfährt der Kritiker, immerhin habe man der Selbstmörderin Karoline von Günderode hier nicht die Bestattung in geweihter Erde verwehrt. Auch den Vorurteilen gegenüber der Rheinromantik oder dem Rotwein der Gegend kann sich die Autorin nicht recht anschließen. Dank Demskis genauer und bedachter Beobachtung entdeckt der Kritiker in diesem vielschichtigen Text eine "ganze Welt im Winzigen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein herausragendes Büchlein.« Aargauer Zeitung, 16.11.2011