Produktdetails
- Verlag: Kehl-Verlag
- 3., bearb. u. erw. Aufl.
- Seitenzahl: 472
- Abmessung: 205mm
- Gewicht: 860g
- ISBN-13: 9783935651004
- Artikelnr.: 13798587
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2005Viel Dom und wenig Römer
Den Mainzern wird ein gutmütiges Wesen nachgesagt, aber auch sie haben ihre Schmerzgrenze. Diese ist überschritten, wenn Ortsfremde die Stadt der Pfalz zuschlagen. Der Irrtum mag darin begründet sein, daß der Landstrich Rheinhessen weniger bekannt ist als das Bundesland Rheinland-Pfalz und dessen Hauptstadt Mainz. Was es mit dem Hügelland im Rheinknie kulturell und geschichtlich auf sich hat, erklärt Volker Gallé im "Kunst-Reiseführer Rheinhessen".
Der Führer erschien erstmals 1992, damals noch bei DuMont in Köln. Offenbar hatten die Kölner kein Interesse an einer Neuauflage, und so nahm sich der Stefan Kehl Verlag der Aufgabe an, eine dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage herauszugeben. Sie ähnelt aber weiterhin den Kunstreiseführern der DuMont-Reihe. Neben vielen Farbbildern wird eine Übersichtskarte und ein Plan der Mainzer Innenstadt geboten. Im Anhang sind Fachbegriffe erläutert und Reiseinformationen zusammengestellt.
Dem auch als Mundartautor und Liedermacher auftretenden Gallé ist daran gelegen, den typischen Charakter der Landschaft zwischen Worms und Bingen, Mainz und Alzey herauszuarbeiten. Das ist nicht eben leicht, gibt doch schon der Name Anlaß zur Verwirrung. Dessen hessischer Anteil stammt aus dem 19. Jahrhundert. Während das nördlich gelegene Rheinland preußisch und die südlich angrenzende Pfalz bayerisch war, gehörte das "Land der tausend Hügel" zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Die Zugehörigkeit zu Hessen endete erst 1945 mit der Grenzziehung der Alliierten, die auch die rechtsrheinischen Stadtteile von Mainz abtrennte.
Andererseits ist Rheinhessen ähnlich wie die Pfalz geprägt vom Weinbau, von der Lage am Rhein und der Nähe zu Frankreich. Diesen kulturellen Einflüssen sind die ersten Kapitel gewidmet. Auf rund 250 Seiten unternimmt Gallé Streifzüge entlang der Rheinfront und durch das Hinterland, in die Nibelungenstadt Worms, nach Alzey oder Bingen.
Mit einem rund 60 Seiten starken Kapitel über Mainz kann der Führer auch als Begleiter durch die Stadt dienen. Dabei zeichnet sich die Darstellung durch eine Fülle von historischen Fakten, Namen und Daten aus. Dies geht freilich zu Lasten der Lesbarkeit. Mit knapp zehn Seiten ist die Beschreibung des Doms sehr ausführlich geraten. Im übrigen gilt das Interesse Gallés vornehmlich dem Mittelalter und der Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert. Ein Faible scheint er für die Revolutionäre der "Mainzer Republik", des Vormärz und der Paulskirchenversammlung zu haben. Dagegen kommt das römische Mainz recht kurz. Noch weniger Beachtung finden Zitadelle, Chagall-Fenster sowie die Nachkriegszeit und deren Bauten.
Abgesehen von dieser einseitigen Gewichtung hätte der Auflage eine Aktualisierung gutgetan. Das freigelegte römische Theater am Südbahnhof erwähnt Gallé nur in einem Nebensatz als einer der "repräsentativen, heute aber nicht mehr erhaltenen Bauten". Dafür erfahren die Leser, daß im Jahr 2000 mit dem Bau des "großen Medien- und Freizeitparks" auf dem Lerchenberg begonnen worden sei. Dabei liegt das Projekt auf Eis und wird wohl nie verwirklicht werden.
MATTHIAS TRAUTSCH
"Kunst-Reiseführer Rheinhessen" von Volker Gallé, 472 Seiten, Verlag Stefan Kehl, Hamm am Rhein 2004, kostet 24 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Den Mainzern wird ein gutmütiges Wesen nachgesagt, aber auch sie haben ihre Schmerzgrenze. Diese ist überschritten, wenn Ortsfremde die Stadt der Pfalz zuschlagen. Der Irrtum mag darin begründet sein, daß der Landstrich Rheinhessen weniger bekannt ist als das Bundesland Rheinland-Pfalz und dessen Hauptstadt Mainz. Was es mit dem Hügelland im Rheinknie kulturell und geschichtlich auf sich hat, erklärt Volker Gallé im "Kunst-Reiseführer Rheinhessen".
Der Führer erschien erstmals 1992, damals noch bei DuMont in Köln. Offenbar hatten die Kölner kein Interesse an einer Neuauflage, und so nahm sich der Stefan Kehl Verlag der Aufgabe an, eine dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage herauszugeben. Sie ähnelt aber weiterhin den Kunstreiseführern der DuMont-Reihe. Neben vielen Farbbildern wird eine Übersichtskarte und ein Plan der Mainzer Innenstadt geboten. Im Anhang sind Fachbegriffe erläutert und Reiseinformationen zusammengestellt.
Dem auch als Mundartautor und Liedermacher auftretenden Gallé ist daran gelegen, den typischen Charakter der Landschaft zwischen Worms und Bingen, Mainz und Alzey herauszuarbeiten. Das ist nicht eben leicht, gibt doch schon der Name Anlaß zur Verwirrung. Dessen hessischer Anteil stammt aus dem 19. Jahrhundert. Während das nördlich gelegene Rheinland preußisch und die südlich angrenzende Pfalz bayerisch war, gehörte das "Land der tausend Hügel" zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Die Zugehörigkeit zu Hessen endete erst 1945 mit der Grenzziehung der Alliierten, die auch die rechtsrheinischen Stadtteile von Mainz abtrennte.
Andererseits ist Rheinhessen ähnlich wie die Pfalz geprägt vom Weinbau, von der Lage am Rhein und der Nähe zu Frankreich. Diesen kulturellen Einflüssen sind die ersten Kapitel gewidmet. Auf rund 250 Seiten unternimmt Gallé Streifzüge entlang der Rheinfront und durch das Hinterland, in die Nibelungenstadt Worms, nach Alzey oder Bingen.
Mit einem rund 60 Seiten starken Kapitel über Mainz kann der Führer auch als Begleiter durch die Stadt dienen. Dabei zeichnet sich die Darstellung durch eine Fülle von historischen Fakten, Namen und Daten aus. Dies geht freilich zu Lasten der Lesbarkeit. Mit knapp zehn Seiten ist die Beschreibung des Doms sehr ausführlich geraten. Im übrigen gilt das Interesse Gallés vornehmlich dem Mittelalter und der Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert. Ein Faible scheint er für die Revolutionäre der "Mainzer Republik", des Vormärz und der Paulskirchenversammlung zu haben. Dagegen kommt das römische Mainz recht kurz. Noch weniger Beachtung finden Zitadelle, Chagall-Fenster sowie die Nachkriegszeit und deren Bauten.
Abgesehen von dieser einseitigen Gewichtung hätte der Auflage eine Aktualisierung gutgetan. Das freigelegte römische Theater am Südbahnhof erwähnt Gallé nur in einem Nebensatz als einer der "repräsentativen, heute aber nicht mehr erhaltenen Bauten". Dafür erfahren die Leser, daß im Jahr 2000 mit dem Bau des "großen Medien- und Freizeitparks" auf dem Lerchenberg begonnen worden sei. Dabei liegt das Projekt auf Eis und wird wohl nie verwirklicht werden.
MATTHIAS TRAUTSCH
"Kunst-Reiseführer Rheinhessen" von Volker Gallé, 472 Seiten, Verlag Stefan Kehl, Hamm am Rhein 2004, kostet 24 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main