Rheinlandschaften war das erste Buch, das 1975 im frisch gegründeten Schirmer/Mosel-Verlag erschien. Damals, vor 40 Jahren, galt die Photographie noch als Stiefkind der Kunstwissenschaften, und nur Insidern dürfte der Name August Sander ein Begriff gewesen sein. Beides hat sich seitdem gründlich geändert. Nach 13 monographischen Publikationen allein in unserem Hause - darunter drei Editionen seines monumentalen Portraitwerks Menschen des 20. Jahrhunderts - gehört August Sander (1876-1964) heute zu den international anerkannten Größen der Photogeschichte.
Die Aufnahmen der Rheinlandschaften entstanden zwischen 1929 und 1946. Nachdem Sanders erste Publikation Antlitz der Zeit von den Nazis beschlagnahmt worden war, wandte er sich der politisch unverfänglicheren Landschaftsphotographie zu und schuf Bilder von ungewöhnlichem atmosphärischen Reiz und hoher technischer Qualität - gleichsam "Portraits" seiner engeren Heimat, die zu den wenigen bemerkenswerten Bildschöpfungen im Deutschland dieser Jahre zählen. Aus gegebenem Anlass hat Wolfgang Kemp, seit 40 Jahren Schirmer/Mosel-Autor, seinen damaligen Text - es war sein erster Text als Kunsthistoriker über Photographie - für die Jubiläumsauflage durch einen neuen ersetzt.
Die Aufnahmen der Rheinlandschaften entstanden zwischen 1929 und 1946. Nachdem Sanders erste Publikation Antlitz der Zeit von den Nazis beschlagnahmt worden war, wandte er sich der politisch unverfänglicheren Landschaftsphotographie zu und schuf Bilder von ungewöhnlichem atmosphärischen Reiz und hoher technischer Qualität - gleichsam "Portraits" seiner engeren Heimat, die zu den wenigen bemerkenswerten Bildschöpfungen im Deutschland dieser Jahre zählen. Aus gegebenem Anlass hat Wolfgang Kemp, seit 40 Jahren Schirmer/Mosel-Autor, seinen damaligen Text - es war sein erster Text als Kunsthistoriker über Photographie - für die Jubiläumsauflage durch einen neuen ersetzt.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die Besprechung von August Sanders Fotografien "Rheinlandschaften" bettet Stephan Speicher in generellere Überlegungen zu romantischer Ästhetik, Landschaftswahrnehmung und Regionalismus. Über den Band selbst informiert er knapp, dass es sich bei ihm um eine Neuauflage handelt, mit einer revidierten Einleitung des Kunsthistorikers Wolfgang Kemp. Sanders Blick auf den Rhein findet der Rezensent bemerkenswert modern: Bilder von Winzern, Schiffern und blonden Frauen seien auf den Bildern nicht zu sehen, statt dessen die Steinbrüche im Siebengebirge und die von Landwirtschaft und Verkehr nahezu abstrahierten Landschaften.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.201523. Mein Herz an der Biegung des Flusses
Kindheit. Wochenende. Die leeren Straßen. Die Autobahn. Dann, hinter Wiesbaden, die ersten Weinberge. Der Mäuseturm. Die Lorelei, eine Wand aus Stein vor dem Autofenster. Die Insel bei Bacharach, auf der Wim Wenders, Jahre später, eine Szene von "Im Lauf der Zeit" drehte. Das Deutsche Eck, noch ohne Reiterfigur, im nüchternen Glanz der Nachkriegszeit. Wie kommt es, dass man das alles nicht in Farbe vor sich sieht, so, wie es war, sondern in Schwarzweiß? Natürlich, die Kleider waren blasser, die Häuser grauer als heute, aber das ist es nicht. Die Erinnerung selbst treibt die Farben aus den Bildern. Sie denkt in Formen, sie ist eine Erzählerin, keine Malerin. Und genau so hat August Sander vor achtzig Jahren den Rhein fotografiert: mit dem Blick auf das, was die Landschaft erzählt. Die Schleifen des Flusses, die Schiffe, die Hänge des Siebengebirges, sie fügen sich zu einer Geschichte der Natur und des Menschen. Als er die ersten Fotos machte, 1926, arbeitete Sander noch an seinem Lebenswerk "Menschen des XX. Jahrhunderts". Als die letzte Aufnahme entstand, zwanzig Jahre später, waren die Nazis, die dafür gesorgt hatten, dass sein Projekt Stückwerk blieb, schon wieder verschwunden. In den Bildern aber sieht man davon nichts, sie erzählen ihre eigene Geschichte. In den Farben der Kindheit, schwarz und weiß.
Andreas Kilb
August Sander: "Rheinlandschaften". Schirmer und Mosel, 140 Seiten, 49,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kindheit. Wochenende. Die leeren Straßen. Die Autobahn. Dann, hinter Wiesbaden, die ersten Weinberge. Der Mäuseturm. Die Lorelei, eine Wand aus Stein vor dem Autofenster. Die Insel bei Bacharach, auf der Wim Wenders, Jahre später, eine Szene von "Im Lauf der Zeit" drehte. Das Deutsche Eck, noch ohne Reiterfigur, im nüchternen Glanz der Nachkriegszeit. Wie kommt es, dass man das alles nicht in Farbe vor sich sieht, so, wie es war, sondern in Schwarzweiß? Natürlich, die Kleider waren blasser, die Häuser grauer als heute, aber das ist es nicht. Die Erinnerung selbst treibt die Farben aus den Bildern. Sie denkt in Formen, sie ist eine Erzählerin, keine Malerin. Und genau so hat August Sander vor achtzig Jahren den Rhein fotografiert: mit dem Blick auf das, was die Landschaft erzählt. Die Schleifen des Flusses, die Schiffe, die Hänge des Siebengebirges, sie fügen sich zu einer Geschichte der Natur und des Menschen. Als er die ersten Fotos machte, 1926, arbeitete Sander noch an seinem Lebenswerk "Menschen des XX. Jahrhunderts". Als die letzte Aufnahme entstand, zwanzig Jahre später, waren die Nazis, die dafür gesorgt hatten, dass sein Projekt Stückwerk blieb, schon wieder verschwunden. In den Bildern aber sieht man davon nichts, sie erzählen ihre eigene Geschichte. In den Farben der Kindheit, schwarz und weiß.
Andreas Kilb
August Sander: "Rheinlandschaften". Schirmer und Mosel, 140 Seiten, 49,80 Euro
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