Ricarda Huch hat mit ihren geistesgeschichtlichen und ästhetischen Überlegungen bewiesen, dass sie sich nicht in ein überliefertes Weltbild einordnen lässt. Und mit genau diesem Argument wandte sie sich gegen die Behauptung, sie sei in Denken und Schreiben eine "Konservative"; ihr kam es vielmehr darauf an, den Menschen in seinem Verhältnis zu sich selbst, zu seiner Umwelt und seiner Geschichte zu erfassen und in die jeweiligen politischen, sozialen und ästhetischen Kontexte seiner Zeit zu stellen. Ihre Werke lassen sich daher nicht mit einer für die Epoche typischen Kunst- oder Stilrichtung umschreiben, sondern nehmen diese auf und bilden eine geistig autonome Reaktion darauf. So verdient sie nach Golo Mann die Bezeichnung "Königin durch ihre Natur und ihre Leistung" - eine Dichterin und Denkerin, die ihre subjektive Weltbetrachtung, gepaart mit beträchtlichem Wissen, in einem vielseitigen Werk präsentiert hat.Ziel der Arbeit ist, zunächst Einblicke in Huchs Biographie zu geben.Anschließend wird die Verortung ihres Werkes in der literaturgeschichtlichen Forschung besprochen. Der zeitliche Bogen reicht von der Thematisierung des Individuums in ihren Arbeiten zur deutschen Romantik über ihre historischen Werke bis hin zu ihrer Entscheidung für das Schreiben über den nationalsozialistischen Widerstand.Diese drei thematischen Schwerpunkte - Romantik, literarische Historiographie und Schreiben in der Diktatur - führt die These von der Idee des menschlichen Ich zusammen. Diese These hat Huch kontinuierlich ausgearbeitet und in ihren Schriften und Werken verankert. Das in den Werken von Huch dauerhaft präsente und im Vordergrund der behandelten Thematik sich befindende Individuum steht für die von der Autorin geforderte Synthese zwischen scheinbar in Widerspruch zueinander stehenden Phänomenen.