Richard Strauss ist einer der meistgespielten Opernkomponisten weltweit. Auf unverwechselbare Weise verband er das Erhabene mit dem Trivialen, das Außerordentliche mit dem Gewöhnlichen. Doch auch sein Leben war voller schwer aufzulösender Widersprüche. In seiner souveränen, ausgezeichnet geschriebenen Biographie schildert der Strauss-Experte Bryan Gilliam das Leben und Werk des Komponisten am Beginn der Moderne.Richard Strauss verkörperte eine ganz andere Moderne als der etwas jüngere Arnold Schönberg mit seiner Zwölf-Ton-Musik. Bryan Gilliam zeigt, wie Strauss in seinen Opern und symphonischen Werken, seiner Kammermusik und seinen Liedern eine völlig neue musikalische Sprache entwickelte. Er lässt das Umfeld von Freunden, Familie und Mentoren lebendig werden, beschreibt das komplexe Verhältnis zu Richard Wagner und die Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal, Strauss? wichtigstem Opernlibrettisten. Ebenso tritt Strauss als einflussreicher Dirigent, Theaterleiter und Vorkämpfer für die Rechte von Künstlern auf. Nicht zuletzt beleuchtet Gilliams Biographie die Rolle von Strauss in der Welt der Politik und seine Nähe zum nationalsozialistischen Regime. Vor allem aber macht das Buch verständlich, warum Richard Strauss mit seiner Musik das Publikum bis heute in seinen Bann zieht.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Jens Malte Fischer schätzt Bryan Gilliams Biografie des Komponisten Richard Strauss, dessen 150. Geburtstag dieses Jahr gefeiert wird, als solide und prägnant, übt aber gleichwohl Kritik an dem Buch. Er lobt die kurz gefassten, souveränen und instruktiven Werkanalysen des renommierten Strauss-Forschers sowie die insgesamt instruktive Lebensbeschreibung. Weniger gefällt ihm, dass der Autor den Komponisten in allzu mildem Licht erscheinen lässt, gerade was dessen Verhalten während der Nazi-Zeit anbelangt. Dabei will er Gilliam keine falschen Darstellungen oder gar Verharmlosungen vorhalten. Aber er kommt nicht umhin festzustellen, dass eine Reihe von Episoden eine schärfere Analyse verdient hätten. Besonders bedauert er, dass Strauss' Unterschrift unter dem "Protest der Richard-Wagner-Stadt München" gegen Thomas Mann vom April 1933 nicht thematisiert wird.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2014Die Schattenseiten des Richard Strauss
Das unschöne Verhalten des Komponisten in der Nazi-Zeit wurde lange beschwiegen und beschönigt, aber nicht angemessen beschrieben. Traut sich Bryan Gilliam an diesen brisanten Stoff?
Das Jubiläumsjahr - Richard Strauss wurde 1864 geboren - nimmt langsam Fahrt auf. Die bisher schon nicht geringe Zahl der Strauss-Aufführungen nimmt zu, die ersten Bücher sind angekündigt oder bereits erschienen. Rund um den Geburtstag am 11. Juni wird das alles seinen Höhepunkt erreichen. Bryan Gilliam, international renommierter amerikanischer Strauss-Forscher, hatte 1999 eine kurzgefasste englische Darstellung des Lebens vorgelegt, die jetzt in einer gelungenen deutschen Übersetzung erscheint.
Bei solchen Neufassungen in anderen Sprachen ist eine der ersten Fragen immer die, ob das Buch auf den Stand der Zeit gebracht wurde. Das Literaturverzeichnis enthält zwar einige, vor allem englischsprachige Titel, die nach 1999 erschienen sind, aber die Spuren einer Einarbeitung neuer Erkenntnisse, neuerer Literatur sind eher schwach. Das in seiner gelungenen Mischung aus Lebensbericht und Werkanalyse wesentlichste Strauss-Buch der letzten Jahrzehnte, Michael Walters "Richard Strauss und seine Zeit" (2000), ist beispielsweise nicht berücksichtigt, eine Auseinandersetzung mit diesem durchaus kritischen Blick auf Leben und Werk wäre nützlich gewesen. Walter Werbecks grundlegender Strauss-Artikel in "Musik in Geschichte und Gegenwart" fehlt ebenso wie Michael Katers Buch "Composer of the Nazi Era" (2000), das den Blick auf das Verhalten von Strauss im "Dritten Reich" hätte schärfen können.
Es geht einem ja mit Strauss ganz merkwürdig, und darin ist er nur mit Richard Wagner zu vergleichen: Seinem Welterfolg, der vor allem auf einer Handvoll Opern beruht, und seiner entsprechenden Beliebtheit und gewaltigen Anhängerschaft steht eine kleine Zahl von ,Nörglern' gegenüber, an die "Widersacher" aus dem "Heldenleben" erinnernd, die nicht davon ablassen, sich an Strauss' Haltung im "Dritten Reich" zu reiben, aber auch an einigen seiner Werke und seiner kompositorischen Haltung insgesamt Kritik zu üben (so Theodor W. Adorno 1964 in einem fulminanten Essay). Manche von ihnen nehmen dabei, meist ohne es zu wissen, die Haltung des mit Abstand wichtigsten Librettisten von Strauss, Hugo von Hofmannsthal, auf, der im Juli 1914, also immerhin nach "Elektra", "Rosenkavalier" und der ersten Fassung der "Ariadne auf Naxos", in einem Brief schreibt: "Hätt ich einen Komponisten, der minder berühmt aber meinem Herzen näher, meiner Geistesart verwandter wäre, da wärs mir freilich wohler."
Dem Strauss-Forscher Gilliam sind zahlreiche erhellende Arbeiten zu verdanken. Es gelingt ihm, was keine geringe Leistung ist, auf etwas über zweihundert Seiten dieses lange, reiche und lange Zeit von Glück verwöhnte Leben (Thomas Mann prägte einmal den Ausdruck "Erfolgswindbeutelei") präzise zu umreißen. Von einer Biographie dieses Umfangs darf man keine tieflotenden Werkanalysen erwarten, aber Gilliam ist auch in seinen kurzen Darstellungen in diesem Bereich merklich sicher im Sattel, obwohl in seiner Perspektive ein Höhepunkt den anderen übertrifft - so wird auch die problematische "Frau ohne Schatten" zum einzigartigen Kunstwerk.
Die Schwäche des Buches liegt in der eher weich gezeichneten Sicht auf den Zeitgenossen Strauss. Das betrifft keineswegs nur die Zeit des "Dritten Reichs", die in den Umrissen korrekt behandelt wird. Mit einer Bemerkung wie: "Strauss leistete kaum besonders mutigen Widerstand in diesen düsteren zwölf Jahren" ist allerdings ein Ton angeschlagen, der der Sachlage nicht völlig gerecht wird. Der entscheidende Mentor des jungen Strauss, Alexander Ritter, erhält seinen gebührenden Stellenwert; dass es sich aber bei ihm um einen glühenden Antisemiten handelte, wird nicht berichtet.
Dass sich der junge Strauss und Cosima Wagner in ihrem Briefwechsel antisemitische Bälle zuwarfen, wird nicht erwähnt. Dass sich Strauss in tiefsitzenden Ressentiments gegen die Musik seiner Zeit verstrickte, hätte deutlicher gemacht werden müssen. 1934 beschimpft er brieflich am Beispiel der "Lulu"-Orchesterstücke von Alban Berg die ganze Richtung als Zeichen von "Impotenz" und als "aufgelegten Schund", und diese Ressentiments verloren sich nicht: noch 1948 schleudert er das diffamierende Wort "Emigrantenschwindel" in die gleiche Richtung. Die zunehmende schwere Belastung der Familie durch die Existenz der jüdischen Schwiegertochter ist fraglos, aber das entschuldigt nicht alles an Kompromissen, die Strauss mit dem NS-System einging und keineswegs nur bis zum erzwungenen Rücktritt von der Leitung der Reichmusikkammer 1935.
Immer wieder werden die Biographien von Gustaf Gründgens und Wilhelm Furtwängler um- und umgegraben, was seine Berechtigung hat. Aber der Fall Strauss ist der problematischste von allen großen Künstlern, die sich auf verschiedene Weisen mit dem "Dritten Reich" einließen. Und auch wenn man dies und das entschuldigen mag und auch wenn man ohne Abstriche feststellen kann, dass Strauss kein Nationalsozialist und kein in der Wolle gefärbter Antisemit wie Richard Wagner war, so wird man ihm doch beispielsweise nicht nachsehen können, dass er seine Unterschrift unter den infamen "Protest der Richard-Wagner-Stadt München" gegen Thomas Mann vom April 1933 gesetzt hat - auch hier waren Ressentiments wirksam.
Dieser "Protest" war, wie der Betroffene am schärfsten erkannte, ein Fanal der "nationalen Exkommunikation" und eine "lebensgefährliche Denunziation" - ihn unterschrieben zu haben ist unverzeihlich. Dass diese keineswegs ephemere, sondern ins Zentrum von Strauss' politisch-moralischer Verfasstheit zielende Episode bei Gilliam nicht vorkommt, ist bedauerlich. Der der Strauss-Verachtung völlig unverdächtige deutsch-kanadische Historiker Michael Kater, der sich intensiv mit dem Zeitgenossen Strauss befasst hat, schreibt von dessen "Eitelkeit, verbunden mit einer allgemeinen moralischen und politischen Gleichgültigkeit" - treffender kann man es nicht sagen, und diese Diagnose, die eben nicht nur zwölf Jahre betrifft, müsste in einer Biographie deutlicher diskutiert werden.
Es ist nicht so, dass Gilliams Buch etwas massiv verharmlost oder gar falsch darstellt. Aber die durchaus verstehbare Begeisterung für seinen Heros lässt Gilliam die ganze Gestalt in ein etwas zu mildes Licht rücken. Es gibt ein Foto aus dem Wien des Jahres 1943, aufgenommen bei einem Festakt im Wiener Rathaus. Neben dem alten Strauss stehen NS-Würdenträger, die den rechten Arm stramm emporreißen und siegheilig nach vorne blicken. Strauss jedoch schaut mürrisch zum Fotografen, winkelt den rechten Unterarm an und krümmt die Hand, als wolle er einen Tennisball auffangen.
Aus dieser tragikomisch verkorksten Geste ließe sich seine Haltung gegenüber dieser Epoche, die er sich nicht ausgesucht hatte, präzise entwickeln. Gerade im Jubiläumsjahr wäre es an der Zeit, eine breitere Öffentlichkeit mit diesen Tatsachen, die immer noch nur in bruchstückhaften Anekdoten kursieren, sine ira et studio zu konfrontieren. Dafür ist nach wie vor über die ansonsten solide Information durch Bryan Gilliam hinaus ein Griff zu Michael Walters unüberholter Darstellung nötig. Der Weltruhm von Richard Strauss müsste das doch aushalten.
JENS MALTE FISCHER
Bryan Gilliam: "Richard Strauss". Magier der Töne. Aus dem Englischen von Ulla Höber. Verlag C. H. Beck, München 2014. 235 S., geb., 19,95 [Euro].
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Das unschöne Verhalten des Komponisten in der Nazi-Zeit wurde lange beschwiegen und beschönigt, aber nicht angemessen beschrieben. Traut sich Bryan Gilliam an diesen brisanten Stoff?
Das Jubiläumsjahr - Richard Strauss wurde 1864 geboren - nimmt langsam Fahrt auf. Die bisher schon nicht geringe Zahl der Strauss-Aufführungen nimmt zu, die ersten Bücher sind angekündigt oder bereits erschienen. Rund um den Geburtstag am 11. Juni wird das alles seinen Höhepunkt erreichen. Bryan Gilliam, international renommierter amerikanischer Strauss-Forscher, hatte 1999 eine kurzgefasste englische Darstellung des Lebens vorgelegt, die jetzt in einer gelungenen deutschen Übersetzung erscheint.
Bei solchen Neufassungen in anderen Sprachen ist eine der ersten Fragen immer die, ob das Buch auf den Stand der Zeit gebracht wurde. Das Literaturverzeichnis enthält zwar einige, vor allem englischsprachige Titel, die nach 1999 erschienen sind, aber die Spuren einer Einarbeitung neuer Erkenntnisse, neuerer Literatur sind eher schwach. Das in seiner gelungenen Mischung aus Lebensbericht und Werkanalyse wesentlichste Strauss-Buch der letzten Jahrzehnte, Michael Walters "Richard Strauss und seine Zeit" (2000), ist beispielsweise nicht berücksichtigt, eine Auseinandersetzung mit diesem durchaus kritischen Blick auf Leben und Werk wäre nützlich gewesen. Walter Werbecks grundlegender Strauss-Artikel in "Musik in Geschichte und Gegenwart" fehlt ebenso wie Michael Katers Buch "Composer of the Nazi Era" (2000), das den Blick auf das Verhalten von Strauss im "Dritten Reich" hätte schärfen können.
Es geht einem ja mit Strauss ganz merkwürdig, und darin ist er nur mit Richard Wagner zu vergleichen: Seinem Welterfolg, der vor allem auf einer Handvoll Opern beruht, und seiner entsprechenden Beliebtheit und gewaltigen Anhängerschaft steht eine kleine Zahl von ,Nörglern' gegenüber, an die "Widersacher" aus dem "Heldenleben" erinnernd, die nicht davon ablassen, sich an Strauss' Haltung im "Dritten Reich" zu reiben, aber auch an einigen seiner Werke und seiner kompositorischen Haltung insgesamt Kritik zu üben (so Theodor W. Adorno 1964 in einem fulminanten Essay). Manche von ihnen nehmen dabei, meist ohne es zu wissen, die Haltung des mit Abstand wichtigsten Librettisten von Strauss, Hugo von Hofmannsthal, auf, der im Juli 1914, also immerhin nach "Elektra", "Rosenkavalier" und der ersten Fassung der "Ariadne auf Naxos", in einem Brief schreibt: "Hätt ich einen Komponisten, der minder berühmt aber meinem Herzen näher, meiner Geistesart verwandter wäre, da wärs mir freilich wohler."
Dem Strauss-Forscher Gilliam sind zahlreiche erhellende Arbeiten zu verdanken. Es gelingt ihm, was keine geringe Leistung ist, auf etwas über zweihundert Seiten dieses lange, reiche und lange Zeit von Glück verwöhnte Leben (Thomas Mann prägte einmal den Ausdruck "Erfolgswindbeutelei") präzise zu umreißen. Von einer Biographie dieses Umfangs darf man keine tieflotenden Werkanalysen erwarten, aber Gilliam ist auch in seinen kurzen Darstellungen in diesem Bereich merklich sicher im Sattel, obwohl in seiner Perspektive ein Höhepunkt den anderen übertrifft - so wird auch die problematische "Frau ohne Schatten" zum einzigartigen Kunstwerk.
Die Schwäche des Buches liegt in der eher weich gezeichneten Sicht auf den Zeitgenossen Strauss. Das betrifft keineswegs nur die Zeit des "Dritten Reichs", die in den Umrissen korrekt behandelt wird. Mit einer Bemerkung wie: "Strauss leistete kaum besonders mutigen Widerstand in diesen düsteren zwölf Jahren" ist allerdings ein Ton angeschlagen, der der Sachlage nicht völlig gerecht wird. Der entscheidende Mentor des jungen Strauss, Alexander Ritter, erhält seinen gebührenden Stellenwert; dass es sich aber bei ihm um einen glühenden Antisemiten handelte, wird nicht berichtet.
Dass sich der junge Strauss und Cosima Wagner in ihrem Briefwechsel antisemitische Bälle zuwarfen, wird nicht erwähnt. Dass sich Strauss in tiefsitzenden Ressentiments gegen die Musik seiner Zeit verstrickte, hätte deutlicher gemacht werden müssen. 1934 beschimpft er brieflich am Beispiel der "Lulu"-Orchesterstücke von Alban Berg die ganze Richtung als Zeichen von "Impotenz" und als "aufgelegten Schund", und diese Ressentiments verloren sich nicht: noch 1948 schleudert er das diffamierende Wort "Emigrantenschwindel" in die gleiche Richtung. Die zunehmende schwere Belastung der Familie durch die Existenz der jüdischen Schwiegertochter ist fraglos, aber das entschuldigt nicht alles an Kompromissen, die Strauss mit dem NS-System einging und keineswegs nur bis zum erzwungenen Rücktritt von der Leitung der Reichmusikkammer 1935.
Immer wieder werden die Biographien von Gustaf Gründgens und Wilhelm Furtwängler um- und umgegraben, was seine Berechtigung hat. Aber der Fall Strauss ist der problematischste von allen großen Künstlern, die sich auf verschiedene Weisen mit dem "Dritten Reich" einließen. Und auch wenn man dies und das entschuldigen mag und auch wenn man ohne Abstriche feststellen kann, dass Strauss kein Nationalsozialist und kein in der Wolle gefärbter Antisemit wie Richard Wagner war, so wird man ihm doch beispielsweise nicht nachsehen können, dass er seine Unterschrift unter den infamen "Protest der Richard-Wagner-Stadt München" gegen Thomas Mann vom April 1933 gesetzt hat - auch hier waren Ressentiments wirksam.
Dieser "Protest" war, wie der Betroffene am schärfsten erkannte, ein Fanal der "nationalen Exkommunikation" und eine "lebensgefährliche Denunziation" - ihn unterschrieben zu haben ist unverzeihlich. Dass diese keineswegs ephemere, sondern ins Zentrum von Strauss' politisch-moralischer Verfasstheit zielende Episode bei Gilliam nicht vorkommt, ist bedauerlich. Der der Strauss-Verachtung völlig unverdächtige deutsch-kanadische Historiker Michael Kater, der sich intensiv mit dem Zeitgenossen Strauss befasst hat, schreibt von dessen "Eitelkeit, verbunden mit einer allgemeinen moralischen und politischen Gleichgültigkeit" - treffender kann man es nicht sagen, und diese Diagnose, die eben nicht nur zwölf Jahre betrifft, müsste in einer Biographie deutlicher diskutiert werden.
Es ist nicht so, dass Gilliams Buch etwas massiv verharmlost oder gar falsch darstellt. Aber die durchaus verstehbare Begeisterung für seinen Heros lässt Gilliam die ganze Gestalt in ein etwas zu mildes Licht rücken. Es gibt ein Foto aus dem Wien des Jahres 1943, aufgenommen bei einem Festakt im Wiener Rathaus. Neben dem alten Strauss stehen NS-Würdenträger, die den rechten Arm stramm emporreißen und siegheilig nach vorne blicken. Strauss jedoch schaut mürrisch zum Fotografen, winkelt den rechten Unterarm an und krümmt die Hand, als wolle er einen Tennisball auffangen.
Aus dieser tragikomisch verkorksten Geste ließe sich seine Haltung gegenüber dieser Epoche, die er sich nicht ausgesucht hatte, präzise entwickeln. Gerade im Jubiläumsjahr wäre es an der Zeit, eine breitere Öffentlichkeit mit diesen Tatsachen, die immer noch nur in bruchstückhaften Anekdoten kursieren, sine ira et studio zu konfrontieren. Dafür ist nach wie vor über die ansonsten solide Information durch Bryan Gilliam hinaus ein Griff zu Michael Walters unüberholter Darstellung nötig. Der Weltruhm von Richard Strauss müsste das doch aushalten.
JENS MALTE FISCHER
Bryan Gilliam: "Richard Strauss". Magier der Töne. Aus dem Englischen von Ulla Höber. Verlag C. H. Beck, München 2014. 235 S., geb., 19,95 [Euro].
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