Vom Epigonen zum Revolutionär und vom Klassiker zum Reaktionär: In keiner anderen Komponistenbiografie waren die Zuschreibungen derart wechselhaft und extrem gegensätzlich wie bei Richard Strauss (1864-1949). Schon in einer frühen Phase seiner Karriere haben sowohl seine begeisterten Anhänger als auch seine erbitterten Gegner darum gerungen, das Phänomen Strauss einzuordnen. Aber obwohl er im deutschsprachigen Raum der mit Abstand meistdiskutierte Musiker nach 1900 wurde und dies als "repräsentativster deutscher Komponist" in mehrfachem Sinn zeit seines Lebens geblieben ist, war er nie eindeutig einzuordnen. Der "Meister" selbst hat es verstanden, das Interesse an seiner Person und an seinem Werk durch immer neue Wandlungen wach zu halten, während eine Schar von Vertrauensleuten um eine genehme öffentliche Wahrnehmung bemüht war. Dieses Buch zeichnet die wechselnden Bilder des Komponisten vor dem Hintergrund der äußeren Lebensstationen nach. Wie Strauss seine Selbstinszenierung betrieb und welche maßgeblichen publizistischen Stimmen Einfluss auf seine öffentliche Wirkung nahmen, wird dadurch erstmals zusammenhängend sichtbar gemacht.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Was der Musikhistoriker Daniel Ender hier vorlegt, ist für Peter Hagmann durchaus nicht die "Fortschreibung alter Vorbehalte", wie der Rezensent es an anderer Stelle lesen konnte. Dass der Autor Adornos Unbehagen an Strauss rekapituliert, lässt Hagmann nicht übersehen, wie methodisch ambitioniert der Autor hier vorgeht. Indem Ender Strauss' Leben aus der Perspektive seiner Zeitgenossen erzählt, genau in der Bewältigung der Materialfülle und der Herausarbeitung von Straussens Networking, wie Hagmann versichert, erkennt der Rezensent erst, wie unser heutiges Strauss-Bild entstehen konnte. Eine rezeptionsgeschichtliche Arbeit von Wert für den Rezensenten, auch wenn ihm der nicht geringe Anteil an Interpretation in dieser Studie durchaus nicht entgeht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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