Der Wiener Bürgermeister Richard Weiskirchner konnte trotz einer Vielzahl an hochrangigen Ämtern und Mandaten - Magistratsdirektor, Abgeordneter zum Reichsrat und zum niederösterreichischen Landtag, Präsident des Abgeordnetenhauses und des Nationalrates, Obmann der Wiener Christlichsozialen, Handelsminister und Weltkriegs-Bürgermeister der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien - keinen nachhaltigen Ruf erwerben, der ihn so bekannt gemacht hätte wie seine Zeitgenossen Karl Lueger, Karl Renner oder Karl Seitz. Seine historische Bedeutung liegt in einer anderen Facette: Am Beispiel Weiskirchners lässt sich so gut wie bei kaum einem anderen die Entwicklung der christlichsozialen Bewegung im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert von ihren sozialrevolutionären, kapitalismus-kritischen Anfängen hin zu einer staatstragenden, arrivierten "Lager"-Partei ablesen.