Der beiläufige Satz eines japanischen Germanistikstudenten: »BeiRilke gibt es viel zu verstehen« galt auf Rückfrage nicht den sprachlichenSchwierigkeiten; auch wollte er nicht die Probleme der Deutungansprechen, sondern es fiel ihm schwer, »die paradoxe Mischung ausFaszination und Befremden« zu begreifen, die Rilkes Texte bei ihmauslösten. Die »Anti-Sympathie«, wie er es nannte, hielt er für den eigentlichenGrund, weshalb dieser Dichter ihn interessiere. Weil derEindruck des Obsoleten mit dem der Aktualität ständig wechsle, müsseman zuerst sich selbst und seine eigene Zeit verstehen, wenn manRilke verstehen wolle.Der Student gehörte zu jenen nichtdeutschen Lesern, welche die deutscheRilke-Leserschaft seit längerem an Zahl und Diskursaktivitätübertreffen. Ob in den USA, Frankreich, Russland oder Japan: RilkesWerke, vor allem aber die Gedichte, gehören dort noch oder wiederzur geistigen 'Grundnahrung' der Gebildeten.Dieses Buch soll nicht nur zum Lesen beflügeln und beim 'Verstehen'helfen, sondern den 'Zeitgeist' von heute mit jenem von damals abgleichenund dazu Rilkes Lyrik um Moderation bitten.