Zu den dominierenden ritualtheoretischen Vorstellungen gehört, daß Rituale soziale Wirklichkeit konstituieren und orientierungssichernde Kohärenz stiften. Solchen Konzepten stellen sich zunehmend Lektüren entgegen, die zugunsten unterschiedlicher kultureller Konstruktionen von einer universalen Ritualgrammatik absehen; sie konfrontieren Regelhaftigkeit und Kalkulierbarkeit mit Erfindung, Aushandlung und Unwägbarkeit, mit Kontrollverlust oder Destabilisierung. Aus historischer, ästhetischer, systematischer und performativitätstheoretischer Perspektive tragen die Aufsätze dieses Tagungsbandes nicht nur den vielfältigen Konstellationen und künstlerischen Transformationen von Ritualen in Literatur, bildender Kunst, Musik, Tanz, Performance-Art und Theater Rechnung, sondern fokussieren vor allem das riskante Potential von Ritualen, den Reiz kalkulierter oder spontaner Provokation von Gefahr und die geplanten oder ungeplanten Effekte riskierten Scheiterns des rituellen Vollzugs.