Produktdetails
  • Verlag: Schirmer/Mosel
  • Seitenzahl: 152
  • Abmessung: 1mm x 1mm x 1mm
  • Gewicht: 725g
  • ISBN-13: 9783888147531
  • Artikelnr.: 24221395
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.1995

Ein zufälliger Tod
Der Sinnsucher von Hollywood: River Phoenix

Akute multiple Intoxikation nach Drogengenuß, unter anderem eine tödliche Dosis Kokain und Morphium, Spuren von Marihuana und Valium sowie eines nicht verschreibungspflichtigen Erkältungsmittels. Kein Einstiche im Körper. Kein Hinweis auf Fremdeinwirkung. So lautete, zwei Wochen nachdem der dreiundzwanzigjährige River Phoenix am 31. Oktober 1993 vor dem Nachtclub "The Viper Room" in Los Angeles zusammengebrochen und kurz darauf gestorben war, das Ergebnis des polizeilichen Untersuchungsberichts. Ein zufälliger Tod.

Weite Teile der Öffentlichkeit und auch die Fans waren überrascht; dieser Tod paßte nicht zu River Phoenix' Image als Gesundheitsapostel, zu seiner Verweigerung von Lederkleidung, Fleisch und Milchprodukten, seinem Titelbild auf der "Vegetarian Times", seinen Wutausbrüchen angesichts von "Diet Coke". Ein drogensüchtiger Vegetarier und Pelztierfreund, Idol einer Jugend, die von neuer Reinheit in der Konsumverweigerung träumte (und dabei kräftig "Jägermeister" trank, während ihr Vorbild nüchtern blieb), schien ihnen ein unvorstellbarer Widerspruch zu sein.

Die vorliegende Bildbiographie, die der englische Filmjournalist Brian J. Robb in atemnehmender Geschwindigkeit - die englische Originalausgabe erschien noch im Todesjahr von River Phoenix - verfaßt hat, zeichnet sorgfältig und mit Interesse am Detail recherchiert jene Linien im Leben und in der Karriere des Kinderstars, Teenager-Idols und erwachsenen Schauspielers nach, die zum Image des umweltbewußten Musterknaben führten und River Phoenix zum Repräsentanten eines jungen, vermeintlich unverdorbenen Hollywood der neunziger Jahre werden ließen. Trotz mancher stilistischer Mängel in den ausufernden Filmbeschreibungen, von "Explorers", seinem Filmdebüt aus dem Jahr 1985, bis "The Thing Called Love", dem letzten fertiggestellten Film mit Phoenix aus dem Jahr 1993, trotz zahlloser Wiederholungen und trotz Brian J. Robbs Vorliebe für sprachliche Klischees, ist viel mehr, als er hier sagt, zu River Phoenix' kurzem Leben und plötzlichem Tod wohl nicht zu sagen.

Deutlich werden vor allem die existenziellen Überforderungen, denen River Phoenix - genannt nach dem Fluß in Hermann Hesses "Siddharta" - sich selbst aussetzte: als Kinderstar, der die Familie mit Auftritten in Werbespots und im Fernsehen finanziell sicherte, über das ernste Kind zum Beispiel in Sidney Lumets "Running On Empty" bis zum Erwachsenen, der in Filmen wie "Dogfight" oder "My Own Private Idaho" den Anti-Helden verkörperte; als Musiker, der John Lennon vergötterte; vor allem aber als Hoffnungsträger einer Generation, die seine Stilisierung als Reinheitsfanatiker und traumwandlerischen Sinnsucher beklatschte und die an dieser Lebenslüge über seinen Tod hinaus festhielt.

Brian J. Robb montiert seine eigenen chronologisch geordneten Textstücke mit Ausschnitten aus Interviews und Pressestimmen. Daraus ergibt sich eine gespenstisch anmutende Mischung aus Ignoranz und der Sehnsucht nach Unschuld, die den Kreisen, in denen River Phoenix verkehrte - ebenso wie Johnny Depp, Wynona Rider, Brad Pitt, die Red Hot Chili Peppers und für kurze Zeit Keanu Reeves -, eine Art postexistentialistisches Lebensgefühl zu geben schien. River Phoenix wurde spätestens bei den Dreharbeiten zu "My Own Private Idaho" im Jahr 1990/91 drogensüchtig. Viele müssen es geahnt, nicht wenige werden es gewußt haben. VERENA LUEKEN

Brian J. Robb: "River Phoenix. Ein kurzes Leben". Aus dem Englischen übersetzt von Marion Kagerer. München 1995. 152 S., 83 zum Teil farbige Abb., 29,80 DM.

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