"Road Dogs is terrific, and Elmore Leonard is in a class of one."
-Dennis Lehane, author of Shutter Island and Mystic River "You know from the first sentence that you're in the hands of the original Daddy Cool....This one'll kill you."
-Stephen King Elmore Leonard is eternal. In Road Dogs, the PEN USA Lifetime Achievement Award winner and "America's greatest crime master" (Newsweek ) brings back three of his favorite characters-Jack Foley from Out of Sight, Cundo Rey from La Brava, and Dawn Navarro from Riding the Rap- for a twisting, explosive, always surprising masterwork of crime fiction the San Francisco Chronicle calls, "a sly, violent, funny and superbly written story of friendship, greed, and betrayal."
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
-Dennis Lehane, author of Shutter Island and Mystic River "You know from the first sentence that you're in the hands of the original Daddy Cool....This one'll kill you."
-Stephen King Elmore Leonard is eternal. In Road Dogs, the PEN USA Lifetime Achievement Award winner and "America's greatest crime master" (Newsweek ) brings back three of his favorite characters-Jack Foley from Out of Sight, Cundo Rey from La Brava, and Dawn Navarro from Riding the Rap- for a twisting, explosive, always surprising masterwork of crime fiction the San Francisco Chronicle calls, "a sly, violent, funny and superbly written story of friendship, greed, and betrayal."
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2011Balzac in Venice Beach
Eine Gaunerei, mit der man sogar die Systemtheorie verstehen lernt: Elmore Leonard bringt einen bewährten Romanhelden wieder in die Klemme.
Wenn der Mann Geschichten aus seinem Leben erzählt, klingen sie wie Episoden aus seinen Büchern. Er habe, sagt Elmore Leonard, sein neuestes Buch der Regisseurin Kathryn Bigelow geschickt, er kenne sie flüchtig, weil vor mehr als zwanzig Jahren mal eine große, blonde Frau in einer Limousine vor seinem Haus vorgefahren und hineingestürmt sei. Zwanzig Minuten lang habe sie mit ihm über sein Werk geplaudert. "Dann lief sie raus, und das war's." Weil die Dinge bei Leonard so schnell gehen, muss man hinzufügen, dass er ihr "Djibouti" geschickt hat, den 2010 erschienenen Roman über eine Dokumentarfilmerin, die im Indischen Ozean nach Piraten sucht.
Bei uns gehen die Uhren langsamer, da ist jetzt gerade erst Leonards vorletztes Buch "Road Dogs" erschienen, und auch sonst hinken wir etwas hinterher in Sachen Leonard, obwohl er inzwischen auch schon 85 ist und nicht erst seit gestern schreibt. Zweiundvierzig Romane sind es insgesamt, in den siebziger Jahren hat er sich etabliert mit Kriminalromanen, aber es hat in Deutschland auch nicht viel geholfen, dass Verfilmungen wie "Jackie Brown" oder "Schnappt Shorty!" ziemlich erfolgreich waren.
Man würde ihn hier kaum mit Balzac vergleichen wie in Amerika, und das liegt vor allem daran, dass die Schnittmenge zwischen Balzac-Verehrern und Leonard-Lesern leider verschwindend ist. Es hat aber auch damit zu tun, dass die Übersetzungen selten das treffen, was man den Sound von Elmore Leonard nennen muss. Schnell, rhythmisch, in allen Soziolekten zu Hause, mit hohen Anteilen wörtlicher Rede, haben seine Romane ihren unverwechselbaren Klang. Man sollte das nicht mit Naturalismus verwechseln, bloß weil die Charaktere scheinbar so daherreden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Was man da liest, ist keine geglättete Tonbandabschrift, sondern harte Arbeit an einer Art Partitur; wofür im Englischen schon mal fünf Worte reichen, kommen im Deutschen oft fünfzig Prozent und mehr dazu. Und die Verdichtung, in der Leonard eine Szenerie, ein ganzes Milieu skizzieren kann, lässt sich auch nicht so ohne weiteres nachbilden.
In "Road Dogs" haben die beiden Übersetzerinnen ihren Job gar nicht so schlecht gemacht, es liest sich eingängig, selten holprig. Man muss sich, nur zum Beispiel, halt entscheiden, ob man in wörtlicher Rede "wegen" mit dem Dativ verbindet, wie es im Alltag dauernd passiert. Man kann nur nicht im selben Satz einmal den Genitiv wählen und dann den Dativ. Aber weil nicht jeder Leonard-Romane im Original lesen kann und will, muss man mit Übersetzungen leben.
Dafür hat man in "Road Dogs" ständig George Clooney vor Augen, weil er in Steven Soderberghs Verfilmung von "Out of Sight" Jack Foley spielte. Foley, der Charmeur, der 176 Banken überfallen hat, ohne Blut und ohne Gewalt, ist dank eines kubanischen Knastbruders auf freiem Fuß. Jetzt schuldet er ihm etwas. Im kalifornischen Venice soll er auf die Frau dieses Cundo Rey aufpassen, die als Hellseherin den passenden Namen Dawn trägt. Foley richtet sich ein, geht natürlich mit Dawn ins Bett, traut niemandem, muss sich dann auch seinen Compañero vom Leibe halten - und schafft es, dass man ihn, auf ganz eigene Weise, für einen anständigen Kerl mit Prinzipien hält.
Natürlich geht es vor allem darum, wer wen mit wessen Hilfe über den Tisch zieht, wer am Ende das Geld bekommt und womöglich auch die Frau. Im Grunde wäre nicht nur dieser Plot ein idealer Studienfall für Luhmanns Systemtheorie, weil Leonards Gauner listig mit Erwartungen und Erwartungserwartungen der anderen kalkulieren - aber gerade nicht, um ein soziales System zu stabilisieren. Elmore Leonard hat zündendere Romane in ausgefalleneren Milieus geschrieben als "Road Dogs" - aber im grauen Gewimmel der handelsüblichen Privatdetektive, Ermittlungsbeamten und Serienkiller ist dieses Wiedersehen mit Jack Foley noch immer ein Solitär.
PETER KÖRTE
Elmore Leonard: "Road Dogs". Roman.
Übersetzt von Conny Lösch und Kirsten Riesselmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010. 303 S., geb., 19,95 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Gaunerei, mit der man sogar die Systemtheorie verstehen lernt: Elmore Leonard bringt einen bewährten Romanhelden wieder in die Klemme.
Wenn der Mann Geschichten aus seinem Leben erzählt, klingen sie wie Episoden aus seinen Büchern. Er habe, sagt Elmore Leonard, sein neuestes Buch der Regisseurin Kathryn Bigelow geschickt, er kenne sie flüchtig, weil vor mehr als zwanzig Jahren mal eine große, blonde Frau in einer Limousine vor seinem Haus vorgefahren und hineingestürmt sei. Zwanzig Minuten lang habe sie mit ihm über sein Werk geplaudert. "Dann lief sie raus, und das war's." Weil die Dinge bei Leonard so schnell gehen, muss man hinzufügen, dass er ihr "Djibouti" geschickt hat, den 2010 erschienenen Roman über eine Dokumentarfilmerin, die im Indischen Ozean nach Piraten sucht.
Bei uns gehen die Uhren langsamer, da ist jetzt gerade erst Leonards vorletztes Buch "Road Dogs" erschienen, und auch sonst hinken wir etwas hinterher in Sachen Leonard, obwohl er inzwischen auch schon 85 ist und nicht erst seit gestern schreibt. Zweiundvierzig Romane sind es insgesamt, in den siebziger Jahren hat er sich etabliert mit Kriminalromanen, aber es hat in Deutschland auch nicht viel geholfen, dass Verfilmungen wie "Jackie Brown" oder "Schnappt Shorty!" ziemlich erfolgreich waren.
Man würde ihn hier kaum mit Balzac vergleichen wie in Amerika, und das liegt vor allem daran, dass die Schnittmenge zwischen Balzac-Verehrern und Leonard-Lesern leider verschwindend ist. Es hat aber auch damit zu tun, dass die Übersetzungen selten das treffen, was man den Sound von Elmore Leonard nennen muss. Schnell, rhythmisch, in allen Soziolekten zu Hause, mit hohen Anteilen wörtlicher Rede, haben seine Romane ihren unverwechselbaren Klang. Man sollte das nicht mit Naturalismus verwechseln, bloß weil die Charaktere scheinbar so daherreden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Was man da liest, ist keine geglättete Tonbandabschrift, sondern harte Arbeit an einer Art Partitur; wofür im Englischen schon mal fünf Worte reichen, kommen im Deutschen oft fünfzig Prozent und mehr dazu. Und die Verdichtung, in der Leonard eine Szenerie, ein ganzes Milieu skizzieren kann, lässt sich auch nicht so ohne weiteres nachbilden.
In "Road Dogs" haben die beiden Übersetzerinnen ihren Job gar nicht so schlecht gemacht, es liest sich eingängig, selten holprig. Man muss sich, nur zum Beispiel, halt entscheiden, ob man in wörtlicher Rede "wegen" mit dem Dativ verbindet, wie es im Alltag dauernd passiert. Man kann nur nicht im selben Satz einmal den Genitiv wählen und dann den Dativ. Aber weil nicht jeder Leonard-Romane im Original lesen kann und will, muss man mit Übersetzungen leben.
Dafür hat man in "Road Dogs" ständig George Clooney vor Augen, weil er in Steven Soderberghs Verfilmung von "Out of Sight" Jack Foley spielte. Foley, der Charmeur, der 176 Banken überfallen hat, ohne Blut und ohne Gewalt, ist dank eines kubanischen Knastbruders auf freiem Fuß. Jetzt schuldet er ihm etwas. Im kalifornischen Venice soll er auf die Frau dieses Cundo Rey aufpassen, die als Hellseherin den passenden Namen Dawn trägt. Foley richtet sich ein, geht natürlich mit Dawn ins Bett, traut niemandem, muss sich dann auch seinen Compañero vom Leibe halten - und schafft es, dass man ihn, auf ganz eigene Weise, für einen anständigen Kerl mit Prinzipien hält.
Natürlich geht es vor allem darum, wer wen mit wessen Hilfe über den Tisch zieht, wer am Ende das Geld bekommt und womöglich auch die Frau. Im Grunde wäre nicht nur dieser Plot ein idealer Studienfall für Luhmanns Systemtheorie, weil Leonards Gauner listig mit Erwartungen und Erwartungserwartungen der anderen kalkulieren - aber gerade nicht, um ein soziales System zu stabilisieren. Elmore Leonard hat zündendere Romane in ausgefalleneren Milieus geschrieben als "Road Dogs" - aber im grauen Gewimmel der handelsüblichen Privatdetektive, Ermittlungsbeamten und Serienkiller ist dieses Wiedersehen mit Jack Foley noch immer ein Solitär.
PETER KÖRTE
Elmore Leonard: "Road Dogs". Roman.
Übersetzt von Conny Lösch und Kirsten Riesselmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010. 303 S., geb., 19,95 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.01.2012VERBRECHEN & AUFKLÄRUNG
Den Wink mit der Wumme hat noch jeder verstanden
Es ist ja nicht so, dass es kein moralisches Universum für Kriminelle gibt. Es ist anders als das der Normalsterblichen, das ja. Es ist eine Art Paralleluniversum mit ver-rückter Etikette. Das lehren fast alle Kriminalromane. Und das macht es für Leser so faszinierend, da Einblick zu nehmen. Man versteht noch, dass es offenbar Regelwerke, Gesetze und Verhaltens-Codices zu geben scheint. Aber man versteht eben die Regeln nicht, nach denen agiert wird oder gar agiert werden muss. Und so betrachtet man die fremden ethischen Mechanismen wie ein Anthropologe, der fassungslos auf eine autochthone Kultur blickt.
Elmore Leonard, der fast 87-jährige amerikanische Krimi-Autor, ist ein Meister der pointierten Beschreibung jener Figuren aus alternativen Sub-Milieus, in denen „Life, Liberty and the pursuit of Happiness“ ganz eigenwillig und entlastet von Recht und Gesetz, eben kriminell, interpretiert werden. Auch in seinem Roman „Road Dogs“ (Aus dem Englischen von Conny Lösch und Kirsten Riesselmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2011. 303 S., 19,95 Euro) bietet es sich wie selbstverständlich an, dem Schicksal mit der Pistole auf die Sprünge zu helfen, wenn es mal nicht ganz so glatt läuft, wie die Biotop-Bewohner sich das gerade wünschen.
Dafür aber trägt ein als elegant bezeichneter Bankräuber der Kassiererin seinen speziellen Abhebewunsch auf einem Zettel vor, auf den er höflich notiert hat: „Seien Sie bitte so nett und geben Sie mir alle Ihre Hunderter, Fünfziger und Zwanziger.“ Überhaupt ist dieser Bankräuber, Jack Foley, ein, wie seine Ex-Ehefrau immer noch sagt, „guter Kerl“. Und eine „Berühmtheit“ im Gefängnis, in dem er sich zu Romanbeginn aufhält, weil er mit dieser Höflichkeitsmasche schon über 100 Banken ausgeraubt hat. Das müssen selbst die „Neonazi-Skinheads von der Arischen Bruderschaft“ neidlos anerkennen, die mit ihm dort einsitzen. Denn „Foley hatte mehr Banken ausgeraubt als irgendjemand sonst – er war einfach immer wieder rein und raus marschiert, als sei nichts dabei, bis er sich einen bescheuerten Schnitzer leistete“.
Tja, aber er hat nicht nur Pech gehabt, denn Foley, der gerade mit frischer Bank-Ausbeute im gestohlenen Wagen auf der Flucht war – er hatte die Alimente für seine Ex-Ehefrau abgehoben –, ließ sich von einem Verkehrsteilnehmer provozieren. „Ich bin durchgedreht“, sagt dazu Foley, „weil mir ein Typ mit Sonnenbrille und null Ahnung davon, dass ich gerade eine Bank ausgeraubt habe, das Gefühl gab, ein Schlappschwanz zu sein. Und wenn man sich DAS mal reinzieht, ist das schon krass.“
Foley also riss sein Lenkrad rum, drückte den „Typen“ von der Straße und zerstörte dabei auch sein Fluchtauto. 30 Jahre soll er nun sein Mittagessen mit den „White-Power-Freaks“ teilen – und mit Cundo, einem Exilkubaner, Mörder, Schwulenbar-Stripper und Callboy für jene Damen, die sich einen Cundo leisten können. Eigentlich aber hat Cundo sein Geld mit dem Dealen von Drogen gemacht, er ist ein Selfmademan des Kokses. Auch er sitzt im Knast, weil er unbeherrscht war: Er musste mal wieder jemanden erschießen, wurde dabei aber selber dreimal getroffen. Tja, auch Cundo hat ein bisschen Pech gehabt im Leben, und es wird ihn im Verlauf der Handlung dann auch noch ein bisschen härter treffen, obwohl er, wie er sich ausdrückt, „das goldene Licht schon gesehen hat, dieses Licht, das man sieht, wenn man in den Himmel kommt“. In den Himmel? Dieser Cundo? Damit muss er einen zum Paralleluniversum der Kriminellen gehörenden Himmel meinen, nicht unseren.
Road Dogs versammelt ein Kartell der Loser. Bei niemandem läuft es mehr so richtig. Die Verbrecherkarrieren, und alle hier sind Verbrecher, haben deutliche Dellen. In Fahrt kommt die Chose dann doch wieder, als Cundo Foley mit einer guten Anwältin ausstattet, die das Verfahren gegen ihn neu aufrollen kann – und die Strafe dann drastisch heruntergedimmt wird. Foley wird vor Cundo aus der Haft entlassen, ausgestattet mit etwas Geld aus Cundos Drogengeld-Schatulle und mit einem skurrilen Auftrag nach Venice Beach geschickt. Foley soll im Haus des Kubaners schauen, ob Cundos Gattin Dawn auch schön brav ist. Die war und ist alles andere. Ihr erster Akt der Gastfreundschaft besteht darin, Foley zu vernaschen und mit ihm zu überlegen, wie man den guten Cundo so loswird, dass nur er verschwindet, seine Drogen-Millionen aber bei den beiden bleiben. Das geht natürlich furchtbar in die Hose. Alles geht in die Hose. Auch deshalb, weil sich alle ständig misstrauen, misstrauen müssen, und ständig Spontan-Allianzen mit den gerade noch verabscheuungswürdigen Gegnern eingehen. Alle wollen alles, niemand kriegt nichts.
Es wird recht wenig gelacht in diesem Krimi. Auch wenig geschossen. Dennoch schafft es Elmore Leonard, der schon den Stoff für die Verfilmung von „Jackie Brown“ und „Get Shorty“ geliefert hat, in „Road Dogs“, durchgängig ein Klima absoluter Unberechenbarkeit aufzubauen, in dem jederzeit alles möglich ist. „Kann passieren im Leben“, sagt Foley gegen Ende. „Manchmal erwischt es einen.“
BERND GRAFF
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Den Wink mit der Wumme hat noch jeder verstanden
Es ist ja nicht so, dass es kein moralisches Universum für Kriminelle gibt. Es ist anders als das der Normalsterblichen, das ja. Es ist eine Art Paralleluniversum mit ver-rückter Etikette. Das lehren fast alle Kriminalromane. Und das macht es für Leser so faszinierend, da Einblick zu nehmen. Man versteht noch, dass es offenbar Regelwerke, Gesetze und Verhaltens-Codices zu geben scheint. Aber man versteht eben die Regeln nicht, nach denen agiert wird oder gar agiert werden muss. Und so betrachtet man die fremden ethischen Mechanismen wie ein Anthropologe, der fassungslos auf eine autochthone Kultur blickt.
Elmore Leonard, der fast 87-jährige amerikanische Krimi-Autor, ist ein Meister der pointierten Beschreibung jener Figuren aus alternativen Sub-Milieus, in denen „Life, Liberty and the pursuit of Happiness“ ganz eigenwillig und entlastet von Recht und Gesetz, eben kriminell, interpretiert werden. Auch in seinem Roman „Road Dogs“ (Aus dem Englischen von Conny Lösch und Kirsten Riesselmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2011. 303 S., 19,95 Euro) bietet es sich wie selbstverständlich an, dem Schicksal mit der Pistole auf die Sprünge zu helfen, wenn es mal nicht ganz so glatt läuft, wie die Biotop-Bewohner sich das gerade wünschen.
Dafür aber trägt ein als elegant bezeichneter Bankräuber der Kassiererin seinen speziellen Abhebewunsch auf einem Zettel vor, auf den er höflich notiert hat: „Seien Sie bitte so nett und geben Sie mir alle Ihre Hunderter, Fünfziger und Zwanziger.“ Überhaupt ist dieser Bankräuber, Jack Foley, ein, wie seine Ex-Ehefrau immer noch sagt, „guter Kerl“. Und eine „Berühmtheit“ im Gefängnis, in dem er sich zu Romanbeginn aufhält, weil er mit dieser Höflichkeitsmasche schon über 100 Banken ausgeraubt hat. Das müssen selbst die „Neonazi-Skinheads von der Arischen Bruderschaft“ neidlos anerkennen, die mit ihm dort einsitzen. Denn „Foley hatte mehr Banken ausgeraubt als irgendjemand sonst – er war einfach immer wieder rein und raus marschiert, als sei nichts dabei, bis er sich einen bescheuerten Schnitzer leistete“.
Tja, aber er hat nicht nur Pech gehabt, denn Foley, der gerade mit frischer Bank-Ausbeute im gestohlenen Wagen auf der Flucht war – er hatte die Alimente für seine Ex-Ehefrau abgehoben –, ließ sich von einem Verkehrsteilnehmer provozieren. „Ich bin durchgedreht“, sagt dazu Foley, „weil mir ein Typ mit Sonnenbrille und null Ahnung davon, dass ich gerade eine Bank ausgeraubt habe, das Gefühl gab, ein Schlappschwanz zu sein. Und wenn man sich DAS mal reinzieht, ist das schon krass.“
Foley also riss sein Lenkrad rum, drückte den „Typen“ von der Straße und zerstörte dabei auch sein Fluchtauto. 30 Jahre soll er nun sein Mittagessen mit den „White-Power-Freaks“ teilen – und mit Cundo, einem Exilkubaner, Mörder, Schwulenbar-Stripper und Callboy für jene Damen, die sich einen Cundo leisten können. Eigentlich aber hat Cundo sein Geld mit dem Dealen von Drogen gemacht, er ist ein Selfmademan des Kokses. Auch er sitzt im Knast, weil er unbeherrscht war: Er musste mal wieder jemanden erschießen, wurde dabei aber selber dreimal getroffen. Tja, auch Cundo hat ein bisschen Pech gehabt im Leben, und es wird ihn im Verlauf der Handlung dann auch noch ein bisschen härter treffen, obwohl er, wie er sich ausdrückt, „das goldene Licht schon gesehen hat, dieses Licht, das man sieht, wenn man in den Himmel kommt“. In den Himmel? Dieser Cundo? Damit muss er einen zum Paralleluniversum der Kriminellen gehörenden Himmel meinen, nicht unseren.
Road Dogs versammelt ein Kartell der Loser. Bei niemandem läuft es mehr so richtig. Die Verbrecherkarrieren, und alle hier sind Verbrecher, haben deutliche Dellen. In Fahrt kommt die Chose dann doch wieder, als Cundo Foley mit einer guten Anwältin ausstattet, die das Verfahren gegen ihn neu aufrollen kann – und die Strafe dann drastisch heruntergedimmt wird. Foley wird vor Cundo aus der Haft entlassen, ausgestattet mit etwas Geld aus Cundos Drogengeld-Schatulle und mit einem skurrilen Auftrag nach Venice Beach geschickt. Foley soll im Haus des Kubaners schauen, ob Cundos Gattin Dawn auch schön brav ist. Die war und ist alles andere. Ihr erster Akt der Gastfreundschaft besteht darin, Foley zu vernaschen und mit ihm zu überlegen, wie man den guten Cundo so loswird, dass nur er verschwindet, seine Drogen-Millionen aber bei den beiden bleiben. Das geht natürlich furchtbar in die Hose. Alles geht in die Hose. Auch deshalb, weil sich alle ständig misstrauen, misstrauen müssen, und ständig Spontan-Allianzen mit den gerade noch verabscheuungswürdigen Gegnern eingehen. Alle wollen alles, niemand kriegt nichts.
Es wird recht wenig gelacht in diesem Krimi. Auch wenig geschossen. Dennoch schafft es Elmore Leonard, der schon den Stoff für die Verfilmung von „Jackie Brown“ und „Get Shorty“ geliefert hat, in „Road Dogs“, durchgängig ein Klima absoluter Unberechenbarkeit aufzubauen, in dem jederzeit alles möglich ist. „Kann passieren im Leben“, sagt Foley gegen Ende. „Manchmal erwischt es einen.“
BERND GRAFF
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH