Gab es einen liberalen Widerstand gegen den Nationalsozialismus? Und welchen Anteil hatte er an dem Attentat gegen Hitler am 20. Juli 1944? Bislang von der Geschichtswissenschaft weitgehend vernachlässigt oder als Randerscheinung eingeschätzt, zeichnet der vorliegende Beitrag das Netzwerk des liberalen Widerstandes um den Firmengründer Robert Bosch nach. Verwurzelt im sozialliberalen Denken rettete Bosch als Verteidiger der Weimarer Republik demokratische Traditionen in die Zeit des "Dritten Reiches" hinüber. Angesichts der allgemeinen Rechtlosigkeit, der nationalsozialistischen Kriegspolitik sowie der Repressionen gegenüber den deutschen Juden fand der "Boschkreis" in enger Zusammenarbeit mit Carl Goerdeler den Weg zur aktiven Opposition. Diese umfaßte Hilfe für Juden, Auslandskontakte sowie Entwürfe von Nachkriegsordnungen und mündete schließlich nach dem Tod von Bosch in die Teilnahme an der Verschwörung des 20. Juli 1944. Das Attentat scheiterte, doch der Widerstand des Kreises um Robert Bosch bleibt, so die These des Autors, ein eindrucksvolles Beispiel für liberale Widerständigkeit gegenüber der totalitären Herausforderung. In der scheinbar unzeitgemäßen Haltung eines liberalen und sozialen Unternehmers schimmerte darüber hinaus ein Zukunftspotential auf, aus dem die deutsche Nachkriegspolitik erfolgreich schöpfen konnte. Dem hier veröffentlichten Text liegt ein Referat zugrunde, das Joachim Scholtyseck am 20. Juli 1999 in der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus gehalten hat.