Robert Hirsch, 1857 in Tübingen geboren und dort aufgewachsen, war nach seinem Jurastudium zunächst als Amtsrichter in Aalen, Backnang, Münsingen und Schorndorf tätig, bis er sich 1886 als Rechtsanwalt in Ulm niederließ. In der dortigen Stadtgesellschaft engagierte er sich sozial und politisch, war jahrzehntelang Vorsteher der großen jüdischen Gemeinde. Seinen Lebensabend verbrachte er in Stuttgart bei der Familie seiner Tochter, wo er zwischen 1934 und 1937 seine Erinnerungen niederschrieb, die hier erstmals veröffentlicht werden. Ausführlich wissenschaftlich kommentiert, sind Robert Hirschs anschaulich und interessant geschriebene Lebenserinnerungen weit mehr als eine Autobiographie oder eine Familiengeschichte. Sie sind für die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts, des deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik eine außerordentlich anschauliche historische Quelle zur württembergischen Landesgeschichte, zur Sozial- und Rechtsgeschichte. Sie vermitteln Wissen zur jüdischen Emanzipation und rechtlichen Gleichstellung, zur Akkulturation einer Minderheit, zum Verhältnis zwischen Christen und Juden und der Diskriminierung in der Mehrheitsgesellschaft. Sie ermöglichen zudem einen außergewöhnlichen Einblick in lokale Lebenswelten insbesondere zu den Städten Aalen, Backnang, Münsingen, Schorndorf, Stuttgart und vor allem zu Tübingen, Ulm sowie zur jüdischen Gemeinde in Wankheim.