Produktdetails
- Verlag: Ediciones Ekaré
- Seitenzahl: 48
- Erscheinungstermin: Juli 2018
- Spanisch
- Abmessung: 304mm x 253mm x 12mm
- Gewicht: 545g
- ISBN-13: 9788494885907
- ISBN-10: 8494885901
- Artikelnr.: 54422395
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
- Herstellerkennzeichnung
- AGAPEA FACTORY
- c/ Bodegueros, 43nave5
- 29006 Malaga / SPANIEN, ES
- 0034 902195236
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2019In unruhigen Träumen entschlummert
Der amerikanische Bilderbuchillustrator Peter Sís erinnert sich in "Robinson" an eine Kindheitserfahrung.
Von Andreas Platthaus
Dieses Bilderbuch beginnt wie ein Comic: Auf zwei Seiten wird jeweils in Bildersequenzen eine kleine Kinderschar beim Piratenspiel begleitet. Die Farben sind hell, als hätte die Sommersonne sie ausgebleicht, und Peter Sís zeichnet die meisten Spiel-Plätze, als wären es horti conclusi, abgeschottete Idyllen, zu denen außer den Kindern niemand Zutritt hat. Die Perspektiven wechseln: Wir schauen aus Ober- und Untersicht zu, aus der Ferne und von nahe, und alles ist leicht und eben spielerisch. Man glaubt gerne, dass der bald siebzigjährige Sís hier die eigene Kindheit im tschechischen Brünn vor Augen hatte.
Das Buch heißt aber nicht "Peter", sondern "Robinson", und Sís erklärt in einem Nachwort, dass ihn eine damalige Erfahrung zu der Geschichte angeregt habe: Für ein Kostümfest hatte ihm seine Mutter ein Robinson-Kostüm genäht, ganz so, wie man es aus den international immer wieder nachgedruckten Illustrationen von Walter Paget zu Daniel Defoes Roman "Robinson Crusoe" kennt. Der kleine Peter gewann damit den ersten Preis, fühlte sich aber nicht wohl im Kostüm und wurde von den Freunden, die das "Robinson"-Buch nicht kannten, gehänselt. Genau so geschieht es auch im ersten Drittel des Bilderbuchs.
Aber da ist schon längst eine Verwandlung im Gange. Die beiden kleinteiligen Comicseiten des Beginns sind ganzseitigen Illustrationen gewichen, die meist umrahmt werden von Bordürenzeichnungen, in denen Sís zum Beispiel die Anprobe des Kostüms bebildert oder die Häuserreihen am Rand der Straße zeigt, auf der Mutter und Sohn zum Fest spazieren. Als der kleine Robinson dort dann verlacht wird, inszeniert Sís diese mit düsteren Farben gemalte Demütigung in zwei Lichtkegeln: Erst ist der Junge dem Spott seiner Freunde ausgesetzt, dann zieht er die Mutter aus dem Festsaal zurück auf die Straße. Ständig wechselnde Perspektiven machen die Verwirrung des Jungen deutlich. Schließlich sehen wir von oben herab in sein Kinderzimmer, wo er in unruhigen Träumen entschlummert, auf dem Nachttisch eine "Robinson"-Ausgabe. Das ist die erste doppelseitige Zeichnung.
Aus dem aufgeschlagenen Buch wird ein Segel, das ein Boot mit dem Jungen zu einer einsamen Insel treibt. Fortan gibt es nur noch Doppelseiten, und die Farben klaren auf. Sís präsentiert eine Welt der Abenteuer und des floralen Überschwangs: Die Insel ist ein Paradiesgarten, Fortsetzung jener kindlichen Imaginationsräume in der Stadt vom Anfang. Die Zeichenstile (Chagall lässt grüßen, aber auch die Buchilluminationen des Hochmittelalters oder Maurice Sendak gaben ersichtlich Inspirationen ab) sind so abwechslungsreich wie das Dasein des nun tatsächlich zum Robinson gewordenen Kindes, das im harmonischen Einklang mit der Natur lebt.
Doch eines Tages - wer wüsste das nicht mehr aus eigener Kindheitslektüre? - entdeckt es Fremde auf der einsamen Insel. Nur handelt es sich in Peter Sís' Bilderbuch dabei nicht um Kannibalen oder Meuterer, sondern um Piraten, und natürlich sind es die Freunde des Jungen, die ihn daheim besuchen kommen, um sich wieder mit ihm auszusöhnen. Aus dem fiebrigen Traum erwacht, findet sich unser Robinson bereit zu ganz neuen Abenteuern - nun gemeinsam mit den anderen.
Natürlich steckt das Grundmotiv von Defoes "Robinson"-Erzählung, die Einsamkeit des Helden, auch in diesem Bilderbuch. Rettung kommt durch die Freundlichkeit erst der Tiere auf der isolierten Insel und dann der anderen Kinder. Auch dieses versöhnliche Ende hat Peter Sís als kleiner Junge so erlebt, und in sein neues Werk hat der weltweit renommierte Bilderbuchzeichner all die Liebe zur Literatur, Kindheit und auch Illustrationstradition gesteckt, die sein Schaffen seit je geprägt hat. Dieses Buch ist selbst ein solcher Schutzraum wie die darin dargestellten Spielplätze der kindlichen Phantasie. Und gleichzeitig eine Augenlust, die seinen Betrachtern Gelegenheit zu tausend Entdeckungen bietet.
Peter Sís: "Robinson".
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2019. 48 S., geb., 16,95 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der amerikanische Bilderbuchillustrator Peter Sís erinnert sich in "Robinson" an eine Kindheitserfahrung.
Von Andreas Platthaus
Dieses Bilderbuch beginnt wie ein Comic: Auf zwei Seiten wird jeweils in Bildersequenzen eine kleine Kinderschar beim Piratenspiel begleitet. Die Farben sind hell, als hätte die Sommersonne sie ausgebleicht, und Peter Sís zeichnet die meisten Spiel-Plätze, als wären es horti conclusi, abgeschottete Idyllen, zu denen außer den Kindern niemand Zutritt hat. Die Perspektiven wechseln: Wir schauen aus Ober- und Untersicht zu, aus der Ferne und von nahe, und alles ist leicht und eben spielerisch. Man glaubt gerne, dass der bald siebzigjährige Sís hier die eigene Kindheit im tschechischen Brünn vor Augen hatte.
Das Buch heißt aber nicht "Peter", sondern "Robinson", und Sís erklärt in einem Nachwort, dass ihn eine damalige Erfahrung zu der Geschichte angeregt habe: Für ein Kostümfest hatte ihm seine Mutter ein Robinson-Kostüm genäht, ganz so, wie man es aus den international immer wieder nachgedruckten Illustrationen von Walter Paget zu Daniel Defoes Roman "Robinson Crusoe" kennt. Der kleine Peter gewann damit den ersten Preis, fühlte sich aber nicht wohl im Kostüm und wurde von den Freunden, die das "Robinson"-Buch nicht kannten, gehänselt. Genau so geschieht es auch im ersten Drittel des Bilderbuchs.
Aber da ist schon längst eine Verwandlung im Gange. Die beiden kleinteiligen Comicseiten des Beginns sind ganzseitigen Illustrationen gewichen, die meist umrahmt werden von Bordürenzeichnungen, in denen Sís zum Beispiel die Anprobe des Kostüms bebildert oder die Häuserreihen am Rand der Straße zeigt, auf der Mutter und Sohn zum Fest spazieren. Als der kleine Robinson dort dann verlacht wird, inszeniert Sís diese mit düsteren Farben gemalte Demütigung in zwei Lichtkegeln: Erst ist der Junge dem Spott seiner Freunde ausgesetzt, dann zieht er die Mutter aus dem Festsaal zurück auf die Straße. Ständig wechselnde Perspektiven machen die Verwirrung des Jungen deutlich. Schließlich sehen wir von oben herab in sein Kinderzimmer, wo er in unruhigen Träumen entschlummert, auf dem Nachttisch eine "Robinson"-Ausgabe. Das ist die erste doppelseitige Zeichnung.
Aus dem aufgeschlagenen Buch wird ein Segel, das ein Boot mit dem Jungen zu einer einsamen Insel treibt. Fortan gibt es nur noch Doppelseiten, und die Farben klaren auf. Sís präsentiert eine Welt der Abenteuer und des floralen Überschwangs: Die Insel ist ein Paradiesgarten, Fortsetzung jener kindlichen Imaginationsräume in der Stadt vom Anfang. Die Zeichenstile (Chagall lässt grüßen, aber auch die Buchilluminationen des Hochmittelalters oder Maurice Sendak gaben ersichtlich Inspirationen ab) sind so abwechslungsreich wie das Dasein des nun tatsächlich zum Robinson gewordenen Kindes, das im harmonischen Einklang mit der Natur lebt.
Doch eines Tages - wer wüsste das nicht mehr aus eigener Kindheitslektüre? - entdeckt es Fremde auf der einsamen Insel. Nur handelt es sich in Peter Sís' Bilderbuch dabei nicht um Kannibalen oder Meuterer, sondern um Piraten, und natürlich sind es die Freunde des Jungen, die ihn daheim besuchen kommen, um sich wieder mit ihm auszusöhnen. Aus dem fiebrigen Traum erwacht, findet sich unser Robinson bereit zu ganz neuen Abenteuern - nun gemeinsam mit den anderen.
Natürlich steckt das Grundmotiv von Defoes "Robinson"-Erzählung, die Einsamkeit des Helden, auch in diesem Bilderbuch. Rettung kommt durch die Freundlichkeit erst der Tiere auf der isolierten Insel und dann der anderen Kinder. Auch dieses versöhnliche Ende hat Peter Sís als kleiner Junge so erlebt, und in sein neues Werk hat der weltweit renommierte Bilderbuchzeichner all die Liebe zur Literatur, Kindheit und auch Illustrationstradition gesteckt, die sein Schaffen seit je geprägt hat. Dieses Buch ist selbst ein solcher Schutzraum wie die darin dargestellten Spielplätze der kindlichen Phantasie. Und gleichzeitig eine Augenlust, die seinen Betrachtern Gelegenheit zu tausend Entdeckungen bietet.
Peter Sís: "Robinson".
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2019. 48 S., geb., 16,95 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main