Eine Hommage an die Fantasie
Ein sympathischer Sonderling auf einer abenteuerlichen Flucht durch Zeit und Raum. Sein Erbe, das aus fragwürdigen Geldgeschäften seines Vaters stammt, weckt Begehrlichkeiten. Er regelt seine Angelegenheiten auf seine Art: Unter dem Pseudonym Robinsonsuchtfreitag ist er im weltweiten Netz unterwegs - und auf der ganzen Welt. Seine Botschaften kommen aus »Bodos Internet-Café« im mecklenburgischen Grevesmühlen, seine Fantasiereisen führen ihn jedoch nach Boulder City, Hongkong und auf die Totenkopfinsel.
Ein sympathischer Sonderling auf einer abenteuerlichen Flucht durch Zeit und Raum. Sein Erbe, das aus fragwürdigen Geldgeschäften seines Vaters stammt, weckt Begehrlichkeiten. Er regelt seine Angelegenheiten auf seine Art: Unter dem Pseudonym Robinsonsuchtfreitag ist er im weltweiten Netz unterwegs - und auf der ganzen Welt. Seine Botschaften kommen aus »Bodos Internet-Café« im mecklenburgischen Grevesmühlen, seine Fantasiereisen führen ihn jedoch nach Boulder City, Hongkong und auf die Totenkopfinsel.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2015NEUE TASCHENBÜCHER
Auf der Hut
mit Ernst Augustin
Der Tod kommt auf leisen Sohlen – nicht bei Ernst Augustin. Natürlich nicht. Dort „kommt er in Gestalt eines freundlichen kleinen Herrn“, der dem Ich-Erzähler Robinson gegenüber hockt. Im Zug nach Grevesmühlen. Freund Hein treibt den postmodernen Nachfahren von Daniel Defoes einsamem Inselhelden genüsslich vor sich her; und die Handlung in einem der geistreichsten, zugleich leichtfüßigsten Romane der letzten Jahre voran: von Grevesmühlen bis in die Südsee. „Das Leben ist ein Säbelzahntiger“ heißt es einmal, und vor dem finalen Fangbiss gilt es zeitlebens auf der Hut zu sein. Robinson, der hier mit allen vorstellbaren wie unvorstellbaren Mitteln seinen Freitag sucht, ist wie sein inzwischen 87-jähriger Autor ein Trickster, also ein von Fantasie befeuerter Meister der Verwandlung und des Antäuschens. Schon als Kind wollen ihm Halbstarke in Stauerhosen an den Kragen, woraufhin er im wahrsten Sinne des Wortes abtaucht. „Robinsons blaues Haus“ ist auch ein Buch darüber, wie man es sich in der Welt einrichtet: „Der Sinn des Lebens . . . besteht aus nichts anderem als dem fortgesetzten Bemühen, sich wohnlich einzurichten. Einigermaßen.“ FLORIAN WELLE
Ernst Augustin: Robinsons blaues Haus. Roman. dtv, München 2015. 320 Seiten, 9,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Auf der Hut
mit Ernst Augustin
Der Tod kommt auf leisen Sohlen – nicht bei Ernst Augustin. Natürlich nicht. Dort „kommt er in Gestalt eines freundlichen kleinen Herrn“, der dem Ich-Erzähler Robinson gegenüber hockt. Im Zug nach Grevesmühlen. Freund Hein treibt den postmodernen Nachfahren von Daniel Defoes einsamem Inselhelden genüsslich vor sich her; und die Handlung in einem der geistreichsten, zugleich leichtfüßigsten Romane der letzten Jahre voran: von Grevesmühlen bis in die Südsee. „Das Leben ist ein Säbelzahntiger“ heißt es einmal, und vor dem finalen Fangbiss gilt es zeitlebens auf der Hut zu sein. Robinson, der hier mit allen vorstellbaren wie unvorstellbaren Mitteln seinen Freitag sucht, ist wie sein inzwischen 87-jähriger Autor ein Trickster, also ein von Fantasie befeuerter Meister der Verwandlung und des Antäuschens. Schon als Kind wollen ihm Halbstarke in Stauerhosen an den Kragen, woraufhin er im wahrsten Sinne des Wortes abtaucht. „Robinsons blaues Haus“ ist auch ein Buch darüber, wie man es sich in der Welt einrichtet: „Der Sinn des Lebens . . . besteht aus nichts anderem als dem fortgesetzten Bemühen, sich wohnlich einzurichten. Einigermaßen.“ FLORIAN WELLE
Ernst Augustin: Robinsons blaues Haus. Roman. dtv, München 2015. 320 Seiten, 9,90 Euro.
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Auf einzigartige Weise erzählt Ernst Augustin vom letzten Robinson in einer Welt nicht mehr vorhandener Freiräume. Bernd Kielmann Buch-Magazin, Juni 2015
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Hochpoetisch erscheint dem Rezensenten Mathias Schnitzler dieser Roman des früheren Psychiaters Ernst Augustin. Wie schon in den früheren Büchern des Autors, stößt Schnitzler auf eine Welt am Rand der Wirklichkeit, auf eine Figur, die so sympathisch wie sonderlich ist und ein modernes Robinsonleben führt, in der deutschen Provinz, die der Autor laut Rezensent schildert, als handele es sich um die große weite Welt, und in der weiten Welt selbst, schließlich auf eine versponnene Geschichte, picaresk, voll Witz und Geist und Farbe, wie Schnitzler begeistert versichert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2012Von Haus zu Haus
Ernst Augustin errichtet künstliche Paradiese
In der Romantik verschwisterte sich die Literatur enger denn je mit der bildenden Kunst auf der einen und der Musik auf der anderen Seite. Die vorromantische Befreiung der Einbildungskraft von den Zwängen des aufklärerischen Nachahmungsgebots wie der puritanischen Moral aber vollzog sich wesentlich in phantastischen Architekturvisionen. Horace Walpoles "The Castle of Otranto" begründete nicht nur das Genre der "Gothic Novel", sondern auch eine Ästhetik der schönen Unregelmäßigkeit, die in Strawberry Hill architektonische Praxis wurde. William Beckford verwandelte in seiner Geschichte des Kalifen "Vathek" sein eigenes Anwesen Fonthill Abbey in eine phantastische Raumkonstruktion, die in "bedeutungsvollem Durcheinander" von Türmen über Korridore, Treppen, Arkaden und in edelsten Materialien ausgestattete Säle bis hinab in die Kerker, den Weg des Kalifen von der Überhebung ins ewige Feuer vorzeichnet. So wird der Palast zur überdimensionalen Metapher der luziferischen Freiheit und Einbildungskraft des Menschen. Am europäischen Klassizismus vorbei führt von Beckford der Weg über Coleridge, Baudelaire und Swinburne in die Gegenwelten künstlicher Paradiese.
Auch im neuen Roman von Ernst Augustin "Robinsons blaues Haus" entfaltet sich die Imagination des Ich-Erzählers in Raumphantasien, die mannigfach auf die Tradition hybrider Bauten seit dem Turmbau zu Babel anspielen. Das gleichnamige Ölgemälde seiner Frau Inge, das den Umschlag ziert, macht das von vornherein sinnfällig. Vom bewohnbaren Mantel über eine exquisit ausgestattete Besenkammer bis hin zum gewaltigen Palastentwurf opponiert der Erzähler der armseligen Sachlichkeit der modernen Architektur. "Ich will es groß, und ich will es vom Besten, ich will schöne Farben, ein schönes Pflaumenblau, ein schönes Gold, auf keinen Fall eine nebulöse Angelegenheit. Ich will Marmorbäder, ich will Wandelgänge mit Gemälden, ich will eine Empfangshalle, die nach etwas aussieht." Pylonen müssen sein, geziert mit Fabelwesen als Wasserspeier, ein Palmenhaus mit Glasdecke, ein mit Seide ausgekleidetes Schlafzimmer, durch welches sich ein Wasserlauf zieht, eine Akropolis, die sich im Pool spiegelt, und in der Ferne soll ein Rudel Wölfe heulen. Derart wird Kubla Khans sagenhafter Palast in Xanadu, den Coleridge in seiner angeblichen Traumvision beschrieb, vierdimensional übertrumpft.
"Sicherheit, Schutz und Schönheit", die Imagerie der Behausung wird bei Augustin in permanenter Variation als große, aber widersprüchliche Metapher des Lebens, der Kultur, der Sprache und der Imagination ausgeschmückt. Zugleich ist sie aber auch der Ort des Rückzugs vor den Zumutungen der Moderne, ein Freiraum. So treten in dieser abertausendsten Robinsonade Häuser an die Stelle der einsamen Südseeinsel, die allerdings schließlich auch vorkommt. Auf ihr will der Erzähler angeblich sein letztes Haus bauen, um die Dialektik von Außen- und Innenwelt hervorzutreiben, ein "poetisches Haus, mit viel Platz für Banalitäten als auch für das Erhabene". Dieses Haus soll nicht für die Entwickung der Menschheit stehen, "nein, sich mit sich selbst einzurichten, dafür steht es".
Das ist die Robinson-Formel, die den Roman kennzeichnet. Der Ich-Erzähler ist zweifellos ein Nachkomme des englischen Exzentrikers, der es versteht, sich ohne Rücksicht auf die Meinungen anderer mit sich selbst einzurichten. Die Erzähltechnik geht daher weniger auf Defoes Robinson Crusoe - ein Puritaner ist der Erzähler wahrlich nicht - und das Muster "Leben und Abenteuer des . . ." zurück als vielmehr auf Laurence Sternes Ansichten von Tristram Shandy. Entsprechend kündigt der Erzähler zwar an, sein unglaubliches und abenteuerliches Leben erzählen zu wollen, aber davon schweift er bei beliebigem Anlass ab zu manchmal recht umständlichen Erwägungen, welche denn auch die Geduld des Lesers gelegentlich überstrapazieren. Der Stil ist selbst exaltiert, er besteht in einer artifiziellen Mündlichkeit. So redet einer, der weit herumgekommen ist und in einer Distanz zur Alltagssprache der Einheimischen steht. Manchmal klingt es, als hätte er sein Deutsch aus Büchern gelernt.
Das andere Bildfeld des Romans ist das Geld, auch dieser Robinson ist offenbar ein tüchtiger Geschäftsmann, Banker dazu, der sich mit den Gespenstern des Kapitals auskennt. So erscheint die virtuelle Realität des Finanzwesens selbst als eine Gegenwelt des Phantastischen. Wie Joseph Vogl angemerkt hat, hatte ja die ökonomische Theorie schon seit Adam Smith eine Neigung zur Geisterkunde gehegt und sich mit unsichtbaren Händen und anderem Spuk das Wirtschaftsgeschehen erklärt. Das sei wohl der Unheimlichkeit ökonomischer Prozesse geschuldet, in denen zirkulierende Zeichen einen gespenstischen Eigensinn entwickeln. Auch in der Literatur aber hat man es mit zirkulierenden Zeichen zu tun, und so ähnelt Augustins eigensinniger Erzähler dem online-broker, der sich nirgends oder überall zugleich aufhalten kann, in Grevesmühlen, New York, London oder in der Südsee. Freitag aber wird über das Internet gesucht, dabei ist er - oder sie? - ja schon da. Und wie das Kapital mit einem Tastendruck zu nichts werden kann, so ein Leben, und so kann auch der Erzähler seine imaginären Bauten in Luft auflösen.
"Nur die Liebe, blank und bloß und ohne Passwort, die Liebe kann ich mitnehmen." Der Aufwand der Zivilisation lohnt sich nicht, wenn sich kein Individuum seines Glücks erfreut, selbst der Olymp ist, wie schon Kleists Alkmene wusste, öde ohne Liebe. Von je schwebt ein Hauch von Kitsch über dieser Einsicht, im Kontext des Romans aber hat es etwas schelmisch Vergnügtes an sich, wie alle Sachzwänge mit einem Bleistiftstrich getilgt werden. Ein einzigartiges Vergnügen ist auch die Lektüre von "Robinsons blaues Haus", denn Ernst Augustin ist trotz der Überfülle der Anspielungen auf die Tradition als Erzähler ein veritabler Solitär.
FRIEDMAR APEL.
Ernst Augustin: "Robinsons blaues Haus". Roman.
C.H. Beck Verlag, München 2012, 319 S., geb. 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ernst Augustin errichtet künstliche Paradiese
In der Romantik verschwisterte sich die Literatur enger denn je mit der bildenden Kunst auf der einen und der Musik auf der anderen Seite. Die vorromantische Befreiung der Einbildungskraft von den Zwängen des aufklärerischen Nachahmungsgebots wie der puritanischen Moral aber vollzog sich wesentlich in phantastischen Architekturvisionen. Horace Walpoles "The Castle of Otranto" begründete nicht nur das Genre der "Gothic Novel", sondern auch eine Ästhetik der schönen Unregelmäßigkeit, die in Strawberry Hill architektonische Praxis wurde. William Beckford verwandelte in seiner Geschichte des Kalifen "Vathek" sein eigenes Anwesen Fonthill Abbey in eine phantastische Raumkonstruktion, die in "bedeutungsvollem Durcheinander" von Türmen über Korridore, Treppen, Arkaden und in edelsten Materialien ausgestattete Säle bis hinab in die Kerker, den Weg des Kalifen von der Überhebung ins ewige Feuer vorzeichnet. So wird der Palast zur überdimensionalen Metapher der luziferischen Freiheit und Einbildungskraft des Menschen. Am europäischen Klassizismus vorbei führt von Beckford der Weg über Coleridge, Baudelaire und Swinburne in die Gegenwelten künstlicher Paradiese.
Auch im neuen Roman von Ernst Augustin "Robinsons blaues Haus" entfaltet sich die Imagination des Ich-Erzählers in Raumphantasien, die mannigfach auf die Tradition hybrider Bauten seit dem Turmbau zu Babel anspielen. Das gleichnamige Ölgemälde seiner Frau Inge, das den Umschlag ziert, macht das von vornherein sinnfällig. Vom bewohnbaren Mantel über eine exquisit ausgestattete Besenkammer bis hin zum gewaltigen Palastentwurf opponiert der Erzähler der armseligen Sachlichkeit der modernen Architektur. "Ich will es groß, und ich will es vom Besten, ich will schöne Farben, ein schönes Pflaumenblau, ein schönes Gold, auf keinen Fall eine nebulöse Angelegenheit. Ich will Marmorbäder, ich will Wandelgänge mit Gemälden, ich will eine Empfangshalle, die nach etwas aussieht." Pylonen müssen sein, geziert mit Fabelwesen als Wasserspeier, ein Palmenhaus mit Glasdecke, ein mit Seide ausgekleidetes Schlafzimmer, durch welches sich ein Wasserlauf zieht, eine Akropolis, die sich im Pool spiegelt, und in der Ferne soll ein Rudel Wölfe heulen. Derart wird Kubla Khans sagenhafter Palast in Xanadu, den Coleridge in seiner angeblichen Traumvision beschrieb, vierdimensional übertrumpft.
"Sicherheit, Schutz und Schönheit", die Imagerie der Behausung wird bei Augustin in permanenter Variation als große, aber widersprüchliche Metapher des Lebens, der Kultur, der Sprache und der Imagination ausgeschmückt. Zugleich ist sie aber auch der Ort des Rückzugs vor den Zumutungen der Moderne, ein Freiraum. So treten in dieser abertausendsten Robinsonade Häuser an die Stelle der einsamen Südseeinsel, die allerdings schließlich auch vorkommt. Auf ihr will der Erzähler angeblich sein letztes Haus bauen, um die Dialektik von Außen- und Innenwelt hervorzutreiben, ein "poetisches Haus, mit viel Platz für Banalitäten als auch für das Erhabene". Dieses Haus soll nicht für die Entwickung der Menschheit stehen, "nein, sich mit sich selbst einzurichten, dafür steht es".
Das ist die Robinson-Formel, die den Roman kennzeichnet. Der Ich-Erzähler ist zweifellos ein Nachkomme des englischen Exzentrikers, der es versteht, sich ohne Rücksicht auf die Meinungen anderer mit sich selbst einzurichten. Die Erzähltechnik geht daher weniger auf Defoes Robinson Crusoe - ein Puritaner ist der Erzähler wahrlich nicht - und das Muster "Leben und Abenteuer des . . ." zurück als vielmehr auf Laurence Sternes Ansichten von Tristram Shandy. Entsprechend kündigt der Erzähler zwar an, sein unglaubliches und abenteuerliches Leben erzählen zu wollen, aber davon schweift er bei beliebigem Anlass ab zu manchmal recht umständlichen Erwägungen, welche denn auch die Geduld des Lesers gelegentlich überstrapazieren. Der Stil ist selbst exaltiert, er besteht in einer artifiziellen Mündlichkeit. So redet einer, der weit herumgekommen ist und in einer Distanz zur Alltagssprache der Einheimischen steht. Manchmal klingt es, als hätte er sein Deutsch aus Büchern gelernt.
Das andere Bildfeld des Romans ist das Geld, auch dieser Robinson ist offenbar ein tüchtiger Geschäftsmann, Banker dazu, der sich mit den Gespenstern des Kapitals auskennt. So erscheint die virtuelle Realität des Finanzwesens selbst als eine Gegenwelt des Phantastischen. Wie Joseph Vogl angemerkt hat, hatte ja die ökonomische Theorie schon seit Adam Smith eine Neigung zur Geisterkunde gehegt und sich mit unsichtbaren Händen und anderem Spuk das Wirtschaftsgeschehen erklärt. Das sei wohl der Unheimlichkeit ökonomischer Prozesse geschuldet, in denen zirkulierende Zeichen einen gespenstischen Eigensinn entwickeln. Auch in der Literatur aber hat man es mit zirkulierenden Zeichen zu tun, und so ähnelt Augustins eigensinniger Erzähler dem online-broker, der sich nirgends oder überall zugleich aufhalten kann, in Grevesmühlen, New York, London oder in der Südsee. Freitag aber wird über das Internet gesucht, dabei ist er - oder sie? - ja schon da. Und wie das Kapital mit einem Tastendruck zu nichts werden kann, so ein Leben, und so kann auch der Erzähler seine imaginären Bauten in Luft auflösen.
"Nur die Liebe, blank und bloß und ohne Passwort, die Liebe kann ich mitnehmen." Der Aufwand der Zivilisation lohnt sich nicht, wenn sich kein Individuum seines Glücks erfreut, selbst der Olymp ist, wie schon Kleists Alkmene wusste, öde ohne Liebe. Von je schwebt ein Hauch von Kitsch über dieser Einsicht, im Kontext des Romans aber hat es etwas schelmisch Vergnügtes an sich, wie alle Sachzwänge mit einem Bleistiftstrich getilgt werden. Ein einzigartiges Vergnügen ist auch die Lektüre von "Robinsons blaues Haus", denn Ernst Augustin ist trotz der Überfülle der Anspielungen auf die Tradition als Erzähler ein veritabler Solitär.
FRIEDMAR APEL.
Ernst Augustin: "Robinsons blaues Haus". Roman.
C.H. Beck Verlag, München 2012, 319 S., geb. 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main